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Der Alchimist von Krumau

Der Alchimist von Krumau

Titel: Der Alchimist von Krumau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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keinen Moment lang aus den Augen. »Sie sind heute früh eingetroffen und auf Befehl des Grafen eingelassen worden.«
    Ein Schauer lief Markéta zwischen den Schulterblättern hinab. Vor ihrem geistigen Auge sah sie die wirrbärtigen Gesellen in dunklen Lumpen, die seit Wochen in der Stadt herumlungerten und den kleinen Puppenmacher wie Fliegen umschwärmten.
    »Und seitdem schleichen sie überall in der Burg umher«, fuhr d’Alembert fort, »auf der Suche nach dem Nabellosen. Offenbar hat ihr Meister ihnen befohlen, den Knaben ins Alchimistengewölbe zu schaffen.«
    Markéta wandte sich wieder Julius zu. »Aber Ihr habt mir versprochen, dass ihm kein Leid geschehen soll!« Das Herz zog sich ihr zusammen. Ob er Hezilows Kerlen schon in die Hände gefallen war? Hatte sie Flor deshalb vorhin vergeblich gesucht?
    Julius gab ein verdrießliches Brummen von sich, doch ehe er antworten konnte, hob d’Alembert sein Stöckchen. Mit energischen Schritten trat er ins Zimmer und schloss hinter sich die Tür. »Der Nabellose ist im Moment das geringste unserer Probleme, Excellence.« Er warf Markéta einen abschätzenden Blick zu. »Ihr wisst, was sich vor drei Tagen in Prag ereignet hat, Madame – im Schlafgemach von Don Julius?«
    »Woher soll sie’s wissen, da ich’s ja selbst nicht weiß!«, rief Julius dazwischen. »Niemand weiß es – außer den Mördern und Verschwörern, die mir …«
    Wieder hob d’Alembert sein Stöckchen, und Julius verstummte.
    »Kein Wort mehr, Excellence, ich bitte Euch.«
    Da stieg eine wilde Wut in Markéta auf, Mitgefühl mit Julius, doch mehr noch Zorn auf d’Alembert, der seinen Schützling dirigierte wie eine Marionette. »Warum kein Wort«, fuhr sie den Maître an, »Don Julius hat ja grad gesagt …« Vor Schreck biss sie sich auf die Unterlippe, doch dann bemerkte sie, dass Julius sie mit strahlender Miene ansah. »Gar nichts weiß ich«, fuhr sie leiser fort, nun direkt an Julius gewandt, »nur dass Ihr in Prag anscheinend irgendwem im Weg wart. Aber Euer Herr Vater, der Kaiser, wird doch den Verleumdern nicht glauben?« Neuerlich stieg ihr das Blut in die Wangen, während Julius’ Lächeln immer breiter wurde.
    Mit unbewegter Miene sah d’Alembert ihr ins Gesicht.
    »Verübelt mir das offene Wort nicht, Madame: Ich hege allergrößte Zweifel, dass Euer bisheriger Lebensweg Euch befähigt, die in Frage stehenden Ereignisse zu beurteilen.«
    Der Maître war eine Handbreit kleiner als sie, und seinem Schützling reichte er eben bis zur Schulter. Und doch ging von diesem sehnigen kleinen Mann eine so kalte Kraft aus, dass Markéta sich zwingen musste, nicht den Kopf zu senken, wie sie’s eben bei Julius gesehen hatte. »Dann sagt mir, wie Ihr sie beurteilt – ich bitt Euch, Monsieur«, fügte sie hinzu, ohne ihren Blick von d’Alembert abzuwenden.
    In seinem Lächeln schimmerte etwas wie Respekt auf; aber das hatte sie sich wohl nur eingebildet. Der Maître klemmte sein Stöckchen unter den Arm und wandte sich an Julius.
    »Vollkommene Ruhe in Krumau«, sagte er, »ich bin sicher, Ihr wisst, Excellence, wer mir diese beschwörenden Worte gesandt hat. Auch im Namen dieser so selbstlos um Euch besorgten Dame flehe ich Euch an: Unterlasst alles, was den kaiserlichen Zorn noch weiter schüren könnte. Sorgt im Moment vor allem dafür, dass der russische Magister sich peinlichst an die Gesetze von Kaiser und Kirche hält.«
    Julius hockte noch immer im Himmelbett, das fleckige Nachthemd bis über die Knie emporgerutscht. »Hezilow, maître?«, brummte er. »Was hat der denn mit der Prager Kabale zu tun?«
    Der Maître ließ einen melodischen Seufzer erklingen. »Ihr versteht mich schon recht, Excellence: Der Magister mag drunten in den Alchimistengewölben werkeln, wie er will, solange …« Er unterbrach sich und lauschte nach draußen, wo in diesem Moment ein keckernder Schrei ertönte. »Solange«, setzte er aufs Neue an, »durch Hezilows Experimente nur keine Menschenseele zu Schaden kommt. Hört Ihr, Euer Liebden: niemand!«
    »Und hört Ihr das, Maître«, sagte Markéta hastig, ehe d’Alembert weitere Beschwörungen hinzufügen konnte, »diese Schreie – das ist Flor!«
    »Der Nabellose?«
    D’Alembert und Julius riefen es wie aus einem Mund, doch Markéta nickte ihnen nur zu, dabei mit gespannter Aufmerksamkeit zum Fenster hin lauschend.
    »Ké-kéta, hilf!«, meinte sie zu verstehen. »Hi-hilf, Ké-kéta, hilf!«
    »Er ruft nach mir«, sagte sie, »Hezilows Lumpenkerle

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