Der Alchimist von Krumau
Monsieur d’Alembert: Hezilow hat eine Mörderbande um sich versammelt, der jede Schandtat zuzutrauen ist.«
Noch während sie sprach, begannen d’Alemberts Gedanken zu wirbeln: Wie üblich waren all seine Besorgnisse und Pläne nur um Don Julius gekreist; früher oder später, das fürchtete er seit langem, würde es den Kaiserbastard drängen, seine Wild-und Bildwerkkünste nicht mehr nur an Bock oder Färse zu erproben. Als heute Mittag der Angeschossene unter den Kadavern entdeckt wurde, hatte er gleich geargwöhnt, dass Julius den Bogen gespannt haben könnte. Was wäre aber, fragte er sich nun, wenn Markéta Recht hatte und hinter dem scheinbaren Jagdunglück nicht Don Julius steckte, sondern der lumpige Hezilow? Wenn also jener Nicodemus auf Krumau zwar vor Julius in Sicherheit, aber desto schutzloser dem Puppenmacher ausgeliefert wäre? Hatte er selbst nicht vor kurzem noch Hezilow vorgehalten, dass er wegen ähnlicher Frevel einst aus Basel verjagt worden war?
»Euer Mitgefühl ehrt Euch, Madame«, sagte er in gelassenem Tonfall, »aber glaubt mir, Ihr sorgt Euch grundlos: Kasimir von Rosert persönlich, der Medikus des Grafen, kümmert sich im Spital um Euren Schützling. Und im Übrigen hat Don Julius soeben angeordnet, schon morgen früh nach Krumau zurückzufahren.«
»Morgen schon?«, fragte Markéta mit einer Miene, in der Freude und Erstaunen um die Vorherrschaft rangen. »Wollte er nicht bis Mitte der Woche hier bleiben und jeden Tag jagen gehen?«
»Er hat seine Pläne geändert.« D’Alembert tippte mit seinem Stäbchen auf ihren Ellenbogen. »Das geschieht recht häufig«, vertraute er ihr an.
»Sicherlich hat er gute Gründe für seine Entscheidung.« Charles hätte am liebsten aufgelacht, so sehr erheiterte ihn die Empörung, mit der sich Markéta für Don Julius in die Bresche warf.
»Seine Gründe sind immer unwiderlegbar«, stimmte er ihr mit undurchdringlicher Miene zu. »Und diesmal ist sogar besondere Eile geboten.«
»Warum denn das?«
Es war sicherlich nicht gerecht, wie sich d’Alembert sagte, denn Markéta hatte ihm nichts zuleide getan, im Gegenteil, und in der Kunst der Selbstbeherrschung war sie gewiss keine gleichwertige Gegnerin. Aber Charles gönnte sich dennoch die kleine Schwäche: Das Stöckchen unter seinen Arm geklemmt, den Kopf in den Nacken gelegt, stand er vor ihr und weidete sich im Voraus an der Bestürzung, die gleich ihre Züge verzerren würde.
»Damit die Körper nicht verderben, die Don Julius auszuweiden und zu präparieren wünscht.«
Sie lächelte auf ihn herab, arglos – oder funkelte in ihren Augen gar leiser Spott? »Ah, der Hirsch«, sagte sie, »die majestätische Familie, wie Julius es nannte. Er fiebert ihrer Auferstehung schon entgegen.«
Charles verbeugte sich, murmelte einen Gruß und eilte in sein Schlafgemach hinauf. Hatte er den Fehler gemacht, Markéta da Ludanice zu unterschätzen? Wieder einmal kam ihm eine goldene Maxime Bandinellos in den Sinn: »Wenn du den Löwen fürchtest, beißt er dir den Hals durch; missachte ihn, und er verschlingt dich mit Haut und Haar.«
43
Diesmal wird’s gelingen, dachte er, majestätisch würde der weiße Hirsch unter seinen Händen auferstehen. Haut und Gebeine von allen Fleischresten befreien, dann mit Salpeter und Spiritus abreiben, wieder und wieder, memorierte er im Geiste, während sein Blick auf Markéta haftete, die ihm gegenüber in der schaukelnden Kutsche saß, mit geschlossenen Augen neben dem ebenso schläfrigen d’Alembert.
Erbarmungslos hatte Julius angeordnet, um drei Uhr in der Nacht die Kutschen zu beladen, die Pferde anzuschirren, mochte Skraliçek auch zetern oder von Breuner husten und winseln, wies beliebte.
Draußen begann der Himmel eben erst fahl zu werden: die Stunde vor Sonnenaufgang, für ihn seit jeher eine der liebsten Zeiten des Tages. Diesmal werden mir die Bilderwerke nicht wieder unter der Hand verfaulen, dachte er, Hezilow würde ihm eine wirkungsvolle Essenz destillieren: Mondtinktur, Goldwasser oder was immer er gegen die Fäulnis aufbieten könnte. Malum ac putridum corpus esse – böse und faulig ist der Leib. Und apropos Gold, dachte er dann: Der Puppenmacher hatte angekündigt, binnen sieben Tagen vor aller Augen die Goldprobe abzulegen.
Gold, mein allergnädigster Herr! Truhen, Kutschen, Kammern voller Gold, Ströme gesponnenen, gemünzten, getriebenen Goldes – für Euch, nur für Euch, väterliche Majestät! Julius seufzte vor
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