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Denn Wahrheit musst du suchen

Denn Wahrheit musst du suchen

Titel: Denn Wahrheit musst du suchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Daugherty
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fort, ohne ihre Anspannung zu bemerken. »Aber ich denke, du brauchst ein bisschen Hilfe, damit du wieder Anschluss findest. Ich habe mit Rachel Patel gesprochen, und sie hat angeboten, dir für den Rest des Trimesters Nachhilfe zu geben. Du weißt ja, sie gehört zu den Stars in den Naturwissenschaften, deshalb halte ich das für keine schlechte Idee. Wenn ich mir die guten Noten anschaue, die du früher hattest, könnte ich mir vorstellen, dass du alles aufholst, sofern du dich anstrengst – kann ich mich darauf verlassen, dass du das tust?«
    Ein plötzlicher Anflug von Hoffnung überkam sie, warm wie das Licht der Sonne. Jerry Cole traute ihr immer noch etwas zu. Er war der Meinung, dass sie es schaffen könnte. Und das Beste war, dass sie mit Rachel zusammenarbeiten würde – und sich dabei vielleicht auch ein Weg finden würde, wie sich ihre beschädigte Freundschaft wieder reparieren ließe.
    »Auf jeden Fall«, sagte sie voller Begeisterung.
    »Gut.« Er stand auf, und damit war klar, dass das Gespräch beendet war. Als sie zur Tür lief, rief er sie noch einmal zurück, und sie drehte sich um: Der Lehrer sah sie etwas komisch an.
    »Alles wird gut, okay?«, sagte er.
    Vor lauter Überraschung konnte Allie gar nicht anders, als ehrlich zu reagieren: »Ich hoff’s.«
     
    Diese Unterhaltung war der einzige Lichtblick an einem ansonsten trüben Tag. Mit ihrer schweren Tasche voller Bücher schleppte sich Allie nach Unterrichtsschluss die Treppe hinauf in den Mädchenschlaftrakt.
    Als sie vor sich eine kleine, vertraute Gestalt durch die Masse der Schüler flitzen sah, musste sie schlucken.
    »Zoe sieht eine große Schwester in dir«, hatte Isabelle gesagt. »Sie hat dich vermisst.«
    »Hey, Zoe«, rief sie, »wart doch mal!«
    Das Mädchen blieb abrupt stehen und drehte sich um. Ihr Gesichtsausdruck verriet Zurückhaltung.
    Zoe war ein Wunderkind – sie war erst dreizehn, aber in der Schule schon weiter als Allie. Im letzten Trimester hatten die beiden sich angefreundet, aber nach Jos Tod hatte Zoe sich benommen, als ob nichts passiert wäre. Als würde ihr das alles nichts ausmachen. Allie hatte sie nicht ein Mal weinen sehen. Zoe machte einfach weiter, als hätte es Jo nie gegeben.
    Dr. Cartwright hatte Allie zu erklären versucht, was es mit dem Asperger-Syndrom auf sich hatte, doch damals hatte sie nichts davon wissen wollen. Es war einfach zu schwer zu ertragen gewesen.
    Jetzt aber kam ihr das, was sie getan hatte, gemein vor.
    Als Allie sie eingeholt hatte, spulte sie ihre Entschuldigung ab. »Ich wollte dir nur noch mal sagen, dass es mir leidtut, wie ich dich behandelt habe. Das war nicht fair. Ich war durcheinander, aber ich hätte das nicht … tun sollen.«
    Zoe verzog das Gesicht, und Allie wusste, dass sie nun darüber nachdachte, indem sie die Wörter durchging, als wären es Zahlen. Sie zusammenzählte. Und heraus kam eine Antwort.
    »Ich vergebe dir«, sagte sie schließlich. »Aber wenn du das noch mal tust, dann bin ich die längste Zeit deine Freundin gewesen.«
    Etwas in Allies Herzgegend löste sich. Sie durfte Zoe nicht verlieren. Sie brauchte sie. Mit einer Inbrunst, deren sie sich gar nicht bewusst gewesen war, sagte sie: »Ich werd’s nicht mehr tun, Zoe. Ich schwöre es. Und ich … ich hoffe, dass es mit uns wieder wird wie früher. Bitte. Lass uns einfach wieder … normal sein.«
    Eindeutig zufriedengestellt, nickte Zoe so heftig, dass ihr Pferdeschwanz wippte. »Gut. Das möcht ich auch.«
    Seite an Seite gingen sie den schmalen Flur entlang, von dem rechts und links kleine, weiße Türen mit schwarzen Nummern abgingen.
    Zoe legte den Kopf schief und fragte mit der ihr eigenen Direktheit: »Wieso bist du eigentlich abgehauen? Weil du so traurig warst?«
    Allie zögerte mit der Antwort. »Ja …«, sagte sie dann. »Ich war traurig.«
    Zoe schien damit zufrieden. »Und wo bist du hin?«
    Gar nicht so leicht zu beantworten …
    »Am Schluss in eine Kirche«, entgegnete Allie mit reumütigem Lächeln. »Obwohl – das hatte ich gar nicht geplant. Eigentlich …«
    »Was hattest du denn geplant?«
    »Eigentlich wollte ich nach London und da herausfinden, wer Jo so wehgetan hat.« Allie zuckte die Achseln – das klang alles so bescheuert jetzt. »Irgendwie.«
    »Du kommst doch aus London, oder?«, fragte Zoe und sah sie mit Argusaugen an.
    »Ja, wieso?«
    »Nathaniel hätte dich sofort gefunden. Er hätte sofort rausgekriegt, wo du bist. Der Plan war eine

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