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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Sturm.
Zunächst war das Blickfeld des vorderen Hauptbildschirms von
Rauch getrübt gewesen, doch jetzt war die Sicht klar.
Trümmer füllten etwa ein Viertel des Kommandodecks, zum
Teil waren sie noch so heiß, dass sie knisterten und knackten.
Überall lagen abgetrennte Gliedmaßen und Fleischfetzen
verschiedenster Spezies herum. Der Admiral sah sich in dem
großen sphärischen Raum um, so gut er konnte. Er hatte
unten an der linken Flanke eine schwere Stichwunde, die so tief war,
dass sein Blutsaft sie nicht abdichten konnte. Der gepanzerte
Schutzanzug, in dem er einem kleinen Raumschiff zum Verwechseln
ähnlich sah, hatte ihm das Leben gerettet oder zumindest seinen
Tod hinausgezögert.
    Zisch, machte die Luft ringsum.
    Es geht mir wie dem Schiff, dachte er. Ich bin
angestochen, die Selbstabdichtung ist überfordert, mein Leben
verrinnt. Er suchte auf dem Kommandodeck nach irgendeiner
lebenden Seele, aber er fand nur Leichen.
    Natürlich hätten sie in den Kapseln liegen sollen, aber
bei den Schockgel-Kapseln waren in letzter Minute Störungen
aufgetreten – vielleicht durch Sabotage, vielleicht aus anderen
Gründen – und so hatte die Kommandobesatzung notgedrungen
liegend, sitzend oder schwebend in den Beschleunigungssesseln
ausgeharrt. Es wäre ohnehin ein ziemlich aussichtsloser Kampf
geworden, aber da die Einschränkungen in der
Manövrierfähigkeit noch größer waren als sonst,
war die Lage vollends verzweifelt.
    Die Invasionsflotte war bereits tief ins innere System
vorgedrungen. Der deutlichste Beweis dafür war die
mächtige, weit auseinander gezogene Schar von gekrümmten
Filamenten auf dem Hauptbildschirm der Carronade. Die
feindlichen Schiffe selbst waren zumeist noch unsichtbar, der Handel
mit Tod und Zerstörung zwischen ihnen und den Verteidigern
spielte sich auf Entfernungen von selten weniger als zehntausend und
manchmal Millionen von Kilometern ab.
    Die Invasoren oder ihre Verbündeten, die Beyonder, hatten
längst die meisten Langstreckensensoren außer Gefecht
gesetzt. Den Verteidigern blieben nur noch bessere Teleskope, mit
denen die Angreifer, getarnte Schiffe und winzige, aber schnelle
Kleingeschosse, kaum rechtzeitig zu erkennen waren. Für den
Flottenadmiral war das eine unerträgliche Schmach. Die Schlacht
und das eigene Leben zu verlieren war schrecklich genug, aber
abgeknallt zu werden, ohne genau sehen zu können, wovon oder von
wem, war irgendwie noch schlimmer.
    Aus dem dunklen Himmel waren, abgeschossen von fernen Raumkreuzern
verschiedenster Bauart, näher postierten kleineren Schiffen,
unbemannten Plattformen, Kampfvehikeln und bewaffneten Drohnen,
Raketen mit Atom- und Antimaterie-Sprengköpfen, hyperschnelle
Granaten und Energiestrahlen, Hagelwolken aus nahezu lichtschneller
Mikromunition, Strahlen aus Hochenergielasern und einem Dutzend
anderer Geschütze und Tochtergeschosse von Clusterbomben auf sie
zugerast.
    Die Carronade und ihre aus zwölf Zerstörern
bestehende Eskorte waren eine ansehnliche Flotte gewesen. Sie hatten
den Auftrag erhalten, einen kühnen Angriff ins Herz der
feindlichen Flotte zu fliegen und geradewegs das Megaschiff
anzusteuern, das nach Aussage der Taktiker deren Kern bildete.
Daraufhin hatten sie das innere System Wochen vor dem Eintreffen der
Invasoren verlassen, waren heimlich von ihrem Werftzentrum im
Sepekte-Orbit gestartet und weit über die Ebene des
Sonnensystems aufgestiegen. Um ihre Triebwerkssignaturen vor den
Invasoren verborgen zu halten, hatten sie sich für diesen Teil
der Reise viel länger Zeit gelassen, als eigentlich nötig
gewesen wäre. Sobald sie unterwegs waren, hatten sie so lange
auf jegliche Kommunikation – auch untereinander –
verzichtet, bis der vorderste Zerstörer den Kern der feindlichen
Flotte lokalisiert hatte.
    Sie hatten gehofft, unversehens vom Himmel fallen und die
Hungerleider überraschen zu können, aber man hatte sie
schon Stunden vor ihrem Eintreffen entdeckt. Ein ganzer Schwarm von
Schiffen kam ihnen entgegen: acht oder neun an der Zahl, jedes
einzelne der Carronade mehr als ebenbürtig und mit einer
Hand voll kleinerer Begleiter im Schlepptau. Sie hatten ihre
Formation verlassen und sich verteilt, um kein allzu kompaktes Ziel
für Hochgeschwindigkeitsmunition zu bieten, aber das hatte nicht
viel genützt. Die Zerstörer wurden vernichtet und der
Schlachtkreuzer schwer bedrängt. Er wurde nur deshalb als
Letzter zerstört, weil er seinem unentrinnbaren Schicksal nicht
entgegenraste, sondern

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