Der Alchimist von Krumau
einen Hustenreiz verbisse. Dann wich er zur Seite und beaufsichtigte die Kuchelmaiden, die nacheinander gefüllten Kapaun und weißes Brot, Saucen und Burgunder, Trauben und Marzipan servierten.
»Ausgezeichnet«, sagte Julius, mit einer Hand nach der jüngsten Kuchelmagd haschend, »Madame Markéta möge eintreten!«
Von der Tür her erklang ein Hüsteln. »Halten zu Gnaden, noch einen Augenblick, Exzellenz.«
»Was soll das heißen, Robert?«
»Nun, der Maître sucht nach Madame …«
»Und der Nabellose?« Julius setzte sich so heftig in den Kissen auf, dass die Sauce aus der Schüssel schwappte.
»Anscheinend hat er im Frauenzimmer übernachtet, und nun ist er mit Madame Markéta …«
»Kein Wort mehr!« Julius knirschte mit den Zähnen. Seine Hände fuhren durch die Luft wie von der Leine seines Willens losgerissene Tiere, aber die Kuchelmägde hatten sich allesamt schon in Sicherheit gebracht. Nur von Breuner stand noch neben dem Bett, die Arme angewinkelt, als ob er noch immer ein Tablett vor sich hertrüge.
»Raus mit euch!«, schrie Julius. »Schafft mir Markéta herbei – auf der Stelle! Und den Nabellosen werft in den Turm, bei Wasser und Brot, ich befehl’s!«
»Und ich fleh Euch an, Don Julius – haltet Euer Versprechen, wie ich das meine halte, hier bin ich ja!« Mit diesen Worten erschien tatsächlich die Badersmaid in der Tür.
Augenblicklich begann Julius’ Zorn zu verrauchen. »Tretet näher, Madame«, sagte er, »alles ist bereit für Euch. – Und ihr schert euch endlich zum Teufel!«, herrschte er von Breuner und Robert an, die noch immer wie Skulpturen neben seinem Bett verharrten.
Die beiden eilten davon und rannten dabei fast den Maître über den Haufen, der eben hatte eintreten wollen. Dann schlug die Tür zu, und Julius war endlich mit Markéta allein.
»Komm her«, sagte er und sah sie aufmerksam an. »Du hast mich warten lassen. Na komm schon, setz dich zu mir.«
Er klopfte zu seiner Rechten auf die Matratze, dass der Kapaun ins Schaukeln geriet, doch Markéta rührte sich nicht von der Stelle. Sie stand mitten im Schlafgemach und hatte einmal mehr ihre störrische Miene aufgesetzt. Außerdem trug sie wieder das hellbraune, hochgeschlossene Kleid, dabei hatte er strengstens befohlen, ihr diesmal das burgunderrote umzuschnüren, dessen Ausschnitt fast bis zum Nabel reichte. Apropos Nabel – »du hast diesen Flor im Weiberflügel nächtigen lassen?« Seine Unterlippe zuckte. »Wo hat der Nabellose die Nacht verbracht – etwa an Eurem Busen, Madame? – So tretet endlich näher und steht nicht herum wie ein neuspanisches Idol!«
»Er … er muss in der Frühe hinausgeschlichen sein.« Sie sprach stockend wie jemand, der sorgsam seine Worte wählt.
»Es stimmt, dass ich ihn mit zu … mir genommen hab, Herr, aber er wollte vorn im Empfangsraum schlafen, und als ich heute früh … aufgestanden bin, da war er fort. Aber Flor ist bestimmt nicht aus der Burg geflohen«, setzte sie rascher hinzu, als Julius die Stirn runzelte, »ich glaub, er erträgt’s einfach nicht lange, hinter geschlossenen Türen zu sein.«
So ähnlich wie du, dachte er, nach ihren nackten Zehen spähend, die unter dem Kleidsaum hervorlugten. »Und da hast du ihn also gesucht?«
Sie senkte den Kopf, aber nur ein wenig. »So ist es, Exzellenz. Ich bin durch alle Höfe gelaufen und hab immer wieder seinen Namen gerufen, bis ich dann hörte, wie der Maître seinerseits nach mir geschrien hat. Da bin ich gleich zu Euch geeilt, um mein Versprechen einzuhalten …«
»Nur aus diesem Grund?«, fragte er und musste schon wieder lächeln über die treuherzige Art, in der sie vor ihm Rechenschaft ablegte.
»Aus welchem Grund denn sonst?« Sie sah ihm noch immer mit einem Ausdruck wohlanständiger Empörung ins Gesicht. Doch zumindest kam sie nun näher und setzte sich sogar an den Rand seines Bettes, so allerdings, dass das Tablett voller Köstlichkeiten zwischen ihnen blieb.
»Zum Beispiel, um deinen Appetit zu stillen?«, fragte er und sah mit wachsender Heiterkeit, dass sie wieder errötete, ganz so, als hätte auch sie bei diesen Worten nicht nur an Kapaun mit Kastanien gedacht. Mit Daumen und Zeigefinger zwickte er einen Happen von dem knusprigen Braten ab und hielt ihn kurz unter Markétas Nase, dann schob er ihr den Bissen mitsamt seinem Finger in den Mund.
Für einen winzigen Moment fühlte Julius ihre Zunge, die über seine Fingerkuppe fuhr. Dann schnappten ihre Zähne zu, so kräftig und rasch,
Weitere Kostenlose Bücher