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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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zusammengesunkene Gestalt des Priesters, der wenige Schritte weiter wie eine weggeschleuderte Puppe mitten im Korridor lag, kaum zu übersehen. Genauso unmöglich konnte man die grässlichen Schreie und das Heulen überhören, die aus dem Gemach des Lektors am Ende des Ganges drangen. Die schwere Holztür lag in Splittern am Boden.
    Jäh erstarb das Schreien in einem langgezogenen, verzweifelten Klaglaut, der schließlich in einem gurgelnden Zischen unterging. In Cadrachs Gesicht stand Grauen. Er hob die Prinzessin auf und legte sie sich über die Schulter. Dann bückte er sich noch einmal ungeschickt nach dem Sack mit ihren Sachen. Er richtete sich auf und stolperte von dem Gemetzel am anderen Ende des Ganges fort. Nur mühsam hielt er sich auf den Beinen.
    Hinter der nächsten Ecke wurde der Gang breiter, aber auch dort waren alle Fackeln erloschen. Cadrach war es, als erkenne er die Schattengestalten der Wachposten, aber sie waren reglos wie steinerne Reliquien. Im Gewölbe der Halle hinter ihm ertönte das gemächliche Echo von Stiefelschritten. Cadrach verwünschte die glatten Steinplatten des Bodens und eilte weiter.
    Wieder machte der Gang eine Biegung und öffnete sich zur großen Eingangshalle hin. Aber als der Mönch durch die Türbogen hasten wollte, stieß er gegen etwas, das so hart war wie eine Wand aus Adamant, obwohl in der Öffnung nicht das Geringste zu sehen war. Benommen strauchelte er und kippte nach hinten. Miriamel glitt von seiner Schulter auf den harten Stein.
    »Ach bitte, lass nicht zu, dass sie ihm in die Hände fällt«, murmelte der Mönch und kratzte mit den Fingern an der unsichtbaren Sperre auf der verzweifelten Suche nach einer Lücke . »Bitte!«
    Sein Suchen war vergeblich. Die Wand war ohne jede Nahtstelle.
    Cadrach kniete vor der Türöffnung nieder. Langsam sank ihm der Kopf auf die Brust. Die Schritte wurden immer lauter. Der unbeweglicheMönch hätte ein Gefangener sein können, der vor dem Richtblock wartet. Plötzlich blickte er auf.
    »Warte!«, zischte er. »Denk nach, Dummkopf, denk nach!« Er schüttelte den Kopf, holte tief Atem, stieß ihn wieder aus und atmete noch einmal tief. Dann hielt er die Handfläche in den Türbogen und sagte ein einziges leises Wort. Ein Schwall kalter Luft rauschte an ihm vorbei und bewegte die Wandteppiche der Eingangshalle. Die Sperre war verschwunden.
    Er schleppte Miriamel hinaus, zerrte sie quer durch die Halle und in eine der Türöffnungen, die von dort abgingen. Sie waren kaum außer Sicht, als Pryrates’ rotgewandete Gestalt in dem Türbogen erschien, wo das unsichtbare Hindernis gewesen war. In den Hallen begannen die ersten aufgeregten Geräusche laut zu werden.
    Der rote Priester blieb stehen, anscheinend überrascht, seine Sperre nicht mehr vorzufinden. Trotzdem drehte er sich um und machte eine Gebärde in die Richtung, aus der er gekommen war, wie um die vielleicht noch verbliebenen Spuren seines Wirkens auszulöschen.
    Dann dröhnte seine Stimme und hallte in allen Richtungen die Korridore hinunter. »Mord!«, schrie er, »Mörder im Hause Gottes!« Als das Echo verklungen war, lächelte er einen Augenblick und schritt dann den Gemächern zu, die er als Gast des Lektors bewohnte.
    Plötzlich kam ihm ein Gedanke. Pryrates blieb in der Türöffnung stehen, drehte sich um und betrachtete die Halle. Noch einmal hob er die Hand und bewegte die Finger. Eine der Fackeln sprühte Funken und spie dann eine Flammenzunge aus, die auf eine Reihe von Wandbehängen übersprang. Die uralten Gewebe flammten auf wie Zunder. Feuer leckte zu den großen Deckenbalken hinauf und verbreitete sich rasch von Wand zu Wand. Hinter ihm im Gang flackerte es bereits.
    Der Alchimist grinste. »Den Vorzeichen muss man Gerechtigkeit widerfahren lassen«, sagte er zu sich selbst und entfernte sich lachend. Ringsum begann das Gewirr verstörter und verängstigter Stimmen durch die Seitengänge der Sancellanischen Ädonitis zu hallen.

    Herzog Isgrimnur beglückwünschte sich, eine Kerze mitgenommen zu haben. Der Gang war schwarz wie Teer. Wo waren die Posten? Wieso brannten die Fackeln nicht?
    Was immer hier nicht in Ordnung war, der ganze Sancellanische Palast schien plötzlich aufzuwachen. Er hörte, wie jemand laut etwas von Mord schrie, und sein Herz schlug schneller; andere, weiter entfernte Schreie folgten. Er überlegte kurz, ob er in seine kleine Zelle zurückgehen sollte, fand dann jedoch, dass die Verwirrung ihm vielleicht nützen könnte. Ganz

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