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Der Alchimist von Krumau

Der Alchimist von Krumau

Titel: Der Alchimist von Krumau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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getreten, für einen Moment sah sie still auf die Stadt hinab. Grau schäumte die Moldau durch ihr gewundenes Flussbett, winzig wie ein Rinnsal aus dieser Höhe. Eine Schar plumper schwarzer Vögel flog über die Dächer hinweg, und erschauernd dachte sie daran, was Flor ihr unlängst von jenem »alten Drachen« in Hezilows Halle berichtet hatte.
    »Der Kaiser vermacht Hezilow ein Rittergut vor den Toren Prags«, sagte sie, ohne sich zu ihm umzuwenden. »Er lädt den Puppenmacher mit herzlichen Worten ein, sein Werk dort zu vollenden, besser noch in den Laboren der kaiserlich-alchimistischen Akademie zu Prag.«
    Der abgemagerte Mann in ihrem Rücken atmete tief ein und wieder aus. Als Markéta sich zu ihm umdrehte, sah sie eben noch den Schrecken in seinem Gesicht, das gleich darauf wieder undurchdringlich wurde.
    »Damit hat natürlich jeder gerechnet«, sagte er,
    »ausgenommen Julius, der die väterliche Majestät für einen edlen Ritter hält.«
    »Aber es ist Betrug!«, ereiferte sie sich. »Ohne Julius hätt Hezilow überhaupt nichts erreichen können, und zum Dank zieht sein Vater den Magister nach Prag?«
    »Erlaubt mir eine Gegenfrage«, sagte er, die Arme vor der Brust verschränkend. »Wie viele Personen sind im Burgspital gestorben, während ich in Fieberträumen lag? Breuner allein oder weitere mit ihm?«
    »Fünf, soweit ich weiß. Der Haushofmeister und vier junge Leute aus der Stadt, Kinder fast noch.«
    »Fünf Tote also? Und wodurch wurden diese jungen Leute dahingerafft – etwa auch durch das Fieber, das mich in seinen Krallen hält und dem armen Breuner die Brust zerrissen hat?«
    Er hielt inne und sah forschend zu ihr auf. Der Wortwechsel schien ihn zu beleben, aber hinter seiner Munterkeit spürte sie bleierne Melancholie.
    »Ihr zuckt mit den Schultern, Madame? Vermutlich hattet Ihr keine Gelegenheit, auch nur einen dieser Leichname anzusehen? Und argwöhnt gleichwohl – oder gerade deshalb –, dass es mit diesen unseligen Toten eine ähnliche Bewandtnis haben könnte wie mit dem armen Tropf, den Ihr drunten in der heißen Quelle fandet? Und nun verratet mir aber bitte eins noch, Madame Markéta: Müsstet Ihr unter diesen makabren Umständen nicht froh und dankbar sein, wenn der Lumpenteufel, wie Ihr ihn so trefflich nanntet, uns endlich verlässt und sich eine andere Wirkungsstätte sucht?«
    Jetzt erst bemerkte sie, dass auch sie die Arme vor ihrer Brust verschränkt hatte, so als ob sie beide sich gegen eine unsichtbare Bedrohung wappnen wollten. »Das stimmt schon – einerseits, Monsieur«, gab sie zurück. »Wenn Julius erkennen würde, dass er Hezilow loswerden muss, wenn ich ihn überzeugen könnte und wir uns so den Kerl vom Hals schaffen würden – ich würd singen vor Freude, Maître d’Alembert.«
    Mit raschen Schritten trat sie nun zu ihm, sodass er den Kopf zurücklegen musste, um ihr weiter ins Gesicht zu sehen. »Aber so, cher maître? Wenn der Puppenmacher auf diese Weise ginge – es wär ja viel ärger, als wenn er noch eine Weile bei uns bliebe: bis wir selbst die Kraft aufbringen, ihn aus dem Tor zu werfen, oder meinetwegen auch zu den Bären. Alles, alles, Maître, bloß nicht so: durch ein Verräterbündnis mit der väterlichen Majestät!«
    D’Alembert schien diese Worte eine Weile lang zu bedenken, oder vielleicht kräftigte er sich auch durch einen kurzen Schlummer; jedenfalls sank sein Kopf auf die Brust, und für einige Minuten blieben sie beide still.
    »Ich gebe Euch Recht, Madame«, sagte der Maître schließlich, indem er aufs Neue zu Markéta aufsah. »Für unseren Freund und Schützling wäre es eine schreckliche Niederlage, wenn Hezilow jetzt auf und davon ginge, weil der Kaiser ihm mehr verspricht – Ruhm, Reichtum, Macht –, als Julius ihm jemals bieten kann.« Er tastete nach dem Stöckchen und befingerte es ein wenig, konnte sich aber offenbar nicht entschließen, es in die Hand zu nehmen. »Woraus sich nun leider mit Leichtigkeit folgern lässt, dass Julius alles Erdenkliche unternehmen wird, um Hezilows Verrat zu unterbinden. Dass er ihm die Urkunde vorenthält, sollte uns also nicht überraschen, doch damit allein kann er natürlich nicht verhindern, dass ihm der Puppenmacher in Richtung Prag davonläuft. Also wird bald schon ein zweiter Streich folgen. Habt Ihr eine Ahnung, Madame, worin dieser Streich bestehen wird?«
    Erschöpft ließ sich Markéta neben ihm aufs Sofa sinken. »Ich hatte gehofft, dass Ihr diese Frage beantworten könntet,

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