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Depesche aus dem Jenseits

Depesche aus dem Jenseits

Titel: Depesche aus dem Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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streichen wir die Fahrtkostenvergütung!«
    »Das dürfen Sie nicht! Es steht im Gesetz!«
    Die arme Sekretärin steht am Rande eines Nervenzusammenbruchs, während die gute Madame Rognon den Kopf hin und her schüttelt. Diese jungen Dinger haben keine Ahnung! Dabei ist das doch gar nicht so schwer zu kapieren!
    Als das begriffsstutzige Fräulein vom Personalbüro den Oberleutnant bemerkt, beißt sie die Zähne zusammen und ringt sich ein gequältes Lächeln ab:
    »Ach, bonjour Leutnant! Das gibt es nicht, nein! Niemand kann von Haus aus so dumm sein. Sie macht sich bestimmt lustig über mich. Seit Tagen treibt sie schon dieses Spielchen mit mir, und ich rege mich immer noch auf! Aber jetzt mach’ ich nicht mehr mit... Nein, so dumm kann niemand sein.«
    Bujard steht da wie vom Donner gerührt und denkt scharf nach: »Niemand kann von Haus aus so dumm sein!« Es dauert einige Minuten, bis er begreift, daß er soeben die einzige Person hat gehen lassen, die unbehelligt, nach Lust und Laune in allen Schränken und Schubladen des Kriegsministeriums herumschnüffeln darf und dann, ohne von irgend jemandem aufgehalten zu werden, das Gebäude verlassen kann, bevor die Ersten zur Arbeit kommen. Diese Person hatte also — auch heute Nacht wieder — die Möglichkeit in aller Ruhe die Dokumente herauszusuchen, die sie — warum auch immer — für interessant hält.
    Und tatsächlich, in dem Besenschrank der Putzfrau im Pariser Kriegsministerium, und in Anwesenheit von Colonel Hatz und der schönen Sekretärin findet Oberleutnant Bujard den stichhaltigen Beweis, der seinen Verdacht bestätigt: Ein Bündel von Kopien, auf gelbes Durchschlagpapier gedruckt! Unvorstellbar! Gewiß, darunter befindet sich auch unbedeutendes Zeug, aber leider nicht nur! Da gibt es zum Beispiel, schön säuberlich getippt, vertrauliche Depeschen von Militärattaches, die überall in den französischen Kolonien über die brenzligen Beziehungen zwischen der Armee und den Eingeborenen berichten, oder einen geheimen Bericht über die geplante Instandsetzung der Maginot-Linie! Auch eine Liste der Offiziere, die an die Front nach Indochina versetzt werden sollen, oder das vollständige Verzeichnis der Transmissionsapparate, die in den territorialen Gewässern von Tonkin auf einem chinesischen Fischerboot beschlagnahmt wurden, und so weiter. Insgesamt etwa fünfzig Seiten!
    Nichts davon ist wirklich streng geheim, ja nicht einmal höchst vertraulich. Das Unglaubliche an der Sache ist vielmehr das Ausmaß, die Menge der Kopien, die im Besenschrank der Putzfrau gestapelt sind. Und wenn man bedenkt, daß dieses Spiel hier seit Wochen schon andauert, dann wird einem sofort klar, daß im Ministerium nichts mehr geheim ist — außer vielleicht die wenigen Dokumente, die hinter Schloß und Riegel aufbewahrt sind. Die französische Verteidigung sitzt im Glashaus!
     
    Am 28. Mai 1953 wird Madame Rognon vor Gericht zitiert — vor ein Militärgericht unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Nicht einmal die Presse ist zugelassen.
    Drei gestrenge Offiziere betrachten Madame Rognon, wie sie mit ihrer schwarzen selbstgestrickten Wolljacke und den schwarzen Schnürstiefelchen völlig ruhig vor ihnen Rede und Antwort steht. Sie ist überhaupt nicht beeindruckt. Erhobenen Hauptes mustert sie höhnisch das Hohe Gericht, mit einer umwerfenden Selbstsicherheit!
    Nachdem sie klar und deutlich Namen, Geburtsdatum, Geburtsort, Wohnsitz, Familienstand und Beruf wie eine Litanei heruntergebetet hat, ohne sich im Geringsten aus der Fassung bringen zu lassen, verliest der Gerichtspräsident die Anklageschrift:
    »Sie werden beschuldigt, die Ehre und das Ansehen der französischen Verteidigung angegriffen zu haben, indem Sie eine Unmenge von Dokumenten aus dem Ministerium schmuggelten. Insgesamt waren es zehn- bis fünfzehntausend Kopien! Würden Sie die Güte haben, uns näher zu erläutern, zu welchem Zweck Sie dieses Material mitgenommen haben?«
    »Ach, Herr Richter, ich kann mich gar nicht mehr so genau daran erinnern. Es war ganz verschieden. Ich hatte viele Gründe, ich konnte das Papier gut gebrauchen, zum Beispiel um die Marmeladengläser zu verschließen.«
    »Wollen Sie hier behaupten, daß Sie Ihre Marmeladengläser mit den Geheimdokumenten des Kriegsministeriums bedeckt haben? Aber außer dieser >Marmeladen-Aktion<, was haben Sie noch damit angestellt? Oder wollen Sie uns weis machen, daß Sie fünfzehntausend Gläser Marmelade gekocht haben!«
    »Aber nein, Herr

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