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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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jedoch resolvierte er sich im Sauerbrunnen seine Kur zu vollenden, weil es nicht allein eine gesunde Luft, sondern auch allerhand anmutige Gesellschaften unter den Badgästen hatte.
    Solche Zeit mochte ich nicht vergeblich hinbringen, weil ich eine Begierde hatte, dermalen einst mein Weib auch wiederum zu sehen, und weil Herzbruder meiner nicht sonderlich vonnöten, eröffnet ich ihm mein Anliegen, der lobte meine Gedanken, und gab mir den Rat, ich sollte sie besuchen, gab mir auch etliche kostbare Kleinodien, die ich ihr seinetwegen verehren und sie damit um Verzeihung bitten sollte, daß er ein Ursach gewesen sei, daß ich sie nit ehender besucht. Also ritt ich nach Straßburg und machte mich nicht allein mit Geld gefaßt, sondern erkundigte auch, wie ich meine Reis anstellen möchte, daß ich am sichersten fortkäme, befand aber daß es so alleinig zu Pferd nit geschehen könne, weilen es zwischen so vielen Garnisonen der beiderseits kriegenden Teile von den Parteien ziemlich unsicher war; erhielt derowegen einen Paß für einen Straßburger Botenläufer und machte etliche Schreiben an mein Weib, ihre Schwester und Eltern, als wenn ich ihn damit nach L. schicken wollte, stellte mich aber als wenn ich wieder andern Sinns worden wäre, expraktizierte also den Paß vom Boten, schickte mein Pferd und Diener wieder zurück, verkleidete mich in eine weiß und rote Liberei und fuhr also in einem Schiff hin und bis nach Köln, welche Stadt damals zwischen den kriegenden Parteien neutral war.
    Ich ging zuvörderst hin meinen Jovem zu besuchen, der mich hiebevor zu seinem Ganymede erklärt hatte, um zu erkundigen, wie es mit meinen hinterlegten Sachen eine Bewandtnis hätte, der war aber damals wiederum ganz hirnschellig und unwillig über das menschlich Geschlecht. »O Mercuri«, sagte er zu mir, als er mich sah, »was bringst du Neues von Münster? vermeinen die Menschen wohl ohn meinen Willen Frieden zu machen? Nimmermehr! Sie hatten ihn, warum haben sie ihn nicht behalten? Gingen nit alle Laster im Schwang, als sie mich bewegten ihnen den Krieg zu senden? womit haben sie seithero verdienet, daß ich ihn' den Frieden wiedergeben sollte? haben sie sich denn seither bekehrt? sind sie nicht ärger worden und selbst mit in Krieg gelaufen wie zu einer Kirmes? oder haben sie sich vielleicht wegen der Teurung bekehret, die ich ihnen zugesandt, darin soviel tausend Seelen Hungers gestorben; oder hat sie vielleicht das grausame Sterben erschreckt (das soviel Millionen hingerafft), daß sie sich gebessert? Nein, nein Mercuri, die Übrigverbliebenen, die den elenden Jammer mit ihren Augen angesehen, haben sich nit allein nit gebessert, sondern sind viel ärger worden als sie zuvor jemals gewesen! haben sie sich nun wegen so vieler scharfer Heimsuchungen nit bekehrt, sondern unter so schwerem Kreuz und Trübsalen gottlos zu leben nicht aufgehöret, was werden sie dann erst tun, wenn ich ihnen den wollustbarlichen güldenen Frieden wieder zusendete? Ich müßte sorgen, daß sie mir wie hiebevor die Riesen getan, den Himmel abzustürmen unterstehen würden; aber ich will solchem Mutwillen wohl beizeit steuren und sie im Krieg hocken lassen.«
    Weil ich nun wußte, wie man diesem Gott lausen mußte, wenn man ihn recht stimmen wollte, sagte ich: »Ach großer Gott, es seufzet aber alle Welt nach dem Frieden, und versprechen ein große Besserung, warum wolltest du ihnen dann solchen noch länger verweigern können?« »Ja«, antwortet' Jupiter, »sie seufzen wohl, aber nit meiner- sondern ihretwillen; nicht, daß jeder unter seinem Weinstock und Feigenbaum Gott loben, sondern daß sie deren edle Früchte mit guter Ruhe und in aller Wollust genießen möchten; ich fragte neulich einen grindigen Schneider, ob ich den Frieden geben sollte? Aber er antwortet' mir: was er sich drum geheie, er müsse so wohl zu Kriegs- als Friedenszeiten mit der stählernen Stange fechten. Ein solche Antwort kriegte ich auch von einem Rotgießer, der sagte, wenn er im Frieden keine Glocken zu gießen hätte, so hätte er im Krieg genug mit Stücken und Feuermörseln zu tun. Also antwortet' mir auch ein Schmied, und sagte: ›Habe ich keine Pflüg und Baurenwagen im Krieg zu beschlagen, so kommen mir jedoch genug Reuterpferd und Heerwagen unter die Händ, also daß ich des Friedens wohl entbehren kann.‹ Siehe nun lieber Mercuri, warum sollte ich ihnen dann den Frieden verleihen? ja, es sind zwar etliche die ihn wünschen, aber nur wie gesagt, um ihres

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