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Der Afghane

Der Afghane

Titel: Der Afghane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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und manchmal auf dem Seeweg versuchen, mit Kokain nach Florida und in die benachbarten Staaten zu gelangen.
    Sie kamen aus der untergehenden Sonne in den klaren Abendhimmel, nahmen den Tanker westlich von Bimini ins Visier und machten ihre Maverick-Lenkraketen klar. Auf ihren Displays sahen die Piloten, dass die Smart Bombs ihr Ziel erfasst hatten, und der Tod des Tankers kam mechanisch, präzise und ohne Emotionen.
    Auf einen knappen Befehl des Rottenführers verließen die Mavericks ihre Halterungen unter den Maschinen und folgten ihren Nasen. Zwei Sekunden später trafen zwei Sprengköpfe mit 135 Kilogramm Abscheulichkeit auf den Tanker.
    Aus einer Meile Abstand sah die Crew der Mellon zu, wie die Doña Maria explodierte, und war gebührend beeindruckt. Die Männer spürten die Hitze auf ihren Gesichtern und rochen den stechenden Geruch von brennendem konzentriertem Benzin. Es ging schnell; nichts schwelte danach noch auf dem Wasser. Bug und Heck des Tankers versanken, zwei einzelne Brocken aus geschmolzenem Schrott. Ein Rest des schwereren Dieselöls seiner Maschine flackerte noch fünf Minuten, dann hatte die See alles verschluckt.
    Genau so, wie Ali Aziz al-Khattab es gewollt hatte.
     
    Eine knappe Stunde später wurde dem Präsidenten der Vereinigten Staaten auf einem Staatsbankett eine kurze Nachricht zugeflüstert. Er nickte und wies den Übermittler an, man solle ihm am nächsten Morgen um acht im Oval Office einen umfassenden mündlichen Bericht geben. Dann wandte er sich wieder seiner Suppe zu.
    Um fünf vor acht wurden der CIA-Chef und Marek Gumienny ins Oval Office geführt. Gumienny war schon zweimal in diesem Raum gewesen, aber er war immer noch höllisch beeindruckt. Der Präsident und die anderen fünf Geheimdienstoberen waren anwesend.
    Die Formalitäten waren rasch abgehandelt. Marek Gumienny wurde aufgefordert, über Fortgang und Beendigung einer langwierigen Antiterror-Operation namens Crowbar zu berichten.
    Er fasste sich kurz; er wusste, dass der Mann, der vor dem runden Fenster zum Rosengarten mit den dicken, kugelsicheren Scheiben saß, lange Erklärungen hasste. Die Faustregel lautete: »Fünfzehn Minuten und Klappe.« Marek Gumienny komprimierte die komplexen Vorgänge von Crowbar auf zwölf.
    Als er fertig war, herrschte Stille.
    »Der Tipp von den Briten war also richtig?«, fragte der Vizepräsident.
    »Ja, Sir. Ihr bei al-Qaida eingeschleuster Agent, ein sehr tapferer Offizier, den kennen zu lernen ich im letzten Herbst die Ehre hatte, muss wohl als verloren betrachtet werden. Andernfalls hätte er inzwischen ein Lebenszeichen geschickt. Aber er hat seine Nachricht hinausgeschmuggelt. Die Terrorwaffe war tatsächlich ein Schiff.«
    »Ich hatte keine Ahnung, dass solche gefährlichen Frachten tagtäglich in der Welt herumgefahren werden«, sagte die Außenministerin staunend.
    »Ich auch nicht«, sagte der Präsident. »Und was raten Sie mir jetzt in Bezug auf das G8-Treffen?«
    Der Verteidigungsminister warf dem Geheimdienstkoordinator einen Blick zu und nickte. Offensichtlich hatten sie vereinbart, grünes Licht zu geben.
    »Mr. President, wir haben allen Grund zu der Annahme, dass die terroristische Bedrohung gegen unser Land, speziell gegen Miami, gestern Abend abgewendet wurde. Die Gefahr ist vorüber. Was das G8-Treffen angeht, so werden Sie während der gesamten Konferenz unter dem Schutz der US-Marine stehen, und die Marine hat ihr Wort gegeben, dass Ihnen nichts geschehen wird. Wir raten Ihnen deshalb: Gehen Sie ganz unbesorgt zu Ihrem Treffen.«
    »Na, dann werde ich das auch tun«, sagte der Präsident der Vereinigten Staaten.
     

SIEBZEHN
    David Gundlach schätzte, dass er den besten Job der Welt hatte. Den zweitbesten auf jeden Fall. Den vierten goldenen Streifen am Ärmel und auf der Epaulette zu haben und Kapitän des Schiffs zu sein wäre noch besser, aber er war auch glücklich und zufrieden als Erster Offizier.
    An einem Abend im April stand er im Steuerbordflügel der riesigen Brücke und sah hinunter auf das Menschengewimmel sechzig Meter unter ihm auf dem Kai des neuen Brooklyn Terminal. Brooklyn überragte ihn nicht; aus der Höhe eines dreiundzwanzigstöckigen Gebäudes schaute er auf den größten Teil hinunter.
    Pier zwölf am Buttermilk Channel, der an diesem Abend eröffnet wurde, war kein kleiner Liegeplatz, aber dieses Passagierschiff füllte ihn ganz aus: Mit 345 Metern Länge, 41 Metern Breite und 10 Metern Tiefgang – dafür hatte die Fahrrinne

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