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Der Advent, in dem Emma ihren Schutzengel verklagte

Der Advent, in dem Emma ihren Schutzengel verklagte

Titel: Der Advent, in dem Emma ihren Schutzengel verklagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noel Hardy
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schwere Holzstatue der Heiligen Jungfrau Maria zu einem sargähnlichen Holzkasten trugen, der mit einer dicken Wolldecke ausgelegt war. »Wo ist Murat?«, fragte sie, denn im Geschäft befanden sich nur ihr Vater, Vitus Wenzel und der Anwalt.
    Â»Er kommt etwas später«, erklärte der Monsignore. Sie betteten die Staute mit dem Rücken nach unten und hüll ten sie dann in die Decke, bevor der Monsignore den Kas ten verschloss. Emma fragte: »Kann mir mal jemand erklären, was hier überhaupt vorgeht?«
    Â»Später, meine Tochter«, sagte der Monsignore.
    Â»Das ist kompliziert«, sagte Emmas richtiger Vater.
    Â»Es läuft aber im Grunde auf einen Vergleich hinaus«, ergänzte Julian.
    Â»Zwischen wem?«, fragte Emma.
    Â»Zwischen deinem Vater, Baron von Salásy und Rochus Schilfstengl«, antwortete der Monsignore.
    Â»Ein Vergleich mit Salásy, diesem Schuft?«
    Â»Vertrau mir.«
    Â»Und wo bringt ihr die Madonna jetzt hin?«
    Â»Zu Salásy«, sagte Julian.
    Â»Aber warum, das verstehe ich nicht.«
    Â»Ich sage ja, es ist kompliziert«, erklärte ihr Vater.
    Â»Es ist Teil des Vergleichs«, sagte der Monsignore.
    Â»Aber wer hat den Vergleich denn vorgeschlagen?«
    Â»Gott«, sagte der Monsignore. Er nickte Julian zu, und gemeinsam trugen sie die Kiste aus dem Geschäft zu Julians VW-Bus, der davor in zweiter Reihe parkte.
    Emma lief ihnen nach. »Ich komme mit.«
    Â»Das geht nicht«, sagte Julian. »Er kennt Sie. Wenn er Sie im Wagen sieht, riecht er den Braten, und wir können …«
    Â»Ich lege mich auf den Boden. Ihr könnt mich unter einer Decke verstecken. Ich komme jedenfalls mit.«

A ls Julian seinen rostzerfressenen VW-Bus auf dem re servierten Platz vor den Geschäftsräumen von KuK Salásy Art et Antiquités abstellte, begann es gerade wieder zu schneien.
    Baron von Salásy, der ihre Ankunft bereits erwartet hatte, trat mit aufgespanntem Schirm auf den Bürger steig. »Wo ist sie denn?«, fragte er, als der Monsignore ausstieg.
    Â»Hinten im Bus«, antwortete der Monsignore. »Halten Sie uns mal die Tür auf?«
    Â»Wer ist das denn?« Der Baron beäugte Julian misstrauisch.
    Â»Ach, nur jemand vom Studentenschnelldienst. Er hilft mir tragen.« Wenzel warf einen Blick auf den Boden zwischen den Sitzbänken, wo Emma unter einer grauen Filzdecke reglos wie eine Kleiderpuppe dalag.
    Er und Julian hievten die Holzkiste aus dem rückwärtigen Teil des Busses, um sie über das vereiste Trottoir in den Laden zu schaffen. »Vorsichtig«, rief der Baron von der Ladentür aus. »Achtung … Passen Sie doch auf – das Eis da! … Festhalten … So, runter … Jetzt!«
    Als sie die Kiste im Laden abgestellt hatten, flüsterte der Monsignore Julian zu: »Gehen Sie zurück zum Wagen und lassen Sie den Motor laufen.«
    Der Baron schloss die Tür hinter dem Anwalt, zog vor der Sichtscheibe ein Kunststoffrollo herunter und öffnete die Kiste. »Geschafft! Das ist sie! Sieht sie nicht vollkommen echt aus?!« Er warf dem Monsignore einen saftigen Verschwörerblick zu. »Jetzt müssen wir nur noch auf Herrn Honigfels warten. Haben Sie ihn schon angerufen?«
    Â»Er müsste jeden Augenblick hier sein«, erklärte Wenzel.
    Kaum hatte der Baron sich das Schmierengesicht wieder abgeschminkt, kündigte das Klingeln der Türglocke einen Besucher an, der sich als der erwartete Murat Honig fels entpuppte, mit dem verhüllten Vermeer unterm Arm.
    Bei Wenzels Anblick gestattete Murat sich einen erstaunten Gesichtsausdruck von ähnlich minimalistischer Raffinesse wie zuvor Baron Salásy. »Ah, Monsignore, dachte ich es mir doch, dass der Baron einen solchen Handel nicht ohne den Segen eines Experten Ihres Kalibers abschließt.« Murat packte das Gemälde aus.
    Salásy riss es ihm fast aus der Hand. »Ein Halbakt gegen eine Madonna – was für ein Tausch!«, rief er. Aufgeregt be trachtete er den unsignierten Vermeer.
    Unterdessen holte der Monsignore das Kuvert mit den Expertisen heraus, das neben der Madonna in der Kiste steckte. Dabei ließ er seinen Blick noch einige Sekunden auf dem Antlitz der Muttergottes verweilen. »Gelobt sei der Herr«, murmelte er lächelnd.
    Murats Augen huschten ebenfalls über das unverhüllte Antlitz Marias. »Wie schön sie ist«, murmelte er.
    Â»Ist das

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