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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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der
offiziell sanktionierten Medien mit einer beeindruckenden Mischung
aus atemberaubender Majestät, heroischer, absolut vorbildlicher
Tapferkeit und einer rührend unerschütterlichen
Solidarität mit seinen menschlichen Untertanen. Weniger
freundliche, nicht sanktionierte und oft menschliche Kritiker mochten
ihm vorwerfen, zunächst einen Hang zum Autoritarismus gepaart
mit geradezu paranoider Unterwerfungssucht an den Tag gelegt zu
haben, eine Haltung, die allerdings später, als er wieder auf
seine Berater zu hören bereit war, von einem ruhigen, nach innen
gerichteten Regierungsstil abgelöst worden sei.
    Als Fassin sich die hohen Persönlichkeiten näher
angesehen hatte, stellte er fest, dass die Regierungsbande im Grunde
vollzählig versammelt war. Außer Ormilla und seinen zwei
höchsten Stellvertretern waren die Peregale Tlipeyn und Emoerte
gekommen, der Submeister Sorofieve, das ranghöchste Mitglied der
Propylaea, das die Zerstörung des Portals überlebt hatte,
Flottenadmiral Brimiaice, der höchste Navarchie-Offizier,
General Thovin von den Sicherheitskräften, der Erste Minister
Heuypzlagger von der Administrata, Colonel Somjomion von der
Justitiarität – vermutlich sein eigener oberster
Vorgesetzter für die Dauer dieses Notstandes, dachte Fassin
– und der Oberste Archivar Voriel von der Cessoria. Die Elite
von Ulubis.
    Fassin betrachtete nachdenklich den bauchigen Kessel auf dem
goldenen Boden und die schwer bewaffneten Soldaten. Was für eine
phantastische Gelegenheit, sämtliche Lamettaträger des
Systems auf einen Schlag zu beseitigen!
    »Der Hof der Merkatoria von Ulubis hat sich in Anwesenheit
des Hierchon Ormilla zu einer außerordentlichen Sitzung
versammelt«, verkündete ein Beamter mit dröhnender
Stimme über die Lautsprecheranlage im Saal. »Der Hierchon
Ormilla!«, rief er gleich noch einmal, als fürchtete er,
man könnte ihn beim ersten Mal nicht gehört haben.
    Der Beamte sprach die menschliche Variante von Standard, der
›Lingua franca‹ der Galaxis. Man hatte sich vor mehr als
acht Milliarden Jahren für Standard als artenübergreifende,
pangalaktische Sprache entschieden. Besonders die Dweller hatten
für seine Verbreitung gesorgt, obwohl sie ausdrücklich
betonten, dass es sich nicht um ihre Muttersprache handele. Sie
selbst hatten ein sehr altes Umgangsidiom und eine zweite, noch
ältere Amtssprache, dazu viele Mundarten, die sich aus
früheren Zeiten erhalten hatten oder inzwischen entstanden
waren. Bei letzteren schwankte, wie in solchen Dingen üblich,
die Popularität sehr stark.
    »Oh nein, man hatte einen Wettbewerb ausgeschrieben«,
hatte der Dweller Y’sul, Fassins Führer und Mentor, seinem
Schützling auf dessen erstem Trip vor mehreren hundert Jahren
erklärt. »Es lief wie immer – jede Menge so genannte
Universalstandards konkurrierten miteinander. Eine linguistische
Meinungsverschiedenheit führte sogar zu einem ausgewachsenen
Krieg – zwischen einer Gallert- und einer p-Linien-Spezies, wenn
ich mich recht erinnere –, gefolgt von den üblichen
Reaktionen: Erkundigungen, Missionen, Sitzungen, Berichte,
Konferenzen und Gipfeltreffen.
    Unser heutiges Standard wurde erst nach Jahrhunderten intensiver
Forschung und heftiger Streitgespräche von einem
vielköpfigen und daher schwerfälligen Komitee aus
Vertretern von Tausenden von Spezies gewählt. Mindestens zwei
dieser Spezies starben im Lauf der Beratungen aus. Erstaunlich ist,
dass die Entscheidung nach Qualitätskriterien fiel. Es handelt
sich nämlich um eine nahezu vollkommene Sprache: flexibel,
anschaulich, neutral (was immer das heißen mag, aber man hielt
es für wichtig), präzise aber formbar, hochgradig elegant,
in sich vollständig, aber doch aufnahmefähig für
externe Begriffe und mit einer außergewöhnlich losen und
dennoch logischen Verbindung zwischen der geschriebenen und der
gesprochenen Form. Eine Sprache also, die nahezu jeden Phonem-,
Szint-, Glyph- oder Pictal-Satz leicht und verständlich
integrieren konnte und dennoch übersetzbar blieb.
    Das Beste war, dass sie niemandem gehörte. Die Spezies, die
sie entwickelt hatte, war mehrere Millionen Jahre zuvor
endgültig ausgestorben, ohne eindeutig zuzuordnende Erben oder
tiefere Spuren in den Weiten der Galaxis zu hinterlassen – mit
Ausnahme dieses einen linguistischen Juwels. Noch erstaunlicher war,
dass die anschließende Konferenz des Metakomitees zur
Bestätigung der Entscheidung glatt über die Bühne ging
und alle einschlägigen

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