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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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naß, o mirum! da war Troja verloren, und alle meine trefflichen Anschläg waren dahin, denn ich merkte am Geruch, daß es mein Sauerbrunnen war; da geriet ich vor Zorn und Unwillen in eine solche Raserei, daß ich mich beinahe allein hinter die sechs Baurn gelassen und mit ihnen herumgeschlagen hätte: »Ihr gottlosen Flegel« (sagte ich zu ihnen, als ich mit meinem schrecklichen Prügel aufgesprungen war), »an diesem Saurbrunnen, der auf meiner Lagerstatt hervorquillt, könnt ihr merken, wer ich sei, es wäre kein Wunder, ich strafte euch alle, daß euch der Teufel holen möchtet weil ihr so böse Gedanken in Sinn nehmen dürfen«; machte darauf so bedrohliche und erschreckliche Mienen, daß sie sich alle vor mir entsetzten: Doch kam ich gleich wieder zu mir selber und merkte, was ich für eine Torheit beging. Nein (gedacht ich) besser ists den Sauerbrunnen als das Leben verloren, das du leicht einbüßen kannst, wenn du dich hinter diese Lümmel machst: gab ihnen derhalben wieder gute Wort und sagte, ehe sie sich etwas anders entsinnen konnten: »Stehet auf und versucht den herrlichen Sauerbrunnen, den ihr und alle Harz- und Holzmacher hinfort in dieser Wildnis meinetwegen zu genießen haben werdet!« Sie konnten sich in mein Gespräch nicht richten, sondern sahen einander an wie lebendige Stockfisch, bis sie sahen, daß ich fein nüchtern aus meinem Hut den ersten Trunk tat; da stunden sie nacheinander vom Feuer auf, darum sie gesessen, besahen das Wunder und versuchten das Wasser, und anstatt daß sie mir darum hätten dankbar sein sollen, fingen sie an zu lästern und sagten: Sie wollten, daß ich mit meinem Saurbrunnen an ein andern Ort geraten wäre, denn sollte ihre Herrschaft dessen innewerden, so müßte das ganze Amt Dornstett fronen und Weg dazu machen, welches ihnen denn ein große Beschwerlichkeit sein würde. »Hingegen«, sagte ich, »habt ihr dessen alle zu genießen, eure Hühner, Eier, Butter, Vieh und anders könnt ihr besser ans Geld bringen.« »Nein nein«, sagten sie, »nein! die Herrschaft setzt einen Wirt hin, der wird allein reich, und wir müssen seine Narren sein, ihm Weg und Steg erhalten und werden noch kein Dank dazu davon haben!« Zuletzt entzweiten sie sich, zween wollten den Sauerbrunnen behalten und ihrer vier muteten mir zu, ich sollte ihn wieder abschaffen; welches, da es in meiner Macht gestanden wäre, ich wohl ohne sie getan haben wollte, es wäre ihnen gleich lieb oder leid gewesen.
    Weil denn nunmehr der Tag vorhanden war und ich nichts mehr da zu tun hatte, zumalen besorgen mußte, wir würden, da es noch lang herumging, einander endlich in die Haar geraten, sagte ich: Wenn sie nicht wollten, daß alle Kühe im ganzen Baiersbronner Tal rote Milch geben sollten, so lang der Brunn liefe, so sollten sie mir alsobald den Weg nach Seebach weisen, dessen sie denn wohl zufrieden und mir zu solchem End zwei mitgaben, weil sich einer allein bei mir fürchtete.
    Also schied ich von dannen, und obzwar dieselbe ganze Gegend unfruchtbar war und nichts als Tannzapfen trug, so hätte ich sie doch noch elender verfluchen mögen, weil ich alle meine Hoffnung daselbst verloren; doch ging ich stillschweigend mit meinen Wegweisern fort, bis ich auf die Höhe des Gebirgs kam, allwo ich mich dem Geländ nach wieder ein wenig erkennen konnte. Da sagte ich zu ihnen: »Ihr Herren könnet euch euren Saurbrunnen trefflich zunutz machen, wenn ihr nämlich hingehet und eurer Obrigkeit dessen Ursprung anzeiget, denn da würde es eine treffliche Verehrung setzen, weil alsdann der Fürst selbigen zur Zierde und Nutz des Lands aufbauen und zu Vermehrung seines Interesses aller Welt bekannt machen lassen wird.« »Ja«, sagten sie, »da wären wir wohl Narren, daß wir uns eine Rut auf unsern eigenen Hintern machten, wir wollten liebet, daß dich der Teufel mitsamt deinem Sauerbrunnen holete, du hast genug gehört, warum wir ihn nicht gerne sehen!« Ich antwortet: »Ach ihr heillosen Tropfen, sollte ich euch nit meineidige Schelmen schelten, daß ihr aus der Art der frommen Voreltern so ferne abtretet! dieselbigen waren ihrem Fürsten so getreu, daß er sich ihrer rühmen durfte, er wäre so kühn, in eines jeden seiner Untertanen Schoß seinen Kopf zu legen und darin sicherlich zu schlafen; und ihr Mausköpf seid nicht so ehrlich, einer besorgenden geringen Arbeit willen, darum ihr doch mit der Zeit wieder ergötzt würdet und deren all eure Nachkömmling reichlich zu genießen hätten, beides eurem

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