Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch
Verlorne wieder zur Hand zu bringen.
Diese närrischen Possen hörte ich an und verwundert mich, daß der heimtückische und tausendlistige Feind den armen Menschen durch so geringe Sachen in seine Klauen bringt. Ich konnte leicht ermessen, daß dieses Stücklein ein Teil des Pakts sei, den er mit dem Teufel getroffen, und konnte wohl gedenken, daß solche Kunst dem Dieb nichts helfen würde, wenn ein anderer Teufelsbanner geholt wurde, den Diebstahl zu offenbaren, in dessen Pakt diese Klausel nicht stünde; befahl demnach meinem Knecht, (welcher ärger stehlen konnte als ein Böhm) daß er ihn gar vollsaugen und ihm hernach seine zehen Reichstaler stehlen, alsobalden aber ein paar Batzen davon in die Rench werfen sollte. Dies tat mein Kerl gar fleißig; als nun der Teufelsbanner am Morgen frühe sein Geld mangelte, begab er sich gegen die Wüste Rench in einen Busch, ohne Zweifel seinen Spiritum familiarem deswegen zu besprechen, er wurde aber so übel abgefertigt, daß er mit einem blauen und zerkratzten Angesicht wieder zurückkam; weswegen mich denn der arme alte Schelm dergestalt daurte, daß ich ihm sein Geld wiedergeben und dabei sagen ließ, weil er nunmehr sähe, was für ein betrüglicher böser Gast der Teufel sei, könnte er hinfort dessen Dienst und Gesellschaft wohl aufkünden und sich wieder zu Gott bekehren. Aber solche Vermahnung bekam mir wie dem Hund das Gras, denn ich hatte von dieser Zeit an weder Glück noch Stern mehr, maßen mir gleich hernach meine schönen Pferd durch Zauberei hinfielen. Und zwar was hätte davor sein sollen? ich lebte gottlos wie ein Epikurer und befahl das Meinige niemal in Gottes Schutz, warum hätte sich denn dieser Zauberer nicht wiederum an mir sollen rächen können?
Das 7. Kapitel
Herzbruder stirbt, und Simplicius fangt wieder an zu buhlen
Der Sauerbrunnen schlug mir je länger je besser zu, weil sich nit allein die Badgäste gleichsam täglich mehrten, sondern weil der Ort selbst und die Manier zu leben mich anmutig sein dünkte: Ich machte mit den Lustigsten Kundschaft, die hinkamen, und fing an courtoise Reden und Komplimente zu lernen, deren ich mein Tag sonst niemal viel geachtet hatte. Ich wurde für einen vom Adel gehalten, weil mich meine Leut Herr Hauptmann nenneten, sintemal dergleichen Stellen kein Soldat von Fortun so leichtlich in einem solchen Alter erlangt, darinnen ich mich damals befand; dannenhero machten die reichen Stutzer mit mir und hingegen ich hinwiederum mit ihnen nicht allein Kund- sondern auch gar Brüderschaft, und war alle Kurzweil, Spielen, Fressen und Saufen meine allergrößte Arbeit und Sorg, welches aber manchen schönen Dukaten hinwegnahm, ohne daß ichs sonderlich wahrgenommen und geachtet hätte, denn mein Säckel von dem Olivierschen Erbgut war noch trefflich schwer.
Unterdessen wurde es mit Herzbrudern je länger je ärger, also daß er endlich die Schuld der Natur bezahlen mußte, nachdem ihn die Medici und Arzt verlassen, als sie sich zuvor genugsam an ihm begraset hatten; er bestätigte nachmalen sein Testament und letzten Willen und machte mich zum Erben über dasjenige, so er von seines Vaters sel. Verlassenschaft zu empfangen, hingegen ließ ich ihn ganz herrlich begraben und seine Diener mit Trauerkleidern und einem Stück Geld ihres Wegs laufen.
Sein Abschied tat mir schmerzlich wehe, vornehmlich weil ihm vergeben worden, und ob ichs zwar nit ändern konnte, so änderts doch mich, denn ich floh alle Gesellschaften und suchte nur die Einsamkeit, meinen betrübten Gedanken Audienz zu geben; zu dem Ende verbarg ich mich etwa irgends in einen Busch und betrachtete nit allein was ich für einen Freund verloren, sondern auch daß ich mein Lebtag seinesgleichen nit mehr bekommen würde; mithin machte ich auch von Anstellung meines künftigen Lebens allerhand Anschläg und beschloß doch nichts Gewisses; bald wollt ich wieder in Krieg und unversehens gedacht ich, es hättens die geringsten Baurn in selbiger Gegend besser als ein Obrister, denn in dasselbe Gebirg kamen keine Parteien, so konnte ich mir auch nit einbilden, was eine Armee darin zu schaffen haben mußte, dieselbe Landsart zu ruinieren, maßen noch alle Baurnhöf gleich als zu Friedenszeiten in trefflichem Bau und alle Ställ voll Vieh waren, unangesehen auf dem ebenen Land in den Dörfern weder Hund noch Katz anzutreffen.
Als ich mich nun mit Anhörung des lieblichsten Vogelgesangs ergötzte und mir einbildete, daß die Nachtigall durch ihre Lieblichkeit
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