Der 7. Lehrling (German Edition)
Weile, dann sprach sie aus, was ihr schon die ganze Zeit durch den Kopf ging: „Wirst Du mitgehen?“
„Aber natürlich, mein Schatz“, lächelte Milan sie an. „Vorausgesetzt, Korbinian möchte mich dabeihaben.“
„Du kommst aber gesund zurück, versprich mir das!“, forderte Amina. Eigentlich hatte sie gewusst, dass er das sagen würde. Aber ein bisschen enttäuscht war sie trotzdem. Sie hätte ihren Freund lieber in Sicherheit gewusst.
Milan lachte. „Ich werde mir Mühe geben!“
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Quentin traute seinen Augen kaum, als er sah, wo sie die heutige Nacht verbringen sollten. Sie waren noch immer in dem Höhenzug nordwestlich von Treer unterwegs und hatten am Nachmittag den Höhenpass hinter sich gelassen. Vor etwa einer halben Stunde war dann der Gefangenenzug vom Hauptweg auf einen schmalen Pfad abgebogen, der gerade eben breit genug für die Fuhrwerke war. Nach einer kurzen Weile verbreiterte sich der Weg plötzlich zu einer Lichtung, die auf einer Seite von einer himmelhoch ragenden lotrechten Felswand begrenzt war. Direkt vor ihnen gähnte der Eingang einer Höhle wie das Maul eines Bergtrolls.
Die ersten Fuhrwerke waren schon rechts und links vom Eingang aufgestellt. Die Gefangenen wurden in die Höhle geführt.
„Wie haben sie nur diesen Ort finden können?“, fragte Medard verblüfft seinen Vater.
„Ich nehme an, dass sie eher zufällig darauf gestoßen sind. Ihre Vorhut hat wirklich ganze Arbeit geleistet.“
„Wie meinst Du das?“ Medard blickte seinen Vater neugierig an.
„Ganz einfach: Ich kenne diese Gegend recht gut. Wie Du weißt, bin ich in Treer zur Lehre gegangen. Wir sind damals oft in diesen Bergen herumgelaufen – aber die Höhle hier sehe ich heute zum ersten Mal ...“
Quentin war sehr still. Sofort, als sie auf die Lichtung kamen, war ihm durch den Kopf geschossen, wie gern er jetzt mit Simon die Höhle erkunden wollte. Ein Spielplatz mit unendlichen Möglichkeiten ...
Falk war Quentins plötzlicher Stimmungswechsel nicht entgangen. Er konnte sehr gut nachfühlen, was jetzt in dem Jungen vorging. Dieser Ort war der Traum eines jeden Halbwüchsigen. Er fragte leise: „Denkst Du an zuhause?“ Quentin nickte nur. Er konnte nichts sagen.
Die fremden Krieger banden sie los und machten ihnen mit Handzeichen klar, dass sie in die Höhle gehen sollten. Langsam und vorsichtig kamen sie der Aufforderung nach.
Der Eingang stellte sich als ein fast waagerechter Stollen heraus, der ein Stück weit gerade in den Berg hineinführte, bevor er einen Knick nach rechts machte. Langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit. Aus dem Gang klang ihnen leise das Rauschen von Wasser entgegen.
Gespannt bogen sie um die Kurve und standen nach einigen Schritten plötzlich in einem hohen Raum, der sicherlich dreißig Meter im Durchmesser maß. Die Decke war hoch über ihnen im Dunkel. An der ihnen gegenüberliegenden Wand fiel Wasser in einem breiten Schwall von weit oben aus der Finsternis und sammelte sich auf dem glatten Felsboden in einem Becken, das wohl über die Jahrhunderte aus dem Stein gewaschen worden war. Quentin konnte keinen Ablauf entdecken. Das Wasser verschwand offenbar an einer Stelle wieder im Fels, die er nicht sehen konnte.
Das Schönste in der Höhle war allerdings ein großes Feuer, das in der Mitte des Raumes brannte und um das die anderen Gefangenen bereits herumstanden. Nach ihnen kamen noch die Gefangenen aus Treer, dann gingen die Wachen hinaus.
Quentin war verblüfft. „Sie lassen uns allein?“
„Naja, wo sollen wir hier schon hinlaufen?“, fragte Falk, sich in alle Richtungen umblickend. Dann zog ein Lächeln über sein Gesicht. „Weißt Du, was wir jetzt machen?“
Quentin zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung.“
„Wir werden uns waschen. Richtig waschen. Endlich!“
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Das Wasser war eisig kalt, aber Quentin und Falk war das völlig gleich. Lachend zogen sie sich hastig die Kleider aus und ließen sich der Länge nach in das Becken fallen. Einer der Gefangenen nach dem anderen ließ sich von ihnen anstecken, und bald war das Becken so voller lachender und lärmender Menschen, dass eine Gruppe der Krieger in die Höhle kam, um nachzusehen, was dort vor sich ging. Kopfschüttelnd zogen sie sich nach einem abfälligen Blick in die Runde wieder zurück.
Damit war allerdings auch die gute Stimmung schlagartig verflogen. Die Gefangenen hörten auf herumzualbern und wuschen zuerst sich selbst und dann ihre Kleider so
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