Der 8. Februar (German Edition)
ich bin aber nicht oft dort gewesen. Zusammengenommen umfasste unser Besitz zweihundert Hektar Land. Während des Krieges bekamen die Landwirte vorgeschrieben, wieviele Milchkühe sie halten mussten, denn der Milchertrag war stark reglementiert. Deutschland brauchte Milch und jeder Landwirt musste sein Möglichstes tun, um die Quote zu erreichen und die Tiere gesund zu halten. Papa hatte gar nicht so viel Vieh haben wollen, denn es fraß fast den gesamten Weizen unserer Felder auf. Die Preise in der Landwirtschaft wurden von der Regierung vorgeschrieben.
Es wurden auch viele Schweine gefüttert, die außer denen für uns Selbstversorger abgegeben werden mussten. Sie wurden amtlich gezählt, es ging nie ohne schärfste Kontrollen und Listen. Die Milchkontrolleurin kam einmal im Monat zu uns. Jede Kuh hatte eine schwarze Tafel über ihrem Stand im Stall mit Namen und ihren Daten wie Geburt und Geburt der Kälber, Trockenstehen und dem Fettgehalt der Milch. Unsere Milchkannennummer war 1194.
Vor dem Tor zur Dorfstraße auf der linken Seite war die Rampe, wo der sogenannte Schweizer mit einem sehr großen Handwagen die Milchkannen abstellte, die jeden Morgen vom Milchauto abgeholt wurden. Ein Schweizer war ein Verantwortlicher in der Milchproduktion.
Mein Leben in Heidau fing gut an. Manchmal saß ich auf einer Decke auf dem Boden in der Küche und spielte zuerst mit Wäscheklammern, danach drehte ich die Küchenstühle um und kletterte darüber. Großmutter Pauline passte auf mich auf und ich liebte sie über alles. Sie wusste wahrscheinlich eine ganze Menge über Kinder, denn mir mangelte es an nichts. So primitiv meine Spielsachen auch waren, es wurde mir nie langweilig mit Großmutter . Sie hatte den pensionierten Postbeamten Hans Krause geheiratet, einen Oberschlesier. Mit Mama hatte sie ein ganz besonderes Vertrauensverhältnis und von ihr weiß ich, dass sie diese Heirat zutiefst bereute.
Eine der Wiesen erstreckte sich von der Fabrik bis zur Weide, einem Nebenfluss der Oder. Wir hatten also ausreichend Platz für unsere Spiele. Im Frühling blühten dort viele von den Eltern gepflanzte junge Obstbäume. In einem Jahr gab es eine riesige Überschwemmung der Wiesen und da es Sommer war, war das Wasser warm und ich watete mit den Kindern aus der Nachbarschaft darin herum. Einige Kinder gehörten zu den Arbeitern unserer Fabrik, jedenfalls machte es uns allen viel Spaß und wir hatten immer etwas zu erzählen. Ein Junge hieß Dietmar und war der Sohn von Wilhelm Schär, einem zuverlässigen Arbeiter, der bis zum September 1939 mit zehn anderen Glockschützern in der Gerberei arbeitete, dann aber zum Militär eingezogen wurde. Wir hörten nie mehr etwas von Wilhelm.
Beim Schweineschlachten durften wir Kinder nicht zusehen, aber ich weiß, dass Rehfleisch mit zur Salami verarbeitet wurde. Bei uns hieß sie Cervelatwurst. So kamen ein paar Würste mehr heraus und sie waren nicht so fett.
Jeden Samstag kam Papas Bruder Otto zum Jagen oder zum Angeln. Papa hatte eine eigene Jagd und ein Stück Katzbach zum Angeln. Sonntags früh machte Angela, unsere Haushälterin und Ursulas Kindermädchen, Klöße aus gekochten Kartoffeln fürs Mittagessen, Onkel Otto machte sich daraus Köder. Er rollte kleine Kugeln, die er dann in eine viereckige Blechdose mit Deckel tat. Otto nahm die gefangenen Fische am Sonntagabend mit nach Hause. Fisch war wegen der Gräten bei uns nicht auf der Speisekarte. Papa hatte einmal als Kind eine verschluckt und wäre beinahe daran erstickt.
Manchmal brachte Onkel Otto auch seine beiden besten Arbeiter und Freunde mit, zwei slowenische Brüder, die wegen des Krieges in Deutschland arbeiteten. Am Abend machten sie im Herrenzimmer, das gleichzeitig als Büro diente, Musik mit Ruths Akkordeon und mitgebrachten Gitarren. Ruth hatte in Glockschütz Violinunterricht gehabt, aber in Heidau gab es leider keinen Lehrer. Das war schade, denn ich glaube, aus ihr wäre eine gute Musikerin geworden. An solchen Abenden durften wir etwas länger aufbleiben und zuhören. Das fand ich sehr schön, obwohl ich heute nicht mehr weiß, welche Musik sie spielten. Für uns war es eine willkommene Abwechslung und das war gut genug.
In Heidau wurde ein Veteran aus dem Ersten Weltkrieg als Nachtwächter eingestellt und er wohnte im ersten Stock des Arbeiterhauses. Sein Name war Hornig und er hatte eine kranke Frau, die wir Kinder manchmal besuchten. Als er in Rente ging, kam
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