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Der Alchimist von Krumau

Der Alchimist von Krumau

Titel: Der Alchimist von Krumau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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schwimmenden Menschlein sehen müssen, die allesamt Fabrios Züge trugen. Seine kohleschwarzen Augen, die scharf geschnittene Nase, der lächelnde Brombeermund – das geliebte, nie geküsste Antlitz, zu hundert- tausend Fischgesichtern zugleich vervielfacht und eingeschrumpft. Gewaltsam riss er sich aus dem Traumsee heraus. Von Breuner hatte sich in die Obhut des gräflichen Medikus begeben, während er selbst sich geweigert hatte, sein persönliches Schlafgemach gegen den Hospizsaal am untersten Burghof zu vertauschen. Auf seinen Befehl hin hatte Pavel die Medizin regelmäßig weggeschüttet, die Kasimir ihm schicken ließ, und ihm stattdessen das Spezifikum eingeträufelt, das Markéta ihm eines Tages mitgebracht hatte, mit den besten Genesungswünschen von Sigmund Pichler.
    Bin ich nur deshalb immerhin noch am Leben, mon vieil ami, während du sechs Fuß tief vergraben liegst? Und konntet Ihr oder der Bader die Leiche beschauen, Madame? Hat der Körper des armen von Breuner wie damals der Leichnam des falschen Homunkel ausgesehen: kochendrot, gedunsen, aufgeplatzt? Er wagte es nicht zu fragen, kaum mehr des finsteren Paters wegen, der sie im obersten Burghof verlassen hatte, sondern aus Angst, dass Markéta seine Fragen bejahen würde.
    »Ihr glaubt gar nicht, wie froh ich bin, Euch wieder auf den Beinen zu sehn, Maître«, sagte sie nun. »Wenn ich mich rasch mit Euch bereden könnt? Nur auf ein paar Worte, die Angelegenheit drängt.«
    »Und mich drängt es zurück auf mein Lager, verzeiht, Madame«, sagte er mit Mühe. Das ungewohnte Treppensteigen nahm ihm den Atem. »In zwei Stunden werde ich Euch gerne in meinem Salon empfangen.«
    »Dann um Glockenschlag drei, Maître, ich bin sehr in Sorge – nicht mehr um Euch, Gott sei Dank, aber …«
    Sie schlug sich die flache Hand vor den Mund. Für einen Moment sah d’Alembert in ihre grünen Augen, die vor Tränen glitzerten, dann wandte sie sich ab und lief in Richtung der Frauengemächer davon.

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    »Hezilow glaubt, dass die kaiserliche Urkunde immer noch nicht eingetroffen wär«, sagte Markéta, »heut früh erst hab ich selbst gehört, wie Julius ihm gegenüber ganz empört getan hat. ›Gleich schick ich einen Boten‹, hat er ausgerufen, ›keine Bange, Magister, in drei Tagen allerärgstens seid Ihr Ritter von Böhmen.‹ Und dabei ist vorgestern schon ein Bote mit dem Dokument gekommen«, fuhr sie fort.
     
    »Die Gardisten haben ihn abgefangen und Julius die kaiserliche Schatulle übergeben, Maître, ich hab’s mit eigenen Augen gesehn.«
    »Und der Kurier?«, fragte d’Alembert, der sich mit offenbarer Mühe auf seinem Sofa aufrecht hielt.
    Fast bereute sie’s schon wieder, ihn mit so erschreckenden Neuigkeiten zu behelligen, aber es ging nicht anders. Zumindest würde sie ihm das Grässliche so schonend wie irgend möglich beibringen. »Der Bote ist im Turm«, sagte sie.
    »Beim Sternengucker?«
    »Gott bewahre, Monsieur! Von Sargenfalt – na ja …«
    »Sein Geist ist immer noch verwirrt?«
    Ein Schauder überlief sie. »Seine Seele«, sagte sie leise, »ich glaub, sie ist bis heute nicht von dort zurückgekehrt, aus der Nebelwelt.«
    »Und der Bote also? Nun sprecht doch, Madame!« Er machte Anstalten, sich aus den tiefen Polstern seines Sofas hervorzuarbeiten.
    »Bitte bleibt sitzen, Maître, Ihr müsst Euch schonen. Nicht, dass Ihr einen Rückfall erleidet, schon der Gang zum Gottesacker war anstrengender, als Euch in Euerm Zustand gut tun kann.«
    »Hört mich an, Markéta.« D’Alembert ließ sich in seinen Sitz zurücksinken. Neben ihm lag das weiße Stöckchen, und Markéta ertappte sich bei dem Wunsch, dass er es in die Hand nehmen und wie in besseren Zeiten durch die Luft wirbeln möge. »Es ehrt Euch sehr, dass Ihr mich schonen wollt, aber wie Ihr selbst vorhin bemerktet: Für derlei bleibt uns keine Zeit. Also sprecht ohne Umschweife, wie sie vor einem Narren oder Knaben angezeigt wären.«
    Sie errötete ein wenig und ging mit einer Handbewegung darüber hinweg. »Verzeiht, Maître. Der kaiserliche Bote sitzt im Hungerturm, im selben Käfig, in den Julius damals Flor einsperren ließ. Die Schatulle enthielt einen Brief mit gewaltigem Löwensiegel, ich selbst war dabei, als Julius es aufbrach, die Urkunde überflog und mit einem Fluch zu Boden warf.«
    »Der Ritterschlag«, murmelte d’Alembert. »Und warum, glaubt Ihr, freut’s ihn nicht, dass der Magister nun ungesäumt ans Werk muss?«
    Markéta war ans Fenster

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