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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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ein schwarzen sammeten Rock antrug, so erkannte ich ihn jedoch gleich im ersten Anblick, hatte aber nicht das Herz, ihn sogleich anzusprechen, denn ich mußte sorgen, er würde der Welt Lauf nach sich meiner schämen oder mich sonst nit kennen wollen, weil er den Kleidern nach in einem hohen Stand, ich aber nur ein lausiger Musketier wäre. Nachdem ich aber abgelöst wurde, erkundigte ich bei dessen Dienern seinen Stand und Namen, damit ich versichert sei, daß ich vielleicht keinen andern für ihn anspräche, und hatte dennoch das Herz nit ihn anzureden, sondern schrieb dieses Brieflein, und ließ es ihm am Morgen durch seinen Kammerdiener einhändigen:
    Monsieur, etc. Wenn meinem Hochg. Herrn beliebte, denjenigen, den Er hiebevor durch Seine Tapferkeit in der Schlacht bei Wittstock aus Eisen und Banden errettet, auch anjetzo durch Sein vortrefflich Ansehen aus dem allerarmseligsten Stand von der Welt zu erlösen, wohinein er als ein Ball des unbeständigen Glücks geraten; so würde Ihm solches nicht allein nicht schwer fallen, sondern Er würde Sich auch für einen ewigen Diener obligiern Seinen ohnedas getreu-verbundenen, anjetzo aber allerelendesten und verlassenen
    S. Simplicissimum.
    Sobald er solches gelesen, ließ er mich zu sich hineinkommen, sagte: »Landsmann, wo ist der Kerl, der Euch dies Schreiben gegeben?« Ich antwort: »Herr, er liegt in hiesiger Festung gefangen.« »Wohl«, sagt' er, »so gehet zu ihm und sagt, ich woll ihm davonhelfen und sollt er schon den Strick an Hals kriegen.« Ich sagte: »Herr, es wird solcher Mühe nit bedürfen, ich bin der arme Simplicius selbsten, der jetzt kommt, Demselben sowohl für die Erlösung bei Wittstock zu danken, als Ihn zu bitten, mich wieder von der Musket zu erledigen, so ich wider meinen Willen zu tragen gezwungen wurde.« Er ließ mich nit völlig ausreden, sondern bezeugte mit Umfangen, wie geneigt er sei, mir zu helfen; in Summa, er tat alles was ein getreuer Freund gegen den andern tun soll, und ehe er mich fragte, wie ich in die Festung und in solche Dienstbarkeit geraten? schickte er seinen Diener zum Juden, Pferd und Kleider für mich zu kaufen; indessen erzählte ich ihm, wie mirs ergangen, seit sein Vater vor Magdeburg gestorben, und als er vernahm, daß ich der Jäger von Soest (von dem er so manch rühmlich Soldatenstück gehöret) gewesen, beklagte er, daß er solches nit ehe gewußt hätte, denn er mir damals gar wohl zu einer Kompagnie hätte verhelfen können.
    Als nun der Jud mit einer ganzen Taglöhnerlast von allerhand Soldatenkleidern daherkam, las er mir das Beste heraus, ließ michs anziehen und nahm mich mit sich zum Obristen, zu dem sagte er: »Herr, ich hab in Seiner Garnison gegenwärtigen Kerl angetroffen, dem ich so hoch verobligiert bin, daß ich ihn in so niedrigem Stand, wennschon seine Qualitäten keinen bessern montierten, nit lassen kann; bitte derowegen den Herrn Obristen, Er wolle mir den Gefallen erweisen, und ihn entweder besser akkommodieren, oder zulassen, daß ich ihn mit mir nehme, um ihm bei der Armee fortzuhelfen, wozu vielleicht der Herr Obriste hier die Gelegenheit nit hat.« Der Obrist verkreuzigte sich vor Verwunderung, daß er mich einmal loben hörte, und sagte: »Mein hochgeehrter Herr vergeb mir, wenn ich glaube, Ihm beliebe nur zu probieren, ob ich Ihm auch so willig zu dienen sei, als Er dessen wohl wert ist, und wofern Er so gesinnet, so begehre Er etwas anders, das in meiner Gewalt steht, so wird Er meine Willfährigkeit im Werk erfahren: Was aber diesen Kerl anbelangt, ist solcher nicht eigentlich mir, sondern seinem Vorgeben nach unter ein Regiment Dragoner gehörig, daneben ein solch schlimmer Gast, der meinem Profosen, seit er hier ist, mehr Arbeit geben als sonst ein ganze Kompagnie, so daß ich von ihm glauben muß, er könne in keinem Wasser ersaufen.« Endet' damit seine Red lachend, und wünschte mir Glück ins Feld.
    Dies war meinem Herzbruder noch nicht genug, sondern er bat den Obristen auch, er wollte sich nicht zuwider sein lassen, mich mit an seine Tafel zu nehmen, so er auch erhielt; er tats aber zu dem Ende, daß er dem Obristen in meiner Gegenwart erzähle, was er in Westfalen nur diskursent von dem Grafen von der Wahl und dem Kommandanten in Soest von mir gehöret hätte: welches alles er nun dergestalt herausstrich, daß alle Zuhörer mich für einen guten Soldaten halten mußten; dabei hielt ich mich so bescheiden, daß der Obrist und seine Leut, die mich zuvor gekannt, nicht

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