Der 7. Lehrling (German Edition)
hatte recht: Bei Finja und ihm war Quentin binnen weniger Tage weit mehr als nur ein willkommener Gast gewesen.
„Los geht’s!“, raunte York in Quentins Ohr und schob ihn nach vorn.
Die sieben Aufgerufenen stellten sich rechts vom Podest auf, ein wenig schräg, sodass sie gleichzeitig der Versammlung zugewandt waren und Korbinian trotzdem sehen konnten. Ihre Begleiter standen hinter ihnen. Bis auf Quentin trugen alle noch ihre normale Kleidung. Nur er selbst trug bereits die Zeichen seiner Zunft.
Jetzt wurde es so still, dass man ein Blatt Papier hätte fallen hören können. Auch das leise Flüstern des Windes war verstummt. Die Nervosität der sieben künftigen Lehrlinge stieg von Sekunde zu Sekunde.
Korbinian wandte sich den sieben zu. „Bevor wir zur eigentlichen Aufnahme kommen, muss ich eine Frage stellen: Gibt es unter euch jemanden, der bereits an ein Lehrversprechen gebunden ist?“
Quentin wurde es heiß und kalt. Beruhigend legte sich Yorks Hand auf seine Schulter. „Du musst Dich jetzt melden, Quentin. Heb einfach Deine Hand“, wisperte der Geselle ihm zu.
Quentin tat, wie ihm geheißen war. Zögernd hob er die rechte Hand nach oben. Korbinian nickte. „Und ist Dein Lehrmeister anwesend, Quentin?“
„Ja ...“, krächzte er leise, dann räusperte er sich und sagte noch einmal mit festerer Stimme: „Ja, es ist Falk, der Müllermeister. Er sitzt gleich hier vorn.“
Korbinian wandte sich nun Falk zu, der sich erhob. „Falk, Müllermeister aus Balsberg. Wollt Ihr den Jungen freigeben?“
Falk zögerte nicht mit seiner Antwort. „Ich würde ihn um keinen Preis freigeben, wenn ich mich um seine Zukunft sorgen müsste. Aber ich habe mich davon überzeugt, dass er hier in Filitosa eine gute Ausbildung haben und nicht zuletzt, dass er in eine gute Gemeinschaft aufgenommen sein wird. Also lautet meine Antwort: Ja, ich gebe ihn frei, so schwer es mir auch fällt.“
Eine große Träne stahl sich aus Falks Augenwinkel. Er wischte sie nicht weg. Es sollte ruhig jeder sehen, dass er Quentin alles andere als gern gehen ließ. Und es sollte dem künftigen Lehrmeister klar sein, dass er ihm persönlich dafür verantwortlich sein würde, dass es Quentin gut erging. Er nahm wieder Platz.
Quentins Gesicht strahlte bis über beide Ohren, während auch ihm ein paar Tränen über die Wangen liefen. Dass Falk sich so für ihn einsetzte, machte ihn unendlich stolz.
„Habt Dank für Eure freundlichen Worte, Falk“, antwortete Korbinian dem Müllermeister und wandte sich dann wieder den sieben künftigen Lehrlingen zu. „Ist unter euch sonst noch jemand, der an einen Lehrherrn gebunden ist?“
Die anderen sechs schüttelten fast gleichzeitig den Kopf. Korbinian lächelte. Jetzt kam der Teil, auf den er sich schon den ganzen Abend freute.
„Also frage ich zuerst Dich, Kerstin aus Merlehusen: Welches Handwerk strebst Du an?“
Kerstin antwortete laut: „Ich möchte lernen, den Alten, Schwachen und Kranken zu helfen. Denen, die sich nicht so gut selbst helfen können.“
„Du hast Dir einen ehrenvollen Beruf erwählt. So möge Dich nun die Meisterin der Bader in ihre sorgende Obhut nehmen.“
Die Hexe Sigrun trat vor und nahm den Platz der Hexe ein, die bisher hinter Kerstin gestanden hatte. Sie legte beide Hände wie zum Schutz auf Kerstins Schultern. „Ich nehme Dich, Kerstin aus Merlehusen, in meine Obhut. Gemeinsam mit den mir anvertrauten Lehrlingen werde ich Unheil von Dir fernhalten, Dir stets ein guter Ratgeber sein und Dir alles nötige Rüstzeug mitgeben, um Dich zu einer guten Baderin werden zu lassen. Das verspreche ich bei meiner Ehre als Hexe und Zunftmeisterin der Bader.“
Falk war verblüfft: Das gab es in der ihm bekannten Welt nicht. Dort gaben nur die Lehrlinge ein Versprechen an ihren Lehrmeister ab, niemals umgekehrt. Aber er fand sofort Gefallen daran.
Korbinian wandte sich nun wieder der angehenden Baderin zu. „Kerstin, Du hast das Versprechen von Sigrun gehört. Wenn Du es annimmst, bist Du ihr von Stund‘ an bis zu Deiner Freisprechung Gehorsam schuldig. Du wirst Dich anstrengen, Deine Ausbildung so gut wie Du nur kannst abzuschließen, und damit Deiner Zunft zur Ehre gereichen. Willst Du vor allen hier Anwesenden das Versprechen der Baderin annehmen und mit gewissenhafter Pflichterfüllung vergelten?“
„Ich nehme es an und verspreche, meinen Pflichten nachzukommen, so gut ich irgend vermag“, antwortete Kerstin mit fester Stimme.
„Dann gehörst
Weitere Kostenlose Bücher