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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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gleich, was den Alarm wirklich ausgelöst hatte – und bestimmt war es kein Mord –, möglicherweise konnte er auf diese Art den Sekretär des Lektors finden, ohne den Wachen Seiner Heiligkeit lästige Fragen beantworten zu müssen.
    Die Kerze in ihrem hölzernen Leuchter warf Isgrimnurs Schatten hoch an die Wände der großen Eingangshalle. Während die Geräusche um ihn herum lauter wurden, zermarterte er sich das Hirn, welcher der vielen Ausgänge wohl der richtige sein mochte. Er entschied sich für den Türbogen, der ihm am aussichtsreichsten erschien.
    Bald nach der zweiten Biegung des Ganges fand er sich in einer breiten Galerie wieder. Hingestreckt auf dem Boden lag ein Mann in einer Kutte inmitten eines wirren Haufens von Stoff. Mehrere bewaffnete Wachsoldaten sahen gleichmütig auf ihn herunter.
    Sind das denn Standbilder? , fragte sich Isgrimnur. Aber verdammt, so sehen doch keine Statuen aus! Der eine beugt sich ja vor, als wolle er dem anderen etwas zuflüstern! Er sah in die leeren Augen, die unter den Helmen glommen. Es lief ihm kalt über den Rücken. Ädon, steh uns bei! Schwarze Magie. Es ist schwarze Magie .
    Zu seiner Verzweiflung erkannte er den Mann am Boden sofort, als er ihn umdrehte. Selbst im matten Kerzenlicht wirkte Dinivans Gesicht bläulich. Dünne Blutstreifen rannen ihm aus den Ohren und trockneten wie Tränen auf seinen Wangen. Sein Körper fühlte sich an wie ein Sack Kleinholz.
    »Elysia, Mutter Gottes, was ist hier geschehen?«, stöhnte der Herzog.
    Dinivans Augen flatterten auf, was Isgrimnur einen derartigenSchrecken versetzte, dass er den Kopf des Priesters fast wieder auf die Steinplatten fallen ließ. Dinivans Blick irrte einen Moment umher und richtete sich dann auf Isgrimnur. Vielleicht lag es an der Kerze, die Isgrimnur in der ungeschickten Hand hielt, aber in den Augen des Priesters schien ein seltsamer Funke zu lodern. Doch was immer ihn zum Glühen brachte, Isgrimnur wusste, dass die Zeit kurz war.
    »Lektor …«, hauchte Dinivan. Der andere beugte sich näher. »Sieh … nach … dem Lektor …«
    »Dinivan, ich bin es, Herzog Isgrimnur. Ich suche Miriamel.«
    »Lektor …«, beharrte der Priester verbissen. Mühsam formten die blutigen Lippen das Wort. Isgrimnur richtete sich auf.
    »Also gut.« Hilflos sah er sich nach etwas um, auf das er den verletzten Kopf des Priesters betten könnte, fand aber nichts. Er ließ Dinivan vorsichtig zu Boden gleiten, erhob sich und ging zum Ende des Korridors. Es bestand kein Zweifel daran, welcher Raum dem Lektor gehört haben musste – die Tür lag in großen Stücken am Boden, und sogar die Marmoreinfassung des Rahmens war versengt und bröckelte. Noch weniger zweifelhaft war Lektor Ranessins Schicksal. Isgrimnur warf einen einzigen Blick in das verwüstete Zimmer, machte kehrt und trat hastig in den Gang zurück. Alle Wände waren blutverschmiert, als wäre jemand mit einem riesigen Pinsel durch den Raum gefahren. Die verstümmelten Überreste des Hauptes der Mutter Kirche und seines jungen Dieners waren kaum noch als menschlich zu erkennen; man hatte ihren Körpern keine Schändung erspart. Selbst Isgrimnurs altes Soldatenherz erbebte bei dem Anblick von so viel Blut.
    Hinten im Korridor flackerten Flammen, als der Herzog wieder zu Dinivan kam. Aber er nahm allen Mut zusammen und kümmerte sich nicht darum. Ans Entkommen konnte er später denken. Er nahm die kalte Hand des Sekretärs.
    »Der Lektor ist tot. Könnt Ihr mir helfen, Prinzessin Miriamel zu finden?«
    Der Priester holte mühsam und stoßweise Atem. Das Licht in seinen Augen wurde schwächer. »Sie ist … hier«, brachte er langsam hervor. »Heißt … Malachias. Fragt den … Aufseher der … Zimmer.«Er rang nach Luft. »Bringt sie nach … Kwanitupul … zu … Pelippas Schüssel. Dort ist … Tiamak.«
    Isgrimnurs Augen füllten sich mit Tränen. Dieser Mann hätte längst tot sein müssen. Allein die schiere Willenskraft konnte ihn noch am Leben halten. »Ich werde sie finden«, versicherte er. »Ich werde sie beschützen.«
    Plötzlich schien Dinivan ihn zu erkennen. »Sagt … Josua …«, keuchte er. »Ich fürchte … falsche Boten .«
    »Was meint Ihr?«, fragte Isgrimnur. Aber Dinivan schwieg. Seine freie Hand kroch über seine Brust wie eine sterbende Spinne und betastete hilflos den Hals seiner Kutte. Isgrimnur griff sanft nach Dinivans heiligem Baum und legte ihn auf seine Brust, aber der Priester schüttelte schwach den Kopf und versuchte noch

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