Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige
unerträglich wahrgenommen werden.
Auch wenn Ihnen Ihr erkrankter Angehöriger noch so abweisend erscheint, wenden Sie sich nicht von ihm ab. Es wird auch wieder eine Zeit kommen, in der es dem Betroffenen gut gehen wird und er Ihnen sagen wird, wie wichtig es für ihn war, dass Sie zu ihm gehalten haben!
Treffen Sie keine wichtigen Entscheidungen!
Machen Sie sich immer wieder bewusst, dass Depressive die Realität in vielen Punkten durch eine »depressive Brille«, das heißt verzerrt und sehr düster sehen und deshalb Entscheidungen treffen könnten, die sie nach überstandener Krankheit vielleicht ganz anders bewerten würden. Berücksichtigen Sie dies in allen Angelegenheiten, die die private oder berufliche Zukunft betreffen. Während der Phase der Erkrankung ist es ratsam, keine wichtigen Entscheidungen zu treffen.
Überfordern Sie sich nicht!
Ist ein Patient über Monate hinweg depressiv, belastet die Krankheit sicher auch Sie als Angehörigen. Deshalb ist es wichtig, dass Sie die Grenzen Ihrer Belastbarkeit kennen und Ihre eigenen Interessen nicht aus den Augen verlieren. Tun Sie sich öfter etwas Gutes, pflegen Sie Kontakte im Freundeskreis. Bauen Sie zu Ihrer Unterstützung ein Netzwerk von Freunden und Bekannten auf und organisieren Sie sich Hilfe.
Dr. Christine Rummel-Kluge
Die Depression von innen gesehen – Das Erleben des Mitautors
Der erste Hauptteil unseres Buches handelt vom Leben in der Depression. Die Kenntnis möglichst vieler Facetten der Krankheit Depression ist zunächst für den Betroffenen selber von großem Nutzen. Wenn es sein Seelenzustand zulässt, kann er sich und sein Leiden gleichsam von außen betrachten. Er erhält Aufschluss über Zusammenhänge, Ursachen und Wirkungen der Schmerzen, die er tagtäglich erdulden muss.
Im Laufe des Buches, das ja in erster Linie Angehörige ansprechen und ihnen helfen möchte, kommen wir noch ein paar Mal darauf zurück: Für Angehörige, die sich nicht hundertprozentig in die Seele des Kranken hineinversetzen können, ist es ungeheuer wichtig, möglichst viel zu wissen, einerseits über das, was der kranke Freund fühlt und erlebt und anderseits über das, was da in einer der komplexesten Krankheiten überhaupt abläuft bzw. ablaufen kann.
Aus diesem Grund berichtet hier John P. Kummer zuerst über sein eigenes Erleben und Erleiden. Dies ist quasi die Innensicht. Diese ergänzt Fritz Kamer durch einige Aspekte der Außensicht was die Psychiatrie in langjähriger Beschäftigung mit ihren Schutzbefohlenen und deren Krankheit herausgefunden hat. Da uns Autoren viel an der Früherkennung liegt, hat sich Fritz Kamer eingehend mit der Diagnose beschäftigt, die auch Laien stellen können.
Mein Lebensweg – meine Umwelt und ich
Herkommen
Ich, John P. Kummer, wurde 1927 in Bern geboren und war kein auffälliges Kind. Meine Mutter war, wie damals in bürgerlichen Familien üblich, »nur« Hausfrau. Sie war meine Vertraute und kümmerte sich um meine Erziehung. Mein Vater (Postbeamter) war zeitweilig sehr umgänglich und großzügig, kehrte aber oft den autoritären Patriarchen heraus, um seinem einzigen Sohn Gehorsam beizubringen.
Bei mir regte sich auch kaum Widerstand: Vater und Mutter hatten immer recht. Schulzeit und Studium bereiteten mir keine großen Probleme, als guter Schüler langweilte ich mich eher. Betragensnoten wie »unruhig« oder »ziemlich gut« verursachten jedoch beim Vater immer ein beträchtliches Donnerwetter.
Während des Zweiten Weltkrieges und der Bedrohung der kleinen Schweiz durch die Achsenmächte meldete ich mich so bald als möglich zum militärischen Vorunterricht. Die Mitgliedschaft im Schweizerischen Alpenklub weckte meine bis heute andauernde Liebe zu den Bergen. Als Korporal der Schweizer Armee war ich überfordert und erlitt einen Nervenzusammenbruch. Ich konnte aber später meine Dienstpflicht weiter erfüllen.
Mit dem Diplom als Elektrotechniker in der Tasche reiste ich 1951 nach Kanada. Noch vor Weihnachten hatte ich einen Job als Ingenieur. 1960 kehrte ich in die Schweiz zurück.
Berufsleben unter Depressionen
Meine berufliche Karriere ist geprägt von diversen Stellenwechseln. Dies lag einerseits an meinem Bestreben, vorwärts zu kommen und Karriere zu machen. Anderseits kündigte ich dreimal wegen meiner Depression die Stelle, um die Initiative nicht dem Arbeitgeber überlassen zu müssen. Heute würde man zu meiner Erschöpfungsdepression viel eleganter »Burnout« sagen, denn meine Leistung
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