Der 7. Lehrling (German Edition)
sich gerade dieselbe Frage stellte.
Kurz hinter der Stadt trafen sie auf eine kleine Gruppe von acht an Wagen gefesselten Handwerkern, die hinter Quentin und den anderen in den Gefangenenzug eingereiht wurden. Falk blickte Medards Vater vielsagend an.
Dann ging es weiter nach Nordwesten auf eine Hügelkette zu. Medards Vater nickte: „Enden“, sagte er leise zu Falk. „Es ist die Straße nach Enden. Bis dorthin sind es neun, vielleicht zehn Tage.“
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Die Nacht war sehr kalt gewesen. Ohne Zweifel neigte sich der Sommer endgültig seinem Ende entgegen, aber am nächsten Tag schien wieder die Sonne. An den Laubbäumen fingen die Blätter bereits langsam an, sich zu verfärben, und die Sonne ließ die Wälder in den buntesten Farben erstrahlen.
Finja und Rachel saßen in der Küche und aßen zu Mittag. Die Mühle lief nun fast wieder den ganzen Tag. Die Bauern in der Umgebung hatten schnell mitbekommen, dass die Balsberger Wassermühle verschont geblieben war, und kamen nach und nach mit ihrer Ernte, um sie mahlen zu lassen. Die Mühle war ein wichtiges Glied in der Herstellung der verschiedensten Sachen: Für Brot, Graupen, Fladen und andere Teigwaren, Bier, Tierfutter und sogar für Klebstoff aus Weizen mussten die Körner verschieden stark und oft gemahlen werden.
Die Bauern mussten den beiden Frauen jedes Mal ganz genau erklären, wie das Ergebnis aussehen sollte, die beiden hatten ja keinerlei Erfahrung! Zum Glück war Finja früher tagsüber oft in der Mühle gewesen und konnte sich an das eine oder andere erinnern. Auch wenn die beiden Frauen nicht ganz so schnell waren wie Falk, Medard und Quentin – sie mahlten so gut sie konnten, und die Bauern waren recht zufrieden. Wenn nicht, gaben ihnen die beiden einen Preisnachlass.
Wenn am Nachmittag noch etwa zwei Stunden Sonnenlicht bis zum Abend verblieben, gingen sie gemeinsam zu Rachels Haus und räumten Stück für Stück die verbrannten Trümmer auf. Rachel weinte dabei oft. Abends saßen sie dann zusammen und träumten gemeinsam davon, wie es sein würde, wenn ihre Männer eines Tages wieder da wären.
So verging für Finja und Rachel Tag um Tag.
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„Warum gibt es heute Abend so wenig zu essen?“, wollte Quentin von Falk wissen.
„Ich habe keine Ahnung“, bekam er zur Antwort. „Vielleicht wollen sie die neuen Gefangenen so schnell wie möglich mürbe machen. Hast Du großen Hunger?“
„Es geht schon“, wich Quentin aus. Auf keinen Fall wollte er, dass Falk ihm am Ende noch von seinem eigenen Essen etwas abgab. Er hatte einfach nur Hunger, kein Wunder bei der endlosen Marschiererei.
Sie waren in den Hügeln nordwestlich von Treer angekommen, und der Weg war den ganzen Tag bergauf gegangen. Im Schutz eines kleinen Waldes hatten sie vor etwa einer Stunde ihr Lager in der gewohnten Weise aufgeschlagen.
Quentin überlegte, ob dieser York, von dem Amina gesprochen hatte, in der Nähe war und sie beobachtete. Es gab kaum Deckung rings herum, und auf dem Weg durch die hügelige Landschaft hatte er am Nachmittag auch niemanden gesehen. Aber Amina hatte gesagt, dass York sich gut verstecken konnte. Vielleicht war er ja doch da.
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York lag auf dem Bauch auf einem Hügel und spähte vorsichtig über die Kuppe auf das Lager hinunter. Wieder sah er keine Möglichkeit, an Quentin heranzukommen. Die Horden lagerten wie immer in einem undurchdringlichen Kreis um die Gefangenen herum. York ärgerte sich. Irgendwann musste er doch einmal mit Quentin Kontakt aufnehmen!
Früher an diesem Tag hatte er Amina gefragt, wann und wie die Befreiung vonstatten gehen sollte, aber in Filitosa war noch keine Entscheidung gefallen. Immerhin war Milan auf dem Weg zu Korbinian! Milan hatte schon immer gute Ideen gehabt, und York war sehr zuversichtlich, dass es bald einen Plan geben würde.
York sorgte sich um den Gesundheitszustand der Gefangenen und sann nach einer Möglichkeit, ihnen etwas Linderung verschaffen zu können. Während der Verfolgung der Horden hatte er bereits einen großen Vorrat an Kräutern gesammelt und zerkleinert. Für eine einfache Erkältungssalbe fehlten ihm nur noch etwas Fett und ein Behälter. Und natürlich eine Gelegenheit, die Salbe an die Kranken weitergeben zu können. Er zweifelte allerdings, ob er dem Verletzten überhaupt noch helfen konnte …
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Milan hatte kaum geschlafen. Noch bevor es hell wurde, hatte er seinen Rappen gesattelt und war bei Sonnenaufgang schon ein gutes Stück vorangekommen.
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