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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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freien Feld angreifen und zu solchem End der eine von Ost, der ander aber von West in ein umzäuntes Feld eintreten sollten, und alsdann möge ein jeder sein Bestes gegen den andern tun, wie ein Soldat tun soll, welcher dergestalt seinen Feind vor Augen kriegt; es sollte sich auch weder vor, in, noch nach dem Kampf keiner von beiden Parteien unterstehen, seinem Kameraden zu helfen, noch dessen Tod oder Beschädigung zu rächen. Als sie solches einander mit Mund und Hand versprochen hatten, gaben ich und mein Gegner einander auch die Händ und verzieh je einer dem andern seinen Tod: in welcher allerunsinnigsten Torheit, welche je ein vernünftiger Mensch begehen kann, ein jeder hoffte, seiner Gattung Soldaten das Prae zu erhalten, gleichsam als ob des einen oder andern Teils Ehr und Reputation an dem Ausgang unseres teuflischen Beginnens gelegen gewesen wäre. Da ich nun an meinem bestimmten Ende mit doppeltbrennendem Lunten in angeregtes Feld trat und meinen Gegenteil vor Augen sah, stellte ich mich, als ob ich das alte Zündkraut im Gang abschüttete, ich tats aber nicht, sondern rührte Zündpulver nur auf den Deckel meiner Zündpfannen, blies ab und paßte mit zween Fingern auf der Pfann auf, wie bräuchlich ist, und ehe ich meinem Gegenteil, der mich auch wohl im Gesicht hielt, das Weiße in Augen sehen konnte, schlug ich auf ihn an und brennte mein falsch Zündkraut auf dem Deckel der Pfannen vergeblich hinweg; mein Gegner vermeinte, die Musket hätte mir versagt und das Zündloch wäre mir verstopft, sprengte derowegen mit einer Pistol in der Hand gar zu begierig recta auf mich dar, in Meinung, mir meinen Frevel zu bezahlen; aber ehe er sichs versah, hatte ich die Pfann offen und wieder angeschlagen, hieß ihn auch dergestalt willkomm sein, daß Knall und Fall eins war.
    Ich retirierte mich hierauf zu meinen Kameraden, die mich gleichsam küssend empfingen, die seinigen aber entledigten ihn aus seinem Stegreif und taten gegen ihn und uns wie redliche Kerl, maßen sie mir auch meinen Handschuh mit großem Lob wiederschickten. Aber da ich meine Ehr am größten zu sein schätzte, kamen fünfundzwanzig Musketier aus Rehnen, welche mich und meine Kameraden gefangen nahmen: Ich zwar wurde alsbald in Ketten und Band geschlossen und der Generalität überschickt, weil alle Duell bei Leib- und Lebensstraf verboten waren.

Das 10. Kapitel
    Der General-Feldzeugmeister schenkst dem Jäger das Leben, und macht ihm sonst gute Hoffnung
    Demnach unser General-Feldzeugmeister strenge Kriegsdisziplin zu halten pflegte, besorgte ich die Verlierung meines Kopfs; hingegen hatte ich noch Hoffnung davonzukommen, weil ich bereits in so blühender Jugend jederzeit mich gegen den Feind wohl gehalten und einen großen Ruf und Namen der Tapferkeit erworben. Doch war solche Hoffnung ungewiß, weil dergleichen täglicher Händel halber die Notdurft erfordert', ein Exempel zu statuieren. Die Unserigen hatten eben damals ein festes Rattennest berennet und auffordern lassen, aber ein abschlägige Antwort bekommen, weil der Feind wußte, daß wir kein grob Geschütz führten. Derowegen rückte unser Graf von der Wahl mit dem ganzen Corpo vor besagten Ort, begehrte durch einen Trompeter abermal die Übergab und drohete zu stürmen, es erfolgte aber nicht anders als dieses nachgesetzte Schreiben:
    Hoch-Wohlgeborner Graf, etc. Aus E. Gräfl. Excell. an mich Abgelassenem habe vernommen, was Dieselbe im Namen der Röm. Kais. Maj. an mich gesinnen: Nun wissen aber Euer Hoch-Gräfl. Excell. Dero hohen Vernunft nach, wie übel-anständig, ja unverantwortlich einem Soldaten fallen würde, wann er einen solchen Ort, wie dieser ist, dem Gegenteil ohne sonderbare Not einhändigte: Wessentwegen Dieselbe mir dann verhoffentlich nicht verdenken werden, wann ich mich befleißige zu verharren, bis die Waffen Euer Excell. dem Ort zusprechen. Kann aber E. Excell. meine Wenigkeit außerhalb Herren-Diensten in ichtwas zu gehorsamen die Gelegenheit haben, so werde ich sein
    E. Excell.
Aller-dienstwilligster Diener
N. N.
    Hierauf wurde in unserm Lager unterschiedlich von dem Ort diskurriert, denn solches liegen zu lassen war gar nicht ratsam, zu stürmen ohn eine Presse hätte viel Blut gekostet, und wäre doch noch mißlich gestanden, ob mans übermeistert hätte oder nicht? hätte man aber erst die Stück und alle Zugehör von Münster oder Hamm her holen sollen, so wäre gar viel Mühe, Zeit und Unkosten darauf gelaufen. Indem man nun bei Großen und Kleinen

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