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Der Afghane

Der Afghane

Titel: Der Afghane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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schwiegen.
    Da die gesamte Besatzung sich von Konserven ernährte, bemerkte niemand, dass ein Kochmesser mit einer achtzehn Zentimeter langen Klinge aus der Kombüse verschwunden war.
    Wenn er unbeobachtet war, schliff Martin seine Klinge mit dem Schleifstein aus der Messerschublade in aller Stille rasiermesserscharf. Er überlegte, ob er im Dunkel der Nacht über die Heckreling klettern und das Beiboot aufschlitzen sollte, aber dann verwarf er diese Idee.
    Er gehörte zu den vier Mann, die in Kojen im Vorderkastell vorn im Bug schliefen. Immer stand ein Mann am Steuer, und gleich daneben war die Stelle, wo man sich über das Heck hätte abseilen können. Der Funker verließ seine winzige Kajüte hinter der Brücke so gut wie nie, und der Ingenieur war immer im Maschinenraum unter der Brücke am Heck. Jeder von ihnen konnte den Kopf herausstrecken und ihn sehen.
    Und der Schaden würde entdeckt werden. Man würde sofort wissen, dass ein Saboteur an Bord war. Der Verlust des Bootes wäre ein Rückschlag, aber er würde die Mission nicht gefährden. Martin verwarf den Gedanken, band sich jedoch das in einen Lappen gewickelte Messer an den Leib und bewahrte es am Kreuz auf. Jedes Mal, wenn er auf der Brücke am Steuer stand, versuchte er herauszufinden, welchen Hafen sie ansteuerten und was sich in den Containern verbarg, damit er es vielleicht zerstören könnte. Aber auf seine Fragen fand er keine Antwort, und die Countess blieb weiter auf Kurs Nord-Nordwest.
     
    Die globale Suche verlagerte und verengte sich. Alle Giganten der Weltmeere, alle Tanker und alle Gasschiffe waren überprüft und für unbedenklich befunden worden. Alle ihre ID-Transponder sendeten ordnungsgemäß, alle Schiffe befanden sich auf dem angemeldeten Kurs, und dreitausend Kapitäne hatten per Sprechfunk mit ihren Reedereien und Agenten gesprochen und private Details über Herkunft und Geburt übermittelt, bei denen, selbst wenn sie bedroht wurden, kein Hijacker wissen konnte, ob sie logen oder nicht.
    Die Marine, die Marineinfanterie und die Küstenwache der USA arbeiteten ohne Urlaub und Freizeit an den Grenzen ihrer Möglichkeiten; sie enterten und eskortierten jedes Frachtschiff, das in einen größeren Hafen einlaufen wollte. Das schaffte ökonomische Ungelegenheiten, aber nichts, was der größten Ökonomie der Welt wirklichen Schaden zufügen konnte.
    Nach dem Tipp aus Ipswich wurden Geschichte und Besitzverhältnisse der Java Star eingehend unter die Lupe genommen. Weil ihre Reederei klein war, verbarg sie sich hinter einer Scheinfirma unter dem Dach einer Bank, die sich als Messingschild in irgendeinem fernöstlichen Steuerparadies erwies. Die Raffinerie in Borneo, aus der die Ladung stammte, war legal, aber sie wusste wenig über das Schiff. Die Werft wurde ermittelt – die Java Star hatte in ihrem Leben sechs Eigner gehabt –, und sie machte die Baupläne zugänglich. Ein Schwesterschiff wurde gefunden, über das Amerikaner mit Maßbändern herfielen. Computergrafik-Programme lieferten ein genaues Abbild der Java Star, aber nicht das Schiff selbst.
    Die Regierung des Landes, unter dessen Billigflagge sie fuhr, als sie zuletzt gesehen worden war, bekam eindrucksvollen Besuch. Doch es war eine indonesische Atoll-Republik, und die Kontrolleure hatten sich bald davon überzeugt, dass der Gastanker noch nie hier gewesen war.
    Die westliche Welt brauchte die Antwort auf drei Fragen: War sie wirklich untergegangen? Wenn nicht, wo war sie jetzt? Und wie lautete ihr neuer Name? Die KH-11-Satelliten wurden angewiesen, ihre Suche einzuschränken auf alles, was Ähnlichkeit mit der Java Star hatte.
     
    In der ersten Aprilwoche wurde die Gemeinschaftsoperation in der schottischen Edzell Air Base geschlossen. Ihre Mitarbeiter konnten jetzt nichts mehr tun, was die großen westlichen Nachrichtendienste nicht sehr viel effizienter tun konnten.
    Michael McDonald kehrte erleichtert in sein heimatliches Washington zurück. An der Suche nach dem Geisterschiff arbeitete er weiter mit, aber jetzt von Langley aus. Unter anderem begann die CIA, jeden Gefangenen in ihren geheimen Inhaftierungslagern, der vor seiner Ergreifung vielleicht etwas von einem Projekt namens al-Isra hatte raunen hören, noch einmal zu verhören. Und sie zapften jede ihrer Quellen in der Schattenwelt des islamistischen Terrorismus an. Aber niemand hatte etwas zu sagen. Das Wort von der großen Reise durch die Nacht zur Erleuchtung war anscheinend geboren und gestorben mit einem

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