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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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zu den umstellenden Offiziern, »so werden wir von aller Welt verspottet!« Ich antwortet: »Gnäd. Herr, ich will schon Stücke in ihren Ohren lassen klingen, wenn man nur ein paar Doppelhaken und ein ziemlich groß Faß haben kann, allein wird ohne den Knall sonst kein Effekt vorhanden sein; sollte man aber ja wider Verhoffen nur Spott damit erlangen, so werde ich der Inventor, weil ich ohnedas sterben muß, solchen Spott mit mir dahinnehmen und denselben mit meinem Leben aufheben.« Ob nun zwar der Graf nicht daran wollte, so persuadierte ihn jedoch mein Obristleutnant dahin, denn er sagte, daß ich in dergleichen Sachen so glückselig sei, daß er im wenigsten zweifele, daß dieser Poß nicht auch angehen werde. Derowegen befahl ihm der Graf die Sach anzustellen, wie er vermeinte, daß sichs tun ließe, und sagte im Scherz zu ihm: Die Ehr, so er damit erwürbe, sollte ihm allein zustehen.
    Also wurden drei solcher Blöcke zuwege gebracht und vor jedes vierundzwanzig Pferd gespannt, wiewohl nur zwei genug gewesen wären; diese führten wir gegen Abend dem Feind ins Gesicht, indessen aber hatte ich auch drei Doppelhaken und ein Stückfaß, so wir von einem Schloß bekamen, unterhanden und richtete ein und anders zu, wie ichs haben wollte, das wurde bei Nacht zu unserer visierlichen Artollerei verschafft: den Doppelhaken gab ich doppelte Ladung und ließ sie durch berührtes Faß (dem der vordere Boden genommen war) losgehen, gleich ob es drei Losungschüsse hätten sein sollen, das donnerte dermaßen, daß jedermann Stein und Bein verschworen hätte, es wären Quartierschlangen oder halbe Kartaunen gewesen; unser General-Feldzeugmeister mußte der Gaukelfuhr lachen und ließ dem Feind abermal einen Akkord anbieten, mit dem Anhang, wenn sie sich nicht noch diesen Abend bequemen würden, daß es ihnen morgen nicht mehr so gut werden sollte: Darauf wurden alsbald beiderseits Geiseln geschickt, der Akkord geschlossen und uns noch dieselbige Nacht ein Tor der Stadt eingegeben. Welches mir trefflich zugut kam, denn der Graf schenkte mir nicht allein das Leben, das ich Kraft seines Verbots verwirkt hatte, sondern ließ nach noch selbige Nacht auf freien Fuß stellen und befahl dem Obristleutnant in meiner Gegenwart, daß er mir das erste Fähnlein, so ledig wurde, geben sollte: Welches ihm aber ungelegen war, denn er hatte der Vettern und Schwäger so viel, die aufpaßten, daß ich vor denselben nicht zugelassen werden konnte.

Das 11. Kapitel
    Hält allerhand Sachen in sich von geringer Wichtigkeit und großer Einbildung
    Es begegnete mir auf demselbigen Marsch nichts Merkwürdiges mehr; da ich aber wieder nach Soest kam, hatten mir die lippstädtischen Hessen meinen Knecht, den ich bei meiner Bagage im Quartier gelassen, samt einem Pferd auf der Weid hinweggefangen, von demselben erkundigte der Gegenteil mein Tun und Lassen, dahero hielten sie mehr von mir als zuvor, weil sie hiebevor durch das gemeine Geschrei beredt worden, zu glauben, daß ich zaubern könnte. Er erzählte ihnen auch, daß er einer von den Teufeln gewesen sei, die den Jäger von Werl auf der Schäferei so erschreckt hätten; da solches erstbesagter Jäger erfuhr, schämte er sich so sehr, daß er abermal das Reißaus spielete und von Lippstadt zu den Holländern lief: Aber es war mein größtes Glück, daß mir dieser Knecht gefangen worden, maßen aus der Folge meiner Histori zu vernehmen sein wird.
    Ich fing an mich etwas reputierlicher zu halten als zuvor, weil ich so stattliche Hoffnung hatte, in Bälde ein Fähnlein zu haben; ich gesellete mich allgemach zu den Offiziern und jungen Edelleuten, die eben auf dasjenige spanneten, was ich in Bälde zu kriegen mir einbildete; diese waren deswegen meine ärgsten Feinde und stellten sich doch gegen mich als meine besten Freunde, so war mir der Obristleutnant auch nicht so gar grün, weil er Befehl hatte, mich vor seinen Verwandten zu befördern; mein Hauptmann war mir darum abhold, weil ich mich an Pferden, Kleidern und Gewehr viel braver hielt als er und dem alten Geizhals nicht mehr wie hiebevor spendierte, er hätte lieber gesehen, daß mir neulich der Kopf hinweggeschlagen als ein Fähnlein versprochen worden wäre, denn er gedachte meine schönen Pferd zu erben; so haßte mich mein Leutnant eines einzigen Worts halber, das ich neulich unbedachtsam laufen lassen, das fügte sich also: Wir waren miteinander in letzter Cavalcada kommandiert, eine gleichsam verlorne Wacht zu halten; als nun das

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