Der Agent
bewußtlos unter einem Balken lag.
Bill richtete sich rasch auf. Er hatte nicht die Absicht, einem geschenkten Gaul ins Maul zu schauen. Er nahm sein Schwert wieder in die rechte Hand, drehte sich um und rannte auf die Tür am anderen Ende des Lagerhauses zu, durch die Knochenbrecher hereingekommen war. Diese Tür, sichtbar durch das Tageslicht, das ringsum durch die Türritze schimmerte, war keine sieben Meter von ihm entfernt. Bill brauchte nur drei große Laufschritte, um aus dem engen Gang auf den kleinen Vorplatz vor der Tür zu gelangen, aber er nahm gerade noch rechtzeitig aus dem Augenwinkel heraus das Aufblitzen von Stahl wahr, der auf ihn herabsauste.
Bill sprang zur Seite und hob instinktiv sein eigenes Schwert. Im gleichen Augenblick wurde es ihm auch schon aus der Hand geschlagen und gegen die Wand geschleudert. Etwas ungeheuer Hartes traf ihn seitlich am Kopf, und er taumelte rückwärts, bis er an die Wand stieß und diese ihn davor bewahrte, hinzufallen.
Blut strömte ihm über das Gesicht und machte ihn halb blind. Automatisch klaubte er sein Schwert vom Boden auf und hob den Kopf, um seinem Angreifer gegenüberzutreten. Alles drehte sich leicht um ihn, aber dann brachte ihn der Anblick, der sich ihm nun im schwachen Lichtschein, der durch die Türritzen fiel, darbot, unversehens wieder zu sich.
Vor ihm, mit Knochenbrechers großem Schwert bewaffnet, das jetzt ungefährlich von seiner gefesselten Hand herabbaumelte, hing halb in der Luft Mula-ays gelbgewandete Gestalt. Aber Mula-ay griff weder an noch gab er überhaupt irgendeinen Laut von sich – und das aus einem sehr guten Grund.
Um seine Mitte, einen Arm an seine Seite klemmend und das Handgelenk seines anderen, schwertführenden Arms umschließend, lag ein schwarzhaariger Unterarm von der Dicke eines Hauptwasserrohrs. Ein zweiter schwarzbehaarter Unterarm hielt den dicken Hals des Hemnoiden in einem Würgegriff umklammert, und über diesem Würgegriff traten Mula-ay die Augen aus dem Kopf, und sein Mund schnappte nach Luft. Und über Mula-ays Kopf lächelte grimmig vergnügt das runde Gesicht von Mehr Marmelade.
Sekundenlang starrte Bill fassungslos auf das Bild, das sich ihm bot. Er hätte nie geglaubt, daß irgendein Dilbianer auf diesem Planeten imstande sein könnte, Mula-ay nicht nur zu überwältigen, sondern ihn dabei auch noch von den Füßen zu heben. Wenn Mehr Marmelade immer noch zu einem solchen Kraftakt fähig war, wie mochte er dann wohl in den Tagen seiner Jugend als Meisterringer gewesen sein?
Aber Bill konnte sich nicht erlauben, diesen Anblick noch länger zu genießen. Das Gebäude schwankte jetzt rings um ihn wie ein Schiff auf hoher See, und seine Kräfte begannen ihn zu verlassen. Aber er mußte es um jeden Preis schaffen, durch die Tür ins Freie zu gelangen.
Er wandte sich ab und taumelte zur Tür. Um sie aufzubekommen, mußte er seinen Schild fallen lassen. Aber sein Schwert hielt er fest umklammert, als er die Stufen hinunterwankte, hinaus in das blendend helle Sonnenlicht und mitten hinein in einen Kreis von dunklen, haarigen Gesichtern, die zu tanzen schienen und vor seinen Augen verschwammen.
Die aufsteigenden Hochrufe hörte er kaum noch. Plötzlich drehte sich die Erde, die Menge der Zuschauer und der Himmel mit der Sonne um ihn wie ein Kreisel, und er fiel in tiefste Dunkelheit.
Irgendwann, eine unbestimmte Zeit später, tauchte er kurz aus der Dunkelheit wieder auf. Er lag auf einem Bett und sah weiße Zimmerwände vor sich, die vor seinem verschwommenen Blick flimmerten und abwechselnd näherzukommen und zurückzuweichen schienen. Ein Gesicht schob sich in sein Blickfeld. Es war das Gesicht von Anita, und Bill fand, daß es das schönste Gesicht war, das er je gesehen hatte. Aber auch das Gesicht flimmerte und wackelte vor seinen Augen.
Etwas Kaltes und Nasses berührte seine Stirn. Anita schien ihm mit einem feuchten Lappen abzutupfen.
„Ist dies ein Hospitalschiff?“ krächzte er heiser.
„Bestimmt nicht!“ antwortete Anita, und ihre Stimme klang ganz seltsam und halberstickt. „Sie sind wieder in der Residenz. Sie brauchen kein Hospitalschiff. Ihnen fehlt nichts, das ich nicht behandeln könnte. Ich habe ein Diplom in ärztlicher Hilfe.“
Bill blickte sie erstaunt an. „Gibt es irgend etwas, das Sie nicht haben?“ erkundigte er sich.
Zu seiner Überraschung brach sie in Tränen aus. „Ach, halten Sie doch Ihren Mund!“ sagte sie, warf den Lappen, oder was immer sie in der Hand
Weitere Kostenlose Bücher