Der Alchimist von Krumau
niemals vor Schmutz oder Gebresten geekelt.
Lisetta hatte unterdessen Wasser erhitzt und schleppte eben einen Eimer voll herein, gefolgt von zwei kräftigen Mägden, die dampfende Kübel trugen. Nicht lange, und der Zuber war mit warmem Wasser wohl gefüllt, über dem die Zofe zuletzt noch aromatische Blüten und Kräuter ausstreute.
»Nun zieh ihm seine Sachen aus und hilf ihm hinein«, sagte Markéta.
Die Zofe errötete flammender denn je und warf einen zaghaften Blick auf Flor, der neben dem Zuber kauerte, in der gleichen starren Haltung wie zuvor.
»So wie du ihn anschaust«, sagte die Baderstochter, »scheinst du dich arg in ihn vergafft zu haben. Aber was Flor im Moment braucht, ist eine unzimperliche Baderin, keine schmachtende Buhlin.«
Da auch ihre absichtlich groben Worte nichts verschlugen, ging Markéta abermals neben Flor in die Knie. Sie murmelte ihm beruhigende Laute zu, währenddessen streifte sie ihm das Hemd vom mageren Leib, hieß ihn sich aufrichten, zog auch seine Hosen herunter und half ihm, ins Bad zu steigen.
Als er im Zuber saß, bis über den nabellosen Bauch ins Wasser eingetaucht, beugte sie sich über ihn hinweg, nahm einen Schwamm vom Wandbrett und reichte ihn Lisetta.
»Das Bad wird ihn müde machen und die schwarzen Säfte in seinem Leib beruhigen. Bring ihn anschließend zu Bett.«
Sie war schon in der Tür, als Lisetta mit dünner Stimme fragte:
»Bitte, in welches Bett, Madame?«
»Er darf die Frauengemächer auf keinen Fall verlassen«, sagte Markéta, »die Salvaguardia muss Tag und Nacht vor unserer Tür Wache stehen. Am besten schläft Flor in meiner Kammer.«
45
Das Spital war im unteren Burghof untergebracht, zwischen Butterhaus und Hungerturm, sinnigerweise, wie sich Markéta sagte. Sie trat unten in die Tür, und ein klammer Geruch schlug ihr entgegen, wie von Leibern, die seit langem keinem Badezuber nahe gekommen waren.
Schon während sie die ausgetretenen Steinstufen hinauflief, hörte sie Stimmen von droben, zwei Männer, die sich murmelnd unterhielten. In Gedanken war sie immer noch bei Flor. Was nur mochte ihm widerfahren sein, während er allein bei Lisetta war? Sie würde sich nur rasch überzeugen, dass Nicodemus, der »falsche Homunkel«, beim gräflichen Medikus in guter Obhut war, und dann gleich wieder zurücklaufen, ins Frauengemach. Wenn Flor sich erst ein wenig beruhigt hatte, würde er auch wieder zu sprechen beginnen, dachte sie, indem sie im oberen Geschoss auf die Plattform trat.
Vor ihr dehnte sich ein schmaler, dämmriger Flur, von dem auf beiden Seiten Türen abgingen. Die leisen Stimmen waren noch immer zu hören, die Sprecher mussten gleich hinter der ersten Tür sein, dachte Markéta und wollte eben anklopfen, als sie hinterm Türblatt ein scharfes Zischen hörte. Sofort drückte sie auf den Riegel und trat ein.
Ein weiter Saal voll weißer Betten, viel größer, als sie erwartet hatte. Der Anblick erschreckte sie, es wirkte beinahe so, als ob sich die Burg für eine Woge von Pestopfern rüstete. Im Gang zwischen den Betten standen die beiden Männer, die eben noch miteinander gemurmelt haben mussten und ihr nun mit verschlossenen Mienen entgegensahen.
»Wie kann ich Euch behilflich sein, Madame?« Die Stimme des bulligen Mannes dröhnte, der gewaltige Rundschädel, auf dem kein einziges Haar spross, besaß die Farbe von Klatschmohn. »Ihr seid hier im gräflichen Spital!«
Sein Ton und seine Miene verrieten, dass er sie am liebsten wieder vor die Tür gesetzt hätte, nur die Vorsicht mahnte ihn offenbar, sich zu bezähmen. Es war derselbe Mann, dachte Markéta, der damals droben im Audienzsaal ausgerufen hatte, Flor sei »ein Kunstmensch aus Rädern und Metall«.
»Und Ihr seid der gräfliche Medikus?«, fragte sie und beobachtete aus den Augenwinkeln, wie der Mann neben ihm eine schmierige schwarze Mütze in den Händen drehte. Tákie?, überlegte sie, Baschek? Oder wie hatte sich der Dritte der Lumpenkerle genannt: Oblion? Der Gestank jedenfalls schien hauptsächlich von diesem schwarzbärtigen Gesellen auszugehen, die Betten dagegen, zehn an jeder Seite des Ganges, waren allesamt leer.
»Allerdings, Madame. Kasimir von Rosert, gräflicher Medikus. Bitte untertänigst um Nachsicht, ich bin sehr beschäftigt, Madame.«
So höflich seine Worte, so abweisend klang noch immer seine Stimme, deren Dröhnen von den Wänden widerhallte.
»Gestattet mir nur eine Frage, Monsieur. Euer Besucher wird Euch gewiss für
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