Der Algebraist
nicht beklagen«, sagte er. Durch die
Membran hörte jeder die Stimme des anderen wie aus weiter Ferne.
Sal stand auf. »Und wie steht’s bei dir?«
»Bei mir? Ich bin ein verdammter Held, Sal.« Sie zuckte
die Achseln. »Eine Heldin, um genau zu sein.« Sie nickte
zum Bildschirm hin. »Was machst du da?«
»Ich informiere mich über die ruhmreiche Geschichte des
Hungerleider-Kults unter seinem erhabenen Führer, dem
Archimandriten Lusiferus.«
»Aha.«
»Sag mir, dass das nicht alles geplant war, Liss.«
»Es war nicht alles geplant, Saluus.«
»Ist Liss dein echter Name?«
»Was ist schon echt?«
»Sie war doch nicht geplant, oder? Meine
Entführung, meine ich.«
»Natürlich nicht.« Liss ließ sich auf einen
kleinen Sitz fallen, der neben der Tür aus der Wand ausgeformt
war. »Spontane Idee.«
Sal wartete auf weitere Ausführungen, aber die kamen nicht.
Liss lümmelte nur da und sah ihn an. »Ich habe dich wohl
selbst darauf gebracht?«, fragte er. »Als ich dir
erzählte, dass Thovin mir praktisch vorgeworfen hätte, ich
machte mich zur Flucht bereit.«
»Ich hatte schon länger daran gedacht, dich nutzbringend
einzusetzen«, gestand sie. »Aber dann war es eine
Augenblicksentscheidung. Wir waren auf dem Schiff, es war startklar,
ich hatte dir beim Steuern zugesehen und wusste, dass es nicht
schwierig war.« Liss zuckte die Achseln. »Das Militär
hätte es nur beschlagnahmt, einen Sprengkopf hineingepackt und
es als Rakete verwendet.«
»Und etwas Besseres ist dir wirklich nicht
eingefallen?«
»Vielleicht wäre mehr drin gewesen, aber ich glaubte
nicht daran. Ich wollte dich einfach aus der Gleichung herausnehmen,
um alle aus der Fassung zu bringen. Ein moralischer Schlag. Es sollte
so aussehen, als wärst du zu den Invasoren übergelaufen.
Und es hat ja auch geklappt. Die Verwirrung war perfekt.«
»Du hast also die Gelegenheit beim Schopf
ergriffen.«
»Ich bin ein Beyonder. Wir werden zu selbständigem
Denken erzogen.«
»Du hattest es also schon immer auf mich abgesehen? War ich
so etwas wie deine Zielperson«?
»Nein. Auch hier eine Frage der Gelegenheit. Ein
Glücksfall.«
»Und Fassin?«
»Ein nützlicher Idiot. Für ernsthafte
Spionagearbeit nicht zu gebrauchen, aber ein Kontakt, den zu halten
sich lohnte. Schon dass er mich zu dir geführt hat,
rechtfertigte den Aufwand. Wahrscheinlich ist er inzwischen tot, aber
man weiß ja nie. Offiziell ist er immer noch in Nasq
verschollen.«
»Was tut sich so? Im System, meine ich. Der Krieg hat doch
inzwischen begonnen? Hier sagt mir niemand etwas, und über den
Bildschirm habe ich nur Zugriff auf Bibliotheksmaterial.«
»Oh ja, der Krieg hat begonnen.«
»Und?«
Liss schüttelte den Kopf und pfiff anerkennend durch die
Zähne. »Mannomann! Du meinst die Schiffe, die du gebaut
hast? Die kriegen gewaltig eins übergebraten. Alles sehr
unausgewogen. Das Gerede von Kampf bis zum letzten Schiff und so
weiter? Letztlich nichts dahinter. Der Krieg im Weltraum ist fast zu
Ende. Der Hierchon hat sich abgesetzt.«
»Ist alles nur auf das Militär beschränkt? Oder
werden auch Städte oder Habitate angegriffen?« Sal hielt
ihren Blick kurz fest, dann schlug er die Augen nieder. »Ich
habe eine Menge Freunde dort, Liss.«
»Ich weiß, Saluus, du bist auch nur ein Mensch. Spar
dir das Theater.«
Er hob den Kopf und sah sie scharf an, aber ihr Blick war
unversöhnlich. Sie trug immer noch den hautengen Schutzanzug,
heute in einem Pastellblau, das zu ihren Augen passte. Der dicke
Helmkragen umschloss ihren Hals wie eine altmodische Krause, so dass
der kleine Kopf mit dem straff nach hinten genommenen dunklen Haar
wie auf einem Teller lag. Endlich ließ sie sich doch erweichen.
»Borquille ist bisher die einzige Stadt, die erobert
wurde«, sagte sie. »Ziemlich blutige Angelegenheit. Aber
keine Berichte von besonderen Gräueltaten.«
Mit einem Seufzer lehnte er sich in dem kleinen Sessel vor dem
Bildschirm zurück. »Warum arbeitet ihr – ich meine,
die Beyonder – mit diesen… diesen Typen zusammen?«
»Um uns Typen wie euch vom Hals zu halten.«
»Typen wie uns? Du meinst die Merkatoria?«
»Natürlich meine ich die
Scheiß-Merkatoria.«
»Ist das wirklich der einzige Grund?«
»Je mehr ihr Dreckskerle anderweitig beschäftigt seid,
desto weniger Zeit bleibt euch, um uns umzubringen. Eigentlich eine
ganz einfache Rechnung, Sal.«
»Wir bekämpfen euch doch nur, weil ihr uns
bekämpft.«
Liss sackte noch weiter zusammen, nahm die Beine
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