Der Algebraist
eines
kleinen Dwellers hatte und ähnlich herausgeputzt war. Der Karren
enthielt Kleidung zum Wechseln, einige Kostbarkeiten von eher
sentimentalem Wert und eine Auswahl von kleinen Schnitzereien, die er
aus OxyWolkenBaum-Wurzeln selbst gefertigt hatte. Eine davon, eine
Nachbildung des Blasenhauses, hatte er Nuern gegeben, ein Geschenk
für Jundriance, wenn der aus den Tiefen der
›Langsam‹-Zeit wieder auftauchte.
Nuerns Begeisterung über die kleine Gabe hatte sich stark in
Grenzen gehalten. Oazil behauptete jedoch, Valseirs Haus auf seinen
Wanderfahrten in den letzten fünfzig- bis sechzigtausend Jahren
regelmäßig aufgesucht zu haben. Außerdem sei die
Gastfreundschaft für Wanderer besonders abseits der Städte
eine geheiligte Tradition, deren Missachtung schwere Kudos-Verluste
nach sich ziehe, besonders, wenn andere Gäste Zeuge einer
solchen Kränkung würden.
»Willst du lange bleiben?«, fragte Nuern.
»Ja, was hast du vor?«, wollte auch Livilido wissen.
»Oh nein, ich ziehe morgen wieder weiter«,
beschwichtigte Oazil den jüngeren Dweller. »Das Haus ist
immer noch sehr schön, auch wenn ich natürlich sehr
bedauere, dass mein alter Freund nicht mehr ist. Aber ich roste ein,
wenn ich zu lange an einem Ort bleibe, und obwohl ich Häuser
nicht so beängstigend finde wie Städte, wecken sie doch
eine gewisse Unruhe in mir. Ein Haus kann noch so viele
Annehmlichkeiten bieten und seine Bewohner mögen noch so
freundlich sein, ich kann es jedes Mal kaum erwarten, mich wieder auf
den Weg zu machen.«
Sie befanden sich auf einem der vielen Balkone vor den
Wohnräumen. Ursprünglich hatten sie sich zu Oazils Ehren zu
einem Frühstück im mit Netzen verhangenen Speisezimmer
getroffen. Doch dort hatte sich der alte Dweller von Anfang an unwohl
gefühlt, er war nervös und zappelig gewesen und hatte noch
vor dem Ende des ersten Gangs verlegen und mit weinerlicher Stimme
gefragt, ob er nicht draußen essen dürfe, vielleicht vor
einem Fenster, so dass man die Unterhaltung fortsetzen könne.
Nachdem er auf seinen Wanderungen durch die endlosen Weiten des
Gasriesen Jahrtausende unter freiem Himmel verbracht hatte, litt er
unter einer besonderen Form von Klaustrophobie und ertrug es nur
schwer, sich in geschlossenen Räumen aufhalten zu müssen.
Nuern und Livilido hatten die jüngeren Diener sofort angewiesen,
den Tisch abzuräumen und auf dem nächstgelegenen Balkon
weiter zu servieren.
Alle waren mit nach draußen gegangen. Oazil hatte
zunächst wortreich beteuert, er wolle wahrhaftig niemandem
seinen Willen aufzwingen, doch dann hatte er sich niedergelassen und
mit Appetit gegessen. Und nachdem er einige Aura-Körner und
etwas Timbre-Pulver aus der Narkotika-Kollektion in der Tischmitte
probiert hatte – als Tafelaufsatz diente das Modell einer
kugelförmigen Universitätsstadt –, hatte er sich so
weit entspannt, dass er seine Ansichten zur Herkunft der Dweller zum
Besten geben konnte. Da alle Dweller gerade dieses Thema gern zum
Nachtisch erörterten, gab es im Grunde nichts Originelles dazu
zu sagen, aber es war immerhin Oazils wissenschaftliches
Spezialgebiet gewesen, bevor er die Fesseln des Gelehrtenlebens
abgestreift hatte, um sich auf Wanderschaft durch die
Himmelshöhen zu begeben.
Hatherence hatte den alten Dweller gefragt, ob seine Spezies nach
seiner Meinung von Anfang an schmerzunempfindlich gewesen sei, oder
ob man ihr diese Fähigkeit abgezüchtet hätte.
»Ach! Wenn wir das wüssten! Ich bin Ihnen für die
Frage sehr dankbar, denn wenn wir die Bedeutung unserer Spezies in
diesem Universum ergründen wollen, ist sie von
größter Wichtigkeit…«
Fassin hatte es sich genau gegenüber dem alten Wanderer in
einer gepolsterten Sitzgrube bequem gemacht und ertappte sich dabei,
wie seine Gedanken abschweiften. Das passierte ihm in letzter Zeit
häufig. Seit er die Nachricht von der Zerstörung des
Winterhauses erhalten hatte, waren etwa ein Dutzend Nasqueron-Tage
vergangen. Er hatte sich fast die ganze Zeit in den verschiedenen
Bibliotheken vergraben und nach irgendetwas gesucht, das ihn zu
seinem Ziel führen könnte, dem dritten Band des Werkes, das
er vor zweihundert Jahren von hier mitgenommen hatte. Dieses Buch,
das zumindest für ihn immer mehr zum Mythos wurde, könnte
immerhin der Grund für so vieles von dem sein, was seither
geschehen war. Er sah sich um, er suchte alles ab, er
durchkämmte, durchforstete die Regale und durchstöberte
jeden Winkel, aber selbst wenn er glaubte, ganz
Weitere Kostenlose Bücher