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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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einmal, in sein Gewand zu greifen. Isgrimnur folgte seiner Hand und fand einen Anhänger mit einer goldenen Schriftrolle und Feder an langer Kette. Als er danach griff, öffnete sich der Verschluss. Die Kette huschte in das feuchte Haar in Dinivans Nacken wie eine winzige, glänzende Schlange.
    »Tiamak .. . geben …«, krächzte Dinivan. Im Lärm sich nähernder Stimmen und dem Knistern der Flammen im Gang konnte Isgrimnur ihn kaum verstehen. Der Herzog ließ Anhänger und Kette in die Tasche seiner Mönchskutte gleiten. Eine plötzliche Bewegung neben sich erschreckte ihn, und er sah auf. Einer der erstarrten Wächter, grell im atmenden Glühen des Feuers, schwankte auf seinem Platz und fiel krachend um. Sein Helm schepperte auf den Steinplatten. Der gestürzte Soldat stöhnte.
    Als Isgrimnur wieder nach unten blickte, war das Licht in Dinivans Augen erloschen.

16
Die Heimatlosen

    m Inneren des Klosters war es vollständig dunkel. Nur Simons stoßweises Atmen störte die Stille. Dann sprach Skodi wieder. Ihre Stimme war kein süßes Flüstern mehr.
    »Steh auf.«
    Eine Kraft schien an ihm zu ziehen, ein Druck, zart wie Spinnweben und doch stark wie Eisen. Seine Muskeln spannten sich gegen seinen Willen, aber er wehrte sich. Eben hatte er noch versucht, sich aufzurichten – jetzt strengte er sich an, liegen zu bleiben.
    »Warum kämpfst du gegen mich?«, fragte Skodi schmollend. Ihre eiskalte Hand strich über seine Brust und berührte die schaudernde Haut seines Bauchs. Simon zuckte zurück und verlor die Herrschaft über seine Glieder, als der Wille des Mädchens sich um ihn schloss wie eine Faust. Ein kraftvoller, aber körperloser Griff zwang ihn auf die Beine. Er schwankte im Dunkeln und konnte sein Gleichgewicht nicht finden. »Wir geben ihnen das Schwert«, summte Skodi, »das schwarze Schwert. So schöne Geschenke werden wir dafür bekommen …«
    »Wo … sind … meine … Freunde?«, krächzte Simon.
    »Ruhig, Dummerchen. Geh in den Hof.«
    Hilflos stolperte er durch den finsteren Raum, stieß sich die Schienbeine an verborgenen Hindernissen, torkelte wie eine ungeschickt gesteuerte Marionette.
    »Hier«, sagte Skodi. In knarrenden Angeln schwang die Eingangstür des Klosters auf. Bösartig rötliches Licht drang in den Raum. Skodi stand auf der Schwelle. Ihr fahles Haar flatterte im wirbelnden Wind. »Komm schon, Simon. Was für eine Nacht das ist! Eine wilde Nacht.«
    Das große Feuer im Torhof loderte noch höher als bei ihrer Ankunft, ein Flammenzeichen, das bis zur Höhe des schrägen Dachs reichte und die geborstenen Mauern des Klosters in rotes Glühen tauchte. Skodis Kinder, kleine und große, waren damit beschäftigt, alle möglichen merkwürdigen Gegenstände in die Flammen zu werfen: zerbrochene Stühle und andere Stücke kaputter Möbel, dazu abgestorbenes Holz aus dem Wald, das beim Verbrennen zischende Dämpfe ausstieß; ja, die Hüter des Feuers schienen ihm alles vorzuwerfen, das sie nur finden konnten, ohne Rücksicht darauf, ob es überhaupt brennbar war: Steine und Tierknochen, gesprungene Tongefäße und bunte Glasscherben von den zerbrochenen Klosterfenstern. Im anschwellenden Wind brüllten und stiegen die Flammen. Ihr Licht brach sich in den Augen der Kinder, die gelb wie Fuchsaugen glommen.
    Simon, Skodi dicht hinter sich, taumelte in den verschneiten Hof. Ein klagendes Heulen durchbohrte die Nacht, ein tieftrauriger, einsamer Ton. Langsam wie eine sich sonnende Schildkröte drehte Simon den Kopf nach dem grünäugigen Etwas, das auf dem Hügel hinter der Lichtung kauerte. Einen Augenblick fühlte er Hoffnung, als es die Schnauze hob und noch einmal aufjaulte.
    »Qantaqa!«, rief er. Der Name klang seltsam von seiner steifen Zunge und den schlaffen Lippen. Die Wölfin blieb oben auf ihrer Hügelkuppe. Wieder heulte sie, ein Aufschrei der Furcht und ohnmächtiger Wut, so unmissverständlich, als hätte sie mit menschlicher Zunge gesprochen.
    »Scheußliches Tier«, stellte Skodi angewidert fest. »Kinderfresser. Mondanbeller. Kommt nicht zu Skodis Haus. Kann Skodis Zauber nicht brechen.« Sie starrte hart in die fernen grünen Augen, und Qantaqas Bellen verwandelte sich in schmerzliches Winseln. Gleich darauf machte die Wölfin kehrt und verschwand von der Kuppe. Simon fluchte innerlich und versuchte von neuem, sich loszureißen; aber er war nach wie vor hilflos wie ein am Nackenfell hochgehaltenes Kätzchen. Nur sein Kopf schien ihm noch zu gehören, jede Bewegung war

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