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Der Allesforscher: Roman (German Edition)

Der Allesforscher: Roman (German Edition)

Titel: Der Allesforscher: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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immer, ich sah auf die Uhr und sagte: »Immerhin, Simon, wir waren echt flott.«
    Ich legte dem Jungen die Hand auf die Schulter und tat dabei ein wenig mehr Gewicht in meine Hand, ohne aber zu drücken. Eher so, als hätte ich noch etwas Butter auf meine Hand geschmiert.
    Simon drehte seinen Kopf nach rechts, schaute auf die weite Bergwelt und rief: »Kandall!«
    Ich schmunzelte bei dem Gedanken, er könnte das Wort Skandal gemeint haben und wie sehr eben die Schönheit der Natur auch einen Skandal darstellte, etwas Unerhörtes.
    Wir stiegen die wenigen Meter zum Mundloch hoch und taten einige Schritte in den Stollen.
    So interessiert ich gewesen war, diese Anlage zu Gesicht zu bekommen, scheute ich mich jetzt, tiefer einzudringen. Ich empfand Stollen und Höhlen als die Verwandten der Klettersteige und Felswände. Gefährliche Orte, die alle aus einer Familie stammten, jener, zu der auch die Tiefsee und das Weltall gehörten. Das Innere der Berge schien recht absichtsvoll sowenig für den Menschen geschaffen wie die hohen Lüfte und der kalte Raum.
    Doch Simon sah das wohl ganz anders. Er wies mit dem Arm in die dunkle Röhre und wiederholte seinen begeisterten Ausruf: »Kandall!«
    »Aber nur ein Stück«, mahnte ich und deutete mit den Zeigefingern der linken und rechten Hand eine kurze Strecke an. Um in der Folge die Stirnlampen aus dem Rucksack zu kramen. Das elastische Band fügte ich um Simons Kopf und drückte gegen den Schalter der Lampe. Gleich zwei Lichter rechts und links im Gehäuse sprangen an. Es sah aus, als hätte Simon ein kleines Motorrad an der Stirn kleben.
    Mit Licht an unseren Köpfen drangen wir weiter in den Berg ein. Bald war der Stollenausgang nur noch eine weißblau leuchtende Scheibe. Ein Teller an der Wand.
    Ich sagte: »Okay, das genügt jetzt. Da kommt kein McDonald’s mehr.« Und griff nach Simons Schulter.
    Aber ich griff ins Leere. Er war bereits einige Schritte weiter.
    »Nicht schon wieder«, rief ich ihm hinterher.
    Er war aber trotzdem verschwunden. Wie verschluckt.
    Doch noch bevor mich eine ähnliche Panik wie am Vormittag erfassen konnte, erkannte ich den Torbogen an der rechten Stollenwand. Ein kleiner Raum tat sich auf, ein Kabinett, und darin Simon, der sich in einen Sessel hatte fallen lassen.
    In dem nischenartigen Zimmerchen, das man vor sieben Jahrzehnten in diesen Berg geschlagen hatte, standen zwei alte Ohrensessel, dazwischen ein kleiner Tisch. Von der Decke strömte ein feiner Luftzug herab, Fäden von Luft. Was hier aber vor allem auffiel, waren der ungemein fein gearbeitete Parkettboden wie auch der Umstand, daß kaum Staub lag. Das kam doch einigermaßen überraschend, wobei der Raum sichtbar verlassen war, der Stoff der Sessel verschlissen, die Bücherregale ohne Bücher. Und nirgends eine Öffnung im Fels, die Tageslicht eingelassen hätte. Aber wie gesagt, der Parkettboden besaß einen gediegenen Glanz und verfügte über ein Muster. Ein Muster, auf das ein gelblicher Schein fiel, nachdem Simon zwei Kerzen angezündet hatte, die jemand auf dem niedrigen Tisch zurückgelassen hatte. Simon war nie ohne Streichhölzer unterwegs.
    Ich vermutete, daß man hier ab und zu saubermachte, dann, wenn Touristen an den Ort geführt wurden. Oder Leute sich ausruhten, die auf der Suche nach Nazidevotionalien und Nazischätzen in das Bergwerk eindrangen.
    »Kandall«, sagte Simon erneut, diesmal aber ohne Ausrufezeichen, sehr ruhig, ganz im Ton der Zufriedenheit dessen, der angekommen ist, wo er auch ankommen wollte. Dementsprechend tief war er in den Sessel gerutscht. Dabei hatte er sein Donald-Duck-Heft hervorgeholt – er mußte es wohl hinten in der Hose transportiert haben – und begann wieder darin zu lesen. Es sah so ungemein selbstverständlich aus, als wären wir bei uns zu Hause.
    Ich hätte jetzt etwas sagen müssen, vor allem, wie lange wir schon hier waren, oder auch, daß das nicht nur kein McDonald’s, sondern ebensowenig die Comiczentrale oder Stadtbücherei sei, ließ den Jungen aber in Frieden und betrachtete statt dessen den mit Kreuz- und Sternformen versehenen und in quadratische Einheiten unterteilten Bodenbelag aus alter Eiche. Obwohl ich danach suchte, konnte ich kein Hakenkreuz entdecken. Die sichtbaren Kreuze schienen frei von Ideologie, allein im Dienste der Dekoration stehend. Fragte sich freilich, wessen Raum das gewesen war. Der eines Aufsehers? Eines Bergwerkingenieurs? Ein Ruheraum? Ein Leseraum?
    Ich fühlte jetzt eine große

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