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Denn niemand hört dein Rufen

Denn niemand hört dein Rufen

Titel: Denn niemand hört dein Rufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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ich würde gern vorbeikommen und über den Fall Lopez reden. Ihre Leute sind auf dem Holzweg. Er hat sie nicht gestoßen, sie ist gestolpert. Es war ein Unfall.«
    »Die Babysitterin sagt etwas anderes«, entgegnete Emily. »Aber lassen Sie uns darüber reden. Drei Uhr wäre mir recht.«
    Als sie aufgelegt hatte, fiel Emilys Blick auf die Akte und das Bild des weinenden Angeklagten bei der Anklageerhebung. Ein störendes Gefühl der Unsicherheit begann an ihr zu nagen. Sie gestand sich ein, dass sie ihre Zweifel bei diesem Fall hatte. Vielleicht war seine Frau wirklich gestürzt. Vielleicht war es wirklich ein Unfall.
    Früher hat mir das alles nicht so viel ausgemacht, seufzte sie.
    Allmählich fange ich an zu glauben, dass ich doch besser Verteidigerin geworden wäre.

4
    D urch die schrägen Schlitze der altmodischen Jalousien an seinem Küchenfenster hatte Zachary Lanning an diesem Morgen wieder beobachtet, wie Emily ihr schnelles Frühstück in ihrer Küche eingenommen hatte. Vor ihrem Einzug hatte ein Handwerker einmal die Tür unverschlossen gelassen, und da hatte er heimlich am Regal über dem Kühlschrank ein Mikrofon angebracht. Dieses hatte nun die zwanglos dahingesprochenen Worte aufgenommen, die sie an ihr Hündchen gerichtet hatte, das die ganze Zeit auf ihrem Schoß saß.
    Es war, als ob sie zu mir gesprochen hätte, dachte Zach zufrieden, während er in dem Lagerhaus an der Route 46, in dem er arbeitete, Kartons aufeinanderstapelte. Mit dem Auto waren es nur zwanzig Minuten von dem gemieteten Haus, in dem er unter einem neuen Namen wohnte, seit er aus Iowa abgehauen war. Seine Arbeit begann um halb neun und endete um halb sechs, eine Schicht, die seinen Bedürfnissen perfekt entgegenkam. Er konnte Emily früh am Morgen beobachten und dann zur Arbeit fahren. Wenn sie am Abend nach Hause kam und sich ihr Essen zubereitete, konnte er wieder mit ihr zusammen sein. Bisweilen hatte sie jedoch Gesellschaft, und das machte ihn jedes Mal wütend. Sie gehörte ihm und niemandem sonst.
    Eines wusste er sicher: Es gab keinen Mann in ihrem Leben. Er wusste, dass sie Witwe war. Wenn sie sich zufällig
draußen auf der Straße begegneten, war sie freundlich, aber distanziert. Er hatte ihr gesagt, dass er sich mit handwerklichen Dingen auskenne, falls mal etwas bei ihr repariert werden müsse, doch er hatte sofort an ihrer Reaktion erkannt, dass sie ihn nie deswegen anrufen würde. Wie all die anderen, die er in seinem Leben angesprochen hatte, hatte sie ihn nur mit einem kurzen Blick abgefertigt. Sie wollte einfach nicht begreifen, dass er über sie wachte, dass er sie beschützte . Sie wollte einfach nicht begreifen, dass sie füreinander geschaffen waren.
    Aber das würde sich bald ändern.
    Mit seiner schmächtigen Figur, seiner durchschnittlichen Größe, den dünnen dunkelblonden Haaren und kleinen braunen Augen war Zach, der auf die fünfzig zuging, die Art von unauffälligem Typ, an den sich die meisten Leute nach einer flüchtigen Begegnung nicht erinnern würden.
    Ganz bestimmt würden die meisten Leute niemals auf den Gedanken kommen, dass er im ganzen Land zur Fahndung ausgeschrieben war, nachdem er vor anderthalb Jahren in Iowa kaltblütig seine Frau, ihre Kinder und ihre Mutter ermordet hatte.

5
    G regg, ich habe es Ihnen schon gesagt, und ich werde es sicherlich in den nächsten Monaten noch ein paarmal wiederholen.« Rechtsanwalt Richard Moore blickte seinen neben ihm sitzenden Mandanten nicht an, während sein Fahrer den Wagen langsam durch das Knäuel von Medienleuten auf dem Parkplatz des Gerichtsgebäudes von Bergen County manövrierte, die ihnen immer noch Fragen zuriefen und Kameras auf sie richteten. »Dieser Fall stützt sich allein auf die Zeugenaussage eines Lügners, eines Berufskriminellen«, fuhr Moore fort. »Es ist geradezu lächerlich.« Erst am Tag zuvor hatte die Grand Jury die Anklage bestätigt. Die Staatsanwaltschaft hatte Moore verständigt, und man war übereingekommen, dass Aldrich heute vor Gericht erscheinen würde.
    Sie hatten soeben den Gerichtssaal von Richter Calvin Stevens verlassen, wo Gregg formell wegen Mordes angeklagt worden war. Der Richter hatte die Kaution auf eine Million Dollar festgesetzt, die sofort überwiesen worden war.
    »Warum hat sich dann die Grand Jury für die Anklageerhebung ausgesprochen?«, fragte Gregg Aldrich mit monotoner Stimme.
    »Es gibt einen Spruch unter Anwälten, wonach ein Staatsanwalt auch gegen ein Schinkensandwich Anklage erheben

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