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Der Allesforscher: Roman (German Edition)

Der Allesforscher: Roman (German Edition)

Titel: Der Allesforscher: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Schleichendes, schleichend und unabwendbar. Jedenfalls war es sinnlos geworden, den Opel zu behalten, weshalb mir mein Vater den Wagen mit nach Stuttgart gab, nicht ohne den Hinweis, dies sei ja ohnehin die ultimative Autostadt. Faktum war freilich, daß ich mich scheute, das Ding zu benutzen. Mir fehlte die Routine, und im Grunde stand der Wagen sehr sicher auf seinem Parkplatz. Es war perfekt, weil ich das Vehikel niemals umzustellen brauchte, perfekt auch, weil er nicht etwa in einer dunklen Garage verkümmerte, sondern im Licht des Tages und unter den Sternen des Nachthimmels sein Leben lebte.
    »Artgerecht ist das aber nicht«, werden jetzt einige Leute einwenden. Das stimmt sicherlich. Andererseits kann es einem Wagen lieber sein, an einer bestimmten Stelle gut zu stehen, als an verschiedenen Orten schlecht gefahren zu werden. Auch wusch ich ihn regelmäßig. Klar, er kam auch hin und wieder zum Einsatz, etwa, wenn ich einen Ausflug in die nähere Umgebung unternahm, vornehmlich auf die Schwäbische Alb, die vor Urzeiten bis nach Stuttgart reichte, als Stuttgart noch lange nicht existierte. Es scheint, als sei die Alb vorsorglich auf Distanz gegangen. Wie sich jemand scheiden läßt, der noch gar nicht verheiratet ist. So zu handeln, das würde eine Menge Leute retten.
    Nun aber stand nicht der kurze Weg zur Alb auf dem Programm, sondern der etwas längere hinunter zu den Alpen (ich sage »hinunter«, weil mein geographisches Bewußtsein, wie das der meisten Menschen, von einem Schulatlas geprägt ist).
    Aus praktischen Gründen – wegen der Ausrüstung und einer gewissen Flexibilität – hatten wir uns gegen die Bahn und für das Auto entschieden. Nur daß auch Kerstin keine begeisterte Autofahrerin war und sich damit rausredete, dieser Opel sei immerhin mein Opel, und Männer würden sich bekanntermaßen schwertun, Frauen beim Fahren zuzusehen.
    Ich sagte ihr, das sei ein Klischee.
    Sie sagte: »Ja.«
    Ich fuhr.
    Immerhin war das Wetter ideal. Leicht bedeckt, so daß keine Sonne blendete, aber auch frei von Regen, welcher sich ungut zwischen den Opel und die Fahrbahn hätte drängen können.
    »Fahr nicht so schnell«, bat Kerstin.
    Sie hatte recht. Ich war zu rasch unterwegs, wie um die Strecke schleunigst hinter mich zu bringen, und in der Hoffnung, die Unsicherheit verliere sich in der Rasanz. Wohl der häufigste Irrtum auf dieser Erde.
    Ich bremste etwas herunter. Kurz darauf bog ich auf einen Autobahnrastplatz ein. So einen mit einer Toilette aus Sichtbeton und einigen Mülleimern und herumstehenden Wurstbrotessern und Zigarettenrauchern. Und dahinter einem kleinen Wald. Zwischen den dichten Blöcken von Verkehrslärm hörte ich das Rauschen der im Wind aufeinanderschlagenden Blätter. Eine nicht endende Ovation derer, die sich selbst beklatschen.
    Simon lief umher, ganz in der Art seiner Altersgenossen, eingeschlossen in seine Phantasie, Unsichtbares jagend und von Unsichtbarem gejagt. Dazu gab er Kampfgeräusche von sich, Geräusche von Flugmaschinen, sich lösenden Torpedos, explodierenden Sternen und unter Schwerthieben gebeugten Zyklopen oder Romulanern, oder wer da auch immer gnadenlos niedergestreckt wurde und dies ganz sicher verdiente.
    Kerstin und ich hatten uns ans Ende eines Tisches gesetzt, dessen hölzerne Fläche patiniert war von verschütteten Säften und der Asche toter Zigaretten. Wir saßen uns gegenüber und hatten eine Tupperwareschüssel zwischen uns, darin griechischer Salat, in dem wir herumstocherten, wie um das Vorurteil der häßlichen Deutschen zu bestätigen, die mit spitzen Gabeln eine uralte Kultur traktieren.
    Eher aus dem Nichts heraus fragte ich Kerstin, ob sie denn die Malerei wirklich völlig aufgegeben habe. Ich konnte mir das nicht vorstellen.
    »Warum kannst du das nicht?«
    »Kann man denn eine Leidenschaft beenden?« fragte ich. Und meinte noch: »Öffentlich sicher. Aber im geheimen hört man doch nicht auf … Ehrlich! Im geheimen wird weitergemalt und weitergedichtet und weitergeliebt, oder?«
    »Willst du mir auf diese Weise sagen, daß dein Herz noch immer für Simons Mutter schlägt und daß da kein Platz ist für jemand anders?«
    Verdammt, war es das, was ich sagen wollte?
    Ich erklärte: »Jetzt bist du aber eifersüchtig. Gut so, dann gleicht sich das wenigstens aus. Dann sind wir beide eifersüchtig. – Aber das ist keine Antwort, ob du noch malst oder nicht.«
    »Na, deine Antwort ist aber auch keine«, meinte Kerstin.
    Stimmt. Eine Weile

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