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Depesche aus dem Jenseits

Depesche aus dem Jenseits

Titel: Depesche aus dem Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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Jahren! Sein Sohn, der damals schon 48 Jahre alt war, soll nun den Auftrag übernehmen...
    Malúks Sohn verspricht seinem sterbenden Vater, weiter nach Hauptmann Marchall zu suchen und ihm — Inschallah! So Gott will! — den Brief persönlich zu übergeben.
    In diesen Zeiten, in diesem Wüstenland, bei diesen Menschen, die ihre eigenen Jahre nicht zählen, da fragt man nicht nach dem Sinn. Man stellt überhaupt keine Fragen. Nur der Glaube zählt — allein die Ergebenheit in den Willen Allahs und das Vertrauen darauf: Was er bestimmt hat, das wird geschehen.
    41 Jahre lang folgt der Sohn den Spuren des toten Vaters und kommt eines Tages — eben 1915 — wieder einmal an der kleinen Festung vorbei. Er hatte sie früher schon zwischen den Dünen entdeckt — verlassen von allen Menschen. Und immer dann, wenn er sich eine Weile ausruhen wollte, oder wenn Sandstürme drohten, hatte er dort Zuflucht gefunden.
    Heute abend ist er erschöpft, am Ende seiner Kräfte. Er ist 89 Jahre alt und er hat sein Lebensziel, das Ziel seines Vaters immer noch nicht erreicht. Er hat es nur bis zu seiner Festung geschafft!
    »WER DA?«
    Zu Tode erschrocken, so plötzlich fremde Menschen in Uniform, überhaupt Menschen aus dem Nichts auftauchen zu sehen, stammelt der Greis nur:
    »Ich suche — Hauptmann Marchall...«
    Auftrag ausgeführt — Mission erfüllt — nach 117 Jahren!
     
    Hauptmann Marchall, Urenkel von Hauptmann Marchall, liest nun den Brief weiter: »Unverzüglich nach Empfang dieses Befehls, den ich Ihnen durch diesen jungen Eingeborenen übermittle, holen Sie die eisernen Kisten heraus, die unter dem linken Tor der Festung in 3 Meter Tiefe vergraben sind. In den Kisten befinden sich Waffen und Munition, außerdem finden Sie Kanonen und Schießpulver. Verlassen Sie sofort mit dem Regiment das Lager und ziehen Sie sich in Richtung ägyptische Grenze zurück. Drei Pisten führen zur Küste, denen weichen Sie aus! Halten Sie sich strikt an meine Zeichnung. Sie gibt den einzig sicheren Weg an. Die 5 Wasserstellen sind genau markiert. Ich erwarte Sie! Gezeichnet: Napoleon BONAPARTE.«
     
    NAPOLEON! Der Hauptmann zittert am ganzen Leib vor Aufregung und Erschütterung. Denn dieser Brief ist echt — ganz eindeutig. Und vielleicht bringt er die Rettung! Die 35 Männer graben fieberhaft unter dem linken Tor und tatsächlich — in drei Meter Tiefe finden sie die eisernen Kisten. Mit Waffen aus dem 18. Jahrhundert halten sie die Türken eine Stunde später in Schach und verlassen unmittelbar darauf die Festung, wie es Bonaparte dem Urgroßvater Marchalls befohlen hatte.
    Ob 1798 oder im Jahre 1915 — der Krieg in der Wüste ist immer gleich. Nur wer genug Munition und Trinkwasser hat, kann gewinnen oder sich wenigstens aus diesem Inferno retten! Der eigentliche Feind ist jetzt nicht mehr der Türke. Der Feind, den es zu bezwingen gilt, ist die Wüste mit ihren erbarmungslosen Fallen, die sie allen in gleicher Weise stellt: die Sonne, die Hitze, der Durst und vor allem... die Aussichtslosigkeit in der unendlichen Weite, die sich ohne das kleinste Gebüsch bis zum Horizont von Düne zu Düne dehnt.
    Das weiß Hauptmann Marchall! Ist es nicht ein Wahnsinn, daß er seine Männer in dieses Abenteuer schickt, nur weil Napoleon vor 117 Jahren diesen Weg — und nur diesen Weg gewiesen hat?! Hätten sie nicht doch besser im Fort warten sollen, bis... ja, bis wann? Bis die vom Himmel gesandte, ausgebuddelte Munition gänzlich verschossen ist? Oder bis sie verdursten?
    Napoleon hat auf seiner Zeichnung fünf Wasserstellen markiert. Was ist, wenn sie heute ausgetrocknet sind?
     
    Sie waren nicht ausgetrocknet. Nach fünf Tagen erreichte Hauptmann Marchall das Lager der alliierten Truppen. Mit 36 Männern — seinen 35 Soldaten und einem uralten, gewissenhaften Briefboten. Keiner war auf dem Felde der Ehre gefallen. Das verdankten sie nur der einmaligen Verbindung von Napoleons strategischem Genie mit dem unerschütterlichen Glauben an Allah!
     

Rien ne va plus für Archibald
     
    Faites vos jeux! Rien n’va plus!
    Wir sind im Spielcasino — in Monte Carlo. Immer wieder sagt der Croupier auch heute abend den knappen rituellen Satz. Es klingt fast wie ein Befehl: Rien n’va plus — das Spiel ist aus! Unbewegt aber dennoch mit scharfem Blick verfolgt er, wie die kapriziöse Kugel auf der Roulette-Drehscheibe im Kreis herum flitzt. Sie wischt mit dem typischen rasselnden Geräusch vorbei, das allen leidenschaftlichen Spielern wie

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