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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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der fantastischen Schnitzereien versunken. Endlich ergänzte ein unbestimmtes Glühen vom Ausgang des Tunnels her das Licht ihrer Lampen. Maegwin und der Graf traten aus dem Gang hinaus ins Freie. Hoch über ihnen wölbte sich von neuem die unsichtbare Decke der riesigen Höhle.
    Sie standen auf einem breiten Fächer aus Steinplatten. Unter ihnen lag eine große, flache Senke.
    Die Arena, eine halbe Achtelmeile im Durchmesser, war umgeben von Sitzbänken aus blassem, bröckelndem Feuerstein, als sei die verlassene Senke einst ein Ort für Gottesdienste oder große Schauspiele gewesen. Auf der freien Fläche in der Mitte glühte ein dunstigweißes Licht wie eine todkranke Sonne.
    »Cuamh und Brynioch!«, fluchte Eolair leise. Seine Stimme hatte einen besorgten Unterton. »Was ist das?«
    Inmitten der Arena stand auf einem Altar aus grauem Granit ein großer, eckiger Kristall, der wie eine Totenkerze schimmerte. Der Stein war milchweiß, mit glatter Oberfläche, aber spitzen Kanten wie ein zackiger Klumpen Quarz. Sein eigenartig zartes Licht wurde langsam heller und wieder dunkler, um dann erneut aufzuleuchten, sodass die uralten Bänke ringsum immer wieder neu in sein weiches Licht getaucht wurden und flackernd daraus verschwanden.
    Als die beiden Menschen sich dem fremdartigen Gebilde näherten, war es, als tauchten sie in das bleiche Licht ein; die kalte Luft erwärmte sich spürbar. Maegwin stockte der Atem, so herrlich war der Glanz. Lange Augenblicke standen Eolair und sie da und schauten in das schneeweiße Leuchten, sahen, wie in der Tiefe des Steins zarte Farben einander jagten, Ringelblumengelb und Korallenrot und scheues Lavendelblau, fließend wie Quecksilber.
    »Es ist wunderschön«, sagte sie endlich.
    »Aye.«
    Gebannt verharrten sie. Endlich wandte sich der Graf von Nad Mullach mit sichtlichem Widerstreben ab. »Aber sonst ist hier nichts, Herrin. Nichts.«
    Bevor Maegwin antworten konnte, loderte der weiße Stein plötzlich auf. Sein Glanz wuchs und blühte, bis blendende Helligkeit die ganze Höhle zu erfüllen schien. Es war, als werde ein Stern geboren. Mühsam versuchte Maegwin in diesem Meer beängstigenden Gleißens die Orientierung nicht zu verlieren. Sie streckte die Hand nach Eolair aus, dessen Gesicht im grellen Strahlen so konturlos leuchtete, dass sie seine Gesichtszüge kaum noch erkennen konnte. Die andere Seite seines Körpers lag so tief im Schatten, dass er wie halbiert wirkte.
    »Was geht hier vor?«, rief sie. »Verbrennt der Stein?«
    »Herrin!« Eolair packte sie und wollte sie aus dem Gleißen fortziehen. »Seid Ihr verletzt?«
    »Kinder Ruyans!«
    Zu Tode erschrocken, prallte Maegwin zurück und stolperte, ohne es zu merken, in Eolairs schützenden Arm. Der Stein hatte gesprochen. Es war die Stimme einer Frau, und sie schien von allen Seiten gleichzeitig zu kommen, als gebe es Münder überall ringsum.
    »Warum antwortet ihr mir nicht? Dreimal schon rief ich euch. Ich habe die Kraft nicht mehr. Ich werde es kein weiteres Mal versuchen können!«
    Die Worte erklangen in einer Sprache, die Maegwin noch nie gehört hatte, aber sie verstand den Sinn so gut, als wären sie in ihrem eigenen Hernystiri gesprochen worden, als tönte die Stimme der Frau laut in ihrem Kopf. War das der Wahnsinn, vor dem sie sich gefürchtet hatte? Aber auch Eolair presste die Hände an die Ohren, auch er hörte die unnatürliche Stimme.
    » Volk Ruyans! Ich flehe euch an, vergesst den alten Hader, das Unrecht von einst! Ein größerer Feind bedroht uns jetzt beide !«
    Die Stimme sprach, als koste es sie große Mühe. Erschöpfung und Sorge lagen darin, aber auch ungeheure Macht, eine Kraft, die Maegwins Haut zum Prickeln brachte. Sie hielt die gespreizten Finger vor die Augen und versuchte ins gleißende Herz des Steins zu blicken. Aber sie konnte nichts sehen. Das Licht, das auf sie eindrang, schien gegen sie anzubrausen wie ein heftiger Wind. Konnte sich inmitten dieser umwerfenden Helligkeit überhaupt jemand aufhalten? Oder war es der Stein selbst, der da sprach? Sie merkte, wie sie mit dem Geschöpf litt, das da so verzweifelt rief, während sie sich noch gegen die Wahnvorstellung eines schreienden Steins wehrte.
    »Wer bist du?«, rief sie. »Warum bist du in dem Stein? Geh mir aus den Ohren!«
    »Was? Ist endlich jemand da? Preis sei dem Garten!« Unerwartete Hoffnung leuchtete in der Stimme und verdrängte für einen Augenblick alle Müdigkeit daraus. »Gesippen aus alter Zeit, schwarzes Unheil

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