Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch
jedem eins von seinen Lichtern, welches aber keine Edelgestein, sondern schwarze Käfer waren in der Größe als die Schröter in Teutschland, diese hatten unten am Hals einen weißen Flecken so groß als ein Pfennig, der leuchtete in der Finstere viel heller als ein Kerze, maßen wir durch diese wunderbarlichen Lichter mit unserm Teutschen wieder glücklich aus der grausamen Höhlen kamen.
Dieser war ein langer starker wohl proportionierter Mann mit geraden Gliedern, lebhafter schöner Farb, korallenroten Lefzen, lieblichen schwarzen Augen, sehr heller Stimm und einem langen schwarzen Haar und Bart hie und da mit sehr wenigen grauen Haaren besprengt, die Haupthaar hingen ihm bis über die Hüfte, und der Bart bis über den Nabel hinunter; um die Scham hatte er einen Schurz von Palmblättern und auf dem Haupt einen breiten Hut aus Binsen geflochten und mit Gummi überzogen, der ihn wie ein Parasol beides vor Regen und Sonnenschein beschützen konnte; und im übrigen sah er beinahe aus, wie die Papisten ihren Sanctum Onoffrium abzumalen pflegen. Er wollte in der Höhlen mit uns nit reden, aber sobald er herauskam, sagte er uns die Ursach, nämlich daß sie die Art an sich, wenn man darin ein groß Getös hätte, daß alsdann die ganze Insel davon erschüttere und ein solches Erdbidem erzeige, daß diejenigen, so darauf seien, vermeinen sie würde untergehen, so er bei Lebzeiten seines Kameraden vielmal probiert hätte, welches uns erinnerte an dasjenige Loch in der Erden ohnweit der Stadt Wiborg in Finnland, davon Johann Rauhe in seiner Cosmographia am 22. Kap. schreibet; er verwies uns daneben, daß wir uns so freventlich hineinbegeben, und erzählte zugleich, daß er und sein Kamerad wohl ein ganz Jahr zugebracht, ehe sie sich des Wegs hinein erkundigt, welches ihnen aber gleichwohl ohne gedachte Käfer, weil sonst alle Feur darin auslöschen, in vielen Jahren nimmermehr möglich gewesen wäre. Mithin näherten wir uns zu seiner Hütten, die hatten die Unserigen spoliert und allerdings ruiniert, welches mich heftig verdroß, er aber sah sie kaltsinnig an und tat nicht dergleichen, daß ihm ein Leid dadurch widerfahren wäre; doch tröstet' er mich, mit Entschuldigung, daß solches wider mein Willen und Befehl geschehen, Gott geb aus was Verhängnis oder Befehl, vielleicht ihm zu erkennen zu geben, wieweit er sich der Gegenwart und Beiwohnung der Menschen, vornehmlich aber der Christen und zwar seiner europäischen Landsleut zu erfreuen; die Beute, so die Zerstörer in seiner armen Wohnung gemacht hätten, würde über dreißig Dukaten in specie nit sein, die er ihnen gern gönne, hingegen wäre der größte Verlust, den er erlitten, ein Buch, das er mit großer Mühe von seinem ganzen Lebenslauf und wie er in diese Insel kommen, beschrieben; doch könnte ers auch leicht verschmerzen, weil er ein anders verfertigen könnte, wenn wir ihm anders die Palmbäum nit alle abhauen und ihm selbst das Leben lassen würden; darauf erinnerte er selbst zu eilen, damit wir denen, so ihre Vernunft in den Pflaumen verfressen hatten, fein zeitlich wieder zu Hilf kommen möchten.
Also gelangten wir zu angeregten Bäumen, dabei die Unserigen beides Kranke und Gesunde ihr Lager aufgerichtet; da sah man nun ein wunderbarlichs abenteurlichs Wesen; kein einziger unter allen war noch bei Sinnen; diejenigen aber, so ihr Vernunft noch hatten, waren zerstoben und von den Verrückten entweder auf das Schiff oder sonsten hin in die Insel geflohen; der erste, der uns aufstieß, war ein Büchsenmeister, der kroch auf allen Vieren daher, krächzete wie ein Sau, und sagte immerfort: »Malz, Malz«; der Meinung weil er sich einbildete, er wäre zu einer Sau worden, wir sollten ihm Malz zu fressen geben; derohalben gab ich ihm auf Rat des Hochteutschen ein paar Kern von den Pflaumen, darin sie alle ihren Witz verfressen, mit Versprechen, wenn er solche gessen haben würde, daß er solches zu sich genommen; also daß sie kaum warm bei ihm worden, richtet' er sich wieder auf und fing an vernünftig zu reden; und solchergestalt brachten wir alle ehender als in einer Stund wieder zurecht; da kann sich nun jeder wohl einbilden, wie hoch mich solches erfreute und wasgestalten ich mich obgedachtem Hochteutschen verbunden zu sein erkennete, sintemal wir ohne sein Hilf und Rat mit allem Volk samt dem Schiff und Gütern ohn allen Zweifel hätten verderben müssen.
Das 27. Kapitel
Beschluß dieses ganzen Werks, und Abscheid der Holländer
Da ich mich nun
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