Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2
dann überrascht stehen. »Ihr seid es doch, die als Eindringlinge kommen. Aah, Kinder Herns seid ihr, so wie wir dachten. Sterbliche.« Er drehte sich um und sagte etwas zu seinen Gefährten. Seine Stimme klang wie murmelnder Gesang. Die anderen nickten ernsthaft. Dann richteten sich alle vier Riesenaugenpaare wieder auf Maegwin und Eolair. »Nein, wir haben es erörtert, und nur geziemend ist es, dass zuerst ihr eure Namen nennt.«
Voller Verwunderung über diesen Gang der Dinge suchte Maegwin Halt an Eolairs Arm und antwortete. »Wir … wir sind … ich bin Maegwin, König Lluths Tochter. Dieser Mann ist Eolair, Graf von Nad Mullach.«
Die Köpfe der sonderbaren Wesen hüpften auf ihren dürren Hälsen, und wieder sprachen sie in melodischen Tönen untereinander. Maegwin und der Graf tauschten fassungslose, ungläubige Blicke. Das Geschöpf, das vorher schon gesprochen hatte, gab ein unauffälliges Räuspern von sich.
»Mit gutem Anstand redet ihr. So seid ihr denn von edlem Blut unter den Euren? Und gelobt, dass ihr uns keinen Schaden zufügt? Traurig ist es, dass wir viele Jahre Herns Volk nicht mehr erblickt haben noch Umgang mit ihm hatten, und nichts wissen wir von dem, was aus ihm geworden ist. Wir fürchteten uns, als ihr mit dem Scherben geredet habt.«
Eolair schluckte. »Aber wer seid ihr? Und was ist dieser Ort?«
Der Anführer sah ihn lange an. In seinen großen Augen spiegelte sich das Licht der Lampe. »Yis-fidri bin ich. Sho-vennae und Imai-an heißen meine Gefährten, und Yis-hadra, die meine liebe Gattin ist.« Sie verneigten sich nacheinander, als ihr Name fiel. »Mezutu’a heißt diese Stadt.«
So sehr Maegwin von Yis-fidri und seinen Freunden fasziniert war, meldete sich in ihrem Hinterkopf doch ein nagender Zweifel. Gewiss waren sie seltsam, aber so anders, als sie erwartet hatte …
»Ihr könnt nicht die Sithi sein«, begann sie. »Wo sind sie? Seid ihr ihre Diener?«
Die Fremden musterten sie, Unruhe in den großäugigen Gesichtern, gingen ein paar zögernde Schritte rückwärts und führten ein kurzes, wie feine Glöckchen klingendes Gespräch. Dann kam Yisfidri wieder. Er sprach ein wenig schärfer als zuvor.
»Einst dienten wir anderen, aber das war vor langer Zeit. Haben sie euch zu uns geschickt? Wir gehen nicht zurück.« So trotzig das auch klang, es lag etwas unendlich Anrührendes in Yis-fidris wackelndem Kopf und den riesigen, traurigen Augen. »Was hat euch der Scherben gesagt?«
Eolair schüttelte verwirrt den Kopf. »Vergebt uns, wenn wir unhöflich sind, aber wir haben noch nie euresgleichen gesehen. Niemand hat uns zu euch gesandt. Wir wussten nicht einmal, dass es euch gibt.«
»Der Scherben? Meint ihr den Stein?«, fragte Maegwin. »Er hatvieles erzählt. Ich will versuchen, mich an alles zu erinnern. Aber wenn ihr nicht die Sithi seid, wer seid ihr dann?«
Yis-fidri antwortete nicht, sondern hob langsam seinen Kristall. Er streckte die dürre Hand aus, bis das rosige Licht des Stabes Maegwins Gesicht aus der Nähe beleuchtete. »Eurem Anblick nach hat Herns Volk sich kaum verändert, seit wir Tinukeda’ya aus den Bergen es zuletzt zu Gesicht bekamen«, meinte er wehmütig. »Wie kommt es, dass wir schon vergessen sind – liegen so viele Menschengenerationen zwischen damals und heute? Ist es nicht erst wenige Erdumdrehungen her, dass die Männer eurer nördlichen Stämme, die mit den Bärten, uns kannten?« Das schmale Gesicht wurde abweisend. »Dverninge nannten uns die Nordleute; sie brachten uns Geschenke, damit wir für sie unsere Kunst übten.«
Eolair trat auf ihn zu. »Ihr seid es, die unsere Ahnen Domhaini nannten? Aber wir dachten, sie seien nur eine Sage oder doch schon lange ausgestorben. Ihr seid die … Unterirdischen?«
Yis-fidris Stirn legte sich in milde Falten. »Sage? Ihr seid vom Volk Herns, ist es nicht so? Wer, glaubt ihr, zeigte euren Vorvätern einst, wie man in diesen Bergen schürft? Wir waren es. Und Namen – was bedeuten schon Namen? Unterirdische nennen uns manche der Sterblichen, Dverninge oder Domhaini andere.« Er regte langsam und traurig die langen Finger. »Nichts als Worte. Tinukeda’ya sind wir. Wir kommen aus dem Garten, und niemals können wir dorthin zurück.«
Mit einem Krachen, das in der Höhle widerhallte, stieß Eolair das Schwert zurück in die Scheide. »Ihr suchtet die Friedlichen, Prinzessin! Das hier ist ebenso wunderbar, vielleicht sogar noch wunderbarer. Eine Stadt im Herzen des Berges! Die
Weitere Kostenlose Bücher