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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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alle Vorteil der guten Schwimmer brauchte, so spielte dennoch der Strom mit mir wie mit einem Ballen, indem er mich bald über- bald untersich in Grund warf, ich hielt mich so ritterlich, daß ich oft über ihn kam, Atem zu schöpfen; wäre es aber um etwas kälter gewesen, so hätte ich mich nimmermehr so lang enthalten und mit dem Leben entrinnen können: Ich versuchte oft ans Ufer zu gelangen, so mir aber die Wirbel nit zuließen, als die mich von einer Seite zur andern warfen, und ob ich zwar in Kürze unter Goldscheur kam, so wurde mir doch die Zeit so lang, daß ich schier an meinem Leben verzweifelte. Demnach ich aber die Gegend bei dem Dorf Goldscheur passiert hatte und mich bereits drein ergeben, ich würde meinen Weg durch die Straßburger Rheinbrücke entweder tot oder lebendig nehmen müssen, wurde ich eines großen Baums gewahr, dessen Äste unweit vor mir aus dem Wasser hervorreichten, der Strom ging streng und recta drauf zu, derhalben wandte ich alle übrigen Kräfte an, den Baum zu erlangen, welches mir denn trefflich glückte, also daß ich beides durchs Wasser und meine Mühe auf den größten Ast, den ich anfänglich für einen Baum angesehen, zu sitzen kam, derselbe wurde aber von den Strudeln und Wellen dergestalt tribuliert, daß er ohn Unterlaß auf- und niederknappen mußte, und derhalben mein Magen also erschüttert, daß ich Lung und Leber hätte ausspeien mögen. Ich konnte mich kümmerlich darauf halten, weil mir ganz seltsam vor den Augen wurde, ich hätte mich gern wieder ins Wasser gelassen, befand aber wohl, daß ich nit Manns genug wäre, nur den hunderten Teil solcher Arbeit auszustehen, dergleichen ich schon überstritten hatte, mußte derowegen verbleiben und auf ein ungewisse Erlösung hoffen, die nur Gott ungefähr schicken müßte, da ich anderst mit dem Leben davonkommen sollte. Aber mein Gewissen gab mir hierzu einen schlechten Trost, indem es mir vorhielt, daß ich solche gnadenreiche Hilfe nun ein paar Jahr her so liederlich verscherzt; jedoch hoffte ich ein Bessers und fing so andächtig an zu beten, als ob ich in einem Kloster erzogen worden wäre; ich setzte mir vor, inskünftig frömmer zu leben, und tat unterschiedliche Gelübde: Ich widersagte dem Soldatenleben und verschwor das Parteigehen auf ewig, schmiß auch meine Patrontasch samt dem Ranzen von mir und ließ mich nit anderst an, als ob ich wieder ein Einsiedel werden, meine Sünden büßen und der Barmherzigkeit Gottes für meine hoffende Erlösung bis in mein End danken wollte: Und indem ich dergestalt auf dem Ast bei zwei oder drei Stunden lang zwischen Furcht und Hoffnung zugebracht, kam dasjenige Schiff den Rhein herunter, dem ich hätte aufpassen helfen sollen. Ich erhub meine Stimm erbärmlich und schrie um Gottes und des jüngsten Gerichts willen um Hilf, und nachdem sie unweit von mir vorüberfahren mußten, und dahero meine Gefahr und elenden Stand desto eigentlicher sahen, wurde jeder im Schiff zur Barmherzigkeit bewegt, maßen sie gleich ans Land fuhren, sich zu unterreden, wie mir möchte zu helfen sein.
    Weil denn wegen der vielen Wirbel, die es rund um mich herum gab und von den Wurzeln und Ästen des Baums verursacht wurden, ohne Lebensgefahr weder zu mir zu schwimmen noch mit großen und kleinen Schiffen zu mir zu fahren war, also erforderte meine Hilf lange Bedenkzeit; wie aber mir unterdessen zumut gewesen, ist leicht zu erachten: Zuletzt schickten sie zween Kerl mit einem Nachen oberhalb meiner in den Fluß, die mir ein Seil zufließen ließen und das eine End davon bei sich behielten, das ander End aber bracht ich mit großer Mühe zuwegen und band es um meinen Leib so gut ich konnte, daß ich also an demselben wie ein Fisch an einer Angelschnur in den Nachen gezogen und auf das Schiff gebracht wurde.
    Da ich nun dergestalt dem Tod entronnen, hätte ich billig am Ufer auf die Knie fallen und der göttlichen Güte für meine Erlösung danken, auch sonst mein Leben zu bessern einen Anfang machen sollen, wie ich denn solches in meinen höchsten Nöten gelobt und versprochen. Ja hintersich naus! Denn da man mich fragte, wer ich sei? und wie ich in diese Gefahr geraten wäre? fing ich an, diesen Burschen vorzulügen, daß der Himmel hätte erschwarzen mögen; denn ich dachte, wenn du ihnen sagst, daß du sie hast plündern helfen wollen, so schmeißen sie dich alsbald wieder in Rhein; gab mich also für einen vertriebenen Organisten aus und sagte, nachdem ich auf Straßburg gewollt, um über Rhein

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