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Der Alchimist von Krumau

Der Alchimist von Krumau

Titel: Der Alchimist von Krumau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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einzigen Menschen wahrscheinlich, dem die einsame Majestät überhaupt noch über den Weg traute.
    »Gebratenen Kapaun, was sonst«, gab Julius zurück, »mit Kastanien aus Chiavenna angestopft. Und dazu Burgunder und rote Trauben, und bring Marzipan – aber das gute, aus Siena, hörst du, nicht wieder so ein griesiges Imitat! Sag dem Maître, dass ich seine Schliche durchschaue – allesamt und immer schon! Oder nein, Robert, das sag ich ihm besser selbst.«
    Wenn ich es wage. Auf einmal wurde ihm flau. Auch das geschlachtete Mariandl fiel ihm gleich wieder ein, ihr Blut an seinen Händen, die ruchlose Intrige, durch die er aus dem Hradschin gedrängt worden war. Aber wenn die väterliche Majestät erst erkennt, was ihr verstoßener Sohn alles vermag, sagte sich Julius, muss sie die Verbannung im Handumdrehen aufheben. Und wer auch immer mir das Mariandl untergeschoben hat, wird grässlich dafür büßen.
    Er stülpte die Lippen vor und reichte Robert den Nachttopf.
    »Ah, noch eins: Erinnere Madame Markéta, dass ich mit ihr zu frühstücken wünsche, hier in meinem Schlafgemach! Und von Breuner soll uns auftischen, die Maid wird Augen machen!«
    Während Julius in sein Bett zurückklomm, begann seine Stimmung bereits wieder zu steigen. Markéta! Wenn er nur an sie dachte, drängte es ihn schon zu lächeln, dabei hätte er gar nicht sagen können, was er an der Badersmaid so erheiternd fand. Wie sehr sie stets auf ihre Würde bedacht war, na, das war in der Tat recht komisch. Oder nein, an andern Weibern hätte er’s lachhaft gefunden, wenn sie Brüstchen und Ehre vor ihm zu verwahren suchten, aber bei Madame Markéta Pichlerová …
    Er warf sich rücklings in die gräflichen Kissen und musste auf einmal grinsen, als er sich in Erinnerung rief, wie sie ihn gestern angesehen hatte: die Augen funkelnd, die Wangen gerötet, aber so, als ob sie selbst sich ihrer Empörung keineswegs sicher wäre. Und trotzdem schüchterte sie ihn manchmal geradezu ein! Ei, wie denn das? Obwohl Euer Gebaren ganz und gar unzimperlich ist, Madame, flößt Ihr mir auf geheimnisvolle Weise den Wunsch ein, mich moralisch zu bessern. Ha! Ganz anders als Johanna von Waldstein, deren gesteifte Würde und totenäugige Kühle ihn stets nur reizten, die ewig Verlobte zu kränken, durch Nichtachtung oder offene Niedertracht, je nachdem.
    Auch wenn die Pfaffen mich längst zu immerwährendem Schmachten in der Hölle verdonnert haben, bin doch auch ich zu höheren Regungen fähig, zumindest in Markétas Gegenwart. Das Sujet begann ihn zu verdrießen, er schob eine Hand unter sein Hemd und bohrte missmutig in seinem Nabel. Wie dieser Flor wohl die Nacht verbracht hatte? Eigentlich hatte er den Geschaffenen, Rolfie, Flor oder wie er letzten Endes heißen mochte, wieder in den Karzer sperren lassen wollen, aber Markéta hatte sich für ihn eingesetzt wie eine Löwin für ihr Junges: »Wenn in Eurer Brust ein menschliches Herz schlägt, Exzellenz, dann gebt Flor frei!« So, mit genau diesen Worten, mit blitzenden Augen und vor zornigem Eifer geröteten Wangen, hatte Markéta sich für den Nabellosen ins Zeug gelegt, gestern Mittag, als sie aus dem laboratorischen Gewölbe wieder emporgestiegen waren. »Er hat keinem was zuleide getan – im Gegenteil, seht ihn Euch doch an: Der arme Bursche muss Furchtbares erlebt haben! Und überlasst ihn um Himmels willen nicht Hezilow.«
    Zu seiner eigenen Überraschung hatte Julius zugestimmt, mit wegwerfendem Lachen: »Ihr sollt Euren Willen haben, Madame, der Nabellose kann sich frei zwischen den Burgmauern bewegen – unter einer Bedingung!«
    Ihre Augen hatten Funken gesprüht, und dazu war sie bis in die Stirn hinauf errötet. »Was für eine Bedingung – Exzellenz?«
    »Dass Ihr morgen früh mit mir speist, Madame.«
    »Wenns weiter nichts ist!«
    Wie arglos die Badersmaid eingewilligt hatte, dachte Julius nun, die Hände hinter dem Kopf verschränkend, während die Tür aufsprang und von Breuner an der Spitze eines halben Dutzends blau geschürzter Kuchelmägde ins gräfliche Schlafgemach stolzierte.
    »Die angewiesenen Speisen, Euer Liebden.« In seinen Händen trug der hagere Haushofmeister ein gewaltiges Silbertablett mit krummen Eisenbeinen, darauf zwei Teller mit dem gräflichen Wappen, nebst Leinenservietten, Kristallkelchen und einer Schale dampfend heißen Wassers. Er trat vors Bett, verbeugte sich und setzte das Tischlein neben Julius auf die Matratze, wobei sich seine Wangen blähten, als ob er

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