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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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wiederum in einem solchen guten Stand befand, ließ ich durch den Trompeter dem Volk zusammenblasen, weil die wenigen Gesunden, so noch ihren Witz behalten, wie obgemeldt, hin und wider auf der Insel zerstreut umgingen; als sie sich nun sammleten, fand ich daß in solcher Tollerei kein einziger verloren worden; derowegen tat unser Kaplan oder Siechentröster eine schöne Predigt, in der er die Wunder Gottes pries, vornehmlich aber vielgemeldten Teutschen, der zwar alles beinahe mit einem Verdruß anhörete, dergestalt lobte, daß derjenige Matrose, so sein Buch und dreißig Dukaten angepackt, solches von freien Stücken wieder hervorbrachte und zu seinen Füßen legte; er wollte aber das Geld nit wieder annehmen, sondern bat mich, ich wollte es mit nach Holland nehmen und wegen seines verstorbnen Kameraden armen Leuten geben. »Denn wenn ich«, sagte er, »gleich viel Tonnen Golds hätte, wüßte ichs doch nicht zu brauchen.« Was aber das gegenwärtige Buch, so der Herr hiebei zu empfangen, anbelangt, schenkte er mir dasselbig, seiner dabei im besten zu gedenken.
    Ich ließe vom Schiff Araca, spanischen Wein, ein paar westfälische Schinken, Reis und anders bringen, auch darauf sieden und braten, diesen Teutschen zu gastiern und ihm alle Ehr anzutun, aber er nahm allerdings keine Courtoisie an, sondern behalf sich mit sehr wenigem, und zwar mit der allerschlechtesten Speis, welches wie man sagt wider alle teutsche Art und Gewohnheit läuft; die Unserigen hatten ihm seinen vorrätigen Vin de Palme ausgesoffen, derowegen betrug er sich mit Wasser und wollte weder spanischen noch rheinischen Wein trinken, doch erzeigte er sich fröhlich, weil er sah, daß wir lustig waren; sein größte Freud erwies er, mit den Kranken umzugehen, die er alle einer schnellen Gesundheit vertröstete, und sagte, er erfreue sich dermaleins, daß er den Menschen, vornehmlich aber Christen und sonderlich seinen Landsleuten einmal dienen könnte, welcher Ehr er schon lange Jahr beraubt gewesen wäre; er war beides ihr Koch und Arzt, maßen er mit unserm Medico und Barbierer fleißig konferierte, was etwa an dem einen und andern zu tun und zu lassen sein möchte, weswegen ihn denn beides die Offizianten und das Volk gleichsam wie einen Abgott ehreten.
    Ich selbst bedachte mich, wie ich ihm dienen möchte; ich behielt ihn bei mir und ließ ohne sein Wissen durch unsere Zimmerleut wiederum ein neue Hütte aufrichten in der Form, wie die lustigen Gartenhäuser bei uns ein Ansehen haben; denn ich sah wohl, daß er weit ein mehrers meritierte, als ich ihm antun konnte oder er annehmen wollte; seine Konversation war sehr holdselig, hingegen aber mehr als viel zu kurz, und wenn ich ihn etwas seiner Person halber fragte, wies er mich in gegenwärtiges Buch und sagte, in demselbigen hätte er nach Genüge beschrieben davon ihn jetzt zu gedenken verdrießen tät; als ich ihn aber erinnerte, er sollte sich gleichwohl wieder zu den Leuten begeben, damit er nit so einsam wie ein unvernünftig Vieh dahinsterbe, wozu er denn jetzt gute Gelegenheit hätte, sich mit uns wieder in sein Vaterland zu machen, antwortet' er: »Mein Gott, was wollt Ihr mich zeihen; hier ist Fried, dort ist Krieg; hier weiß ich nichts von Hoffart, vom Geiz, vom Zorn, vom Neid, vom Eifer, von Falschheit, von Betrug, von allerhand Sorgen beides um Nahrung und Kleidung noch um Ehr und Reputation; hier ist eine stille Einsame ohne Zorn, Hader und Zank; eine Sicherheit vor eitlen Begierden, ein Festung wider alles unordentliche Verlangen; ein Schutz wider die vielfältigen Strick der Welt und ein stille Ruhe, darinnen man dem Allerhöchsten allein dienen, seine Wunder betrachten und ihn loben und preisen kann; als ich noch in Europa lebte, war alles (ach Jammer! daß ich solches von Christen zeugen soll) mit Krieg, Brand, Mord, Raub, Plünderung, Frauen- und Jungfrauenschänden etc. erfüllt; als aber die Güte Gottes solche Plagen samt der schrecklichen Pestilenz und dem grausamen Hunger hinwegnahm und dem armen bedrängten Volk zum Besten den edlen Frieden wieder sendete, da kamen allerhand Laster der Wollust, als Fressen, Saufen und Spielen, Huren, Buben und Ehebrechen, welche den ganzen Schwarm der anderen Laster alle nach sich ziehen, bis es endlich so weit kommen, daß je einer durch Unterdrückung des andern sich groß zu machen öffentlich praktiziert, dabei dann kein List, Betrug und politische Spitzfindigkeit gespart wird; und was das Allerärgste, ist dieses, daß keine

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