Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch
ratschlagte, fiel mir ein, ich sollte mir diese Occasion zunutz machen, um mich zu erledigen; also gebot ich meinem Witz zusammen und bedachte mich, wie man den Feind betrügen möchte, weils nur an den Stücken mangelte. Und weil mir gleich zufiel, wie die Sach zu tun sein möchte, ließ ich meinen Obristleutnant wissen, daß ich Anschläg hätte, durch welche der Ort ohne Mühe und Unkosten zu bekommen wäre, wenn ich nur Pardon erlangen und wieder auf freien Fuß gestellt werden könnte. Etliche alte und versuchte Soldaten lachten darüber, und sagten: »Wer hangt, der langt; der gut Gesell gedenkt sich loszuschwätzen!« Aber der Obristleutnant selbst und andere die mich kannten, nahmen meine Reden an wie einen Glaubensartikel: Weswegen er selbsten zum General-Feldzeugmeister ging und demselben mein Vorgeben anbrachte, mit Erzählung vieles Dings, das er von mir zu sagen wußte: Weil denn nun der Graf hiebevor auch vom Jäger gehört hatte, ließ er mich vor sich bringen und so lange meiner Band entledigen; Der Graf hielt eben Tafel, als ich hinkam, und mein Obristleutnant erzählte ihm, als ich verwichenem Frühling mein erste Stund unter S. Jakobs Pforten zu Soest Schildwacht gestanden, sei unversehens ein starker Platzregen mit großem Donner und Sturmwind kommen, deswegen sich jedermann aus dem Feld und den Gärten in die Stadt salviert, und weil das Gedräng beides von Laufenden und Reitenden ziemlich dick worden, hätte ich schon damals den Verstand gehabt, der Wacht ins Gewehr zu rufen, weil in solchem Gelauf eine Stadt am besten einzunehmen sei; »zuletzt« (sagte der Obristleutnant ferner) »kam ein altes Weib ganz tropfnaß daher, die sagte, eben als sie beim Jäger vorbeipassierte: ›Ja, ich hab dies Wetter schon wohl vierzehn Tag in meinem Rücken stecken gehabt!‹ Als der Jäger solches höret' und eben einen Stecken in Händen hatte, schlug er sie damit übern Buckel, und sagte: ›Du alte Hex, hast dus denn nicht ehe herauslassen können? hast du eben müssen warten, bis ich anfange Schildwacht zu stehen?‹ Da ihm aber sein Offizier abwehrte, antwortet' er: ›Es geschieht ihr recht, das alte Rabenaas hat schon vor vier Wochen gehört, daß jedermann nach einem guten Regen geschrien, warum hat sie ihn den ehrlichen Leuten nicht ehe gegönnet? so wäre vielleicht Gerst und Hopfen besser geraten.‹« Worüber der General-Feldzeugmeister, wiewohl er sonst ein ernsthafter Herr war, trefflich lachte. Ich aber gedachte: »Erzählt der Obristleutnant dem Grafen solche Narrnpossen, so hat er ihm gewißlich auch nicht verschwiegen, was ich sonst angestellt habe.« Ich aber wurde vorgelassen.
Als mich nun der General-Feldzeugmeister fragte, was mein Anbringen wäre? antwortet ich: »Gnädiger Herr, etc. Obzwar mein Verbrechen und E. Excell. rechtmäßig Gebot und Verbot mir beide das Leben absprechen, so heißet mich jedoch meine alleruntertänigste Treu (die ich Dero Röm. Kais. Maj. meinem Allergnädigsten Herrn bis in Tod zu leisten schuldig bin) ein Weg als den andern meines wenigen Orts dem Feind einen Abbruch tun und erst-Allerhöchstgedachter Röm. Kais. Maj. Nutzen und Kriegswaffen befördern.« Der Graf fiel mir in die Red, und sagte: »Hast du mir nicht neulich den Mohren gebracht?« Ich antwortet: »Ja gnädiger Herr.« Da sagte er: »Wohl, dein Fleiß und Treu möchte vielleicht meritiern, dir das Leben zu schenken, was hast du aber für ein Anschlag, den Feind aus gegenwärtigem Ort zu bringen ohne sonderbaren Verlust der Zeit und Mannschaft?« Ich antwortet: »Weil der Ort vor grobem Geschütz nicht bestehen kann, so hält meine Wenigkeit dafür, der Feind würde bald akkordiern, wenn er nur eigentlich glaubt', daß wir Stück bei uns haben.« »Das hätte mir wohl ein Narr gesagt«, antwortet' der Graf, »wer wird sie aber überreden, solches zu glauben?« Ich antwortet: »Ihre eigenen Augen. Ich habe ihre hohe Wacht mit meinem Perspektiv gesehen, die kann man betrügen, wenn man nur etliche Blöcke, den Brunnenteichlen gleich, auf Wagen ladet und dieselben mit einem starken Gespann in das Feld führet, so werden sie schon glauben, es seien grobe Stück, vornehmlich wenn E. Gräfl. Excell. irgendswo im Feld etwas aufwerfen läßt, als ob man Stücke dahin pflanzen wollte.« »Mein liebes Bürschlein«, antwortet' der Graf, »es sind keine Kinder drinnen, sie werden diesem Spiegelfechten nicht glauben, sondern die Stück auch hören wollen, und wenn der Poß dann nicht angehet«, sagte er
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