Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman
mir zu reden, und während der Wartezeit stellten sie dieselben Fragen wie alle jungen Cops.
Ja, es stimmte, dass ich auf eigene Faust einen Serienmörder gejagt und zur Strecke gebracht hatte, während der Rest der Abteilung rumgesessen und sich den Arsch gekratzt hatte. Nein, ich hatte ihm nicht die Beine gebrochen, sondern nur mit dem Pistolenknauf die Nase zertrümmert.
Nein, es stimmte nicht, dass Clint Eastwood mit mir im Einsatz gewesen war, um sich abzuschauen, wie er Dirty Harry spielen soll, aber Don Siegel, der jüdische Regisseur des Films, hatte mich angerufen, um ein paar Fragen zu stellen.
Ja, es stimmte, dass ich mal drei schwere Jungs durchsiebt hatte, die mir von einem korrupten Stadtrat auf den Hals geschickt worden war. Nein, es waren Weiße, und es hatte sich vor langer Zeit abgespielt, als noch sämtliche korrupten städtischen Politiker und die meisten Halunken, die für sie arbeiteten, Weiße waren.
Und um eins klarzustellen: Es stimmte nicht, dass ich zwischen 1957 und 1962 in Memphis Hauptursache für den Todvon aller Art Dreckskerlen gewesen war. Man behauptete das, und es klang auch gut. Aber jemand hat irgendwann mal genau nachgezählt. Todesursache für Dreckskerle Nummer eins waren verfeindete Dreckskerle, gefolgt von Überdosis und anderen Cops. Ich kam erst an vierter Stelle. Und die teilte ich mir auch noch mit Verkehrsunfällen.
»Mannomann, Buck. Du warst einer von den verflucht harten Jungs.«
»War ich«, sagte ich.
Wir quatschten weiter, bis der Detective vom Morddezernat aus dem Fahrstuhl stieg.
»Mist«, sagte er, als er mir entgegen kam. »Sie sind wirklich Buck Schatz. Ich dachte, die Brüder hier wollten mich reinlegen.«
Er stellte sich als Randall Jennings vor und schüttelte mir die Hand. Er war mittelgroß, Anfang vierzig, weiß. Dunkles Haar, grau an den Schläfen. Zerknitterter Anzug. Gelbliche Schweißflecken auf dem Hemdkragen. Schnurrbart.
»Wissen Sie, ich hab mich immer gefragt, was ich wohl sagen würde, wenn ich Sie treffe«, meinte er.
»Ich höre.«
»Wie schafft es jemand, der so viele Feinde hat, so lange zu leben?«
Ich schmunzelte und erzählte Randall meine Lieblingsgeschichte aus dem Krieg.
Bevor wir am Strand der Normandie landeten, erschien General Eisenhower, um uns Glück zu wünschen. Ich kam so dicht an ihn heran, dass ich ihm die Hand schütteln konnte, und fragte ihn, ob er vielleicht einen Vorschlag hätte, wie ich überleben und meine Frau wiedersehen könne.
Ike sah mich an, und aus seinem Blick sprach Traurigkeit, denn er wusste, dass viele von uns die nächsten beiden Tage nicht überleben würden. Und ich werde nie vergessen, was er mir sagte.
»Soldat«, sagte er und packte meine Schulter, »wenn Sie nichts mehr haben, an dem Sie sich festhalten können, halten Sie sich an Ihrer Waffe fest.«
Ich hielt das für einen guten Rat, den ich auch befolgte.
»Das war es?«, fragte Jennings unbeeindruckt. »Das ist Ihr Geheimnis?«
»Das ist es«, sagte ich. »Aber was die Lebenserwartung betrifft, ist es durchaus von Vorteil, wenn ein Mann etwas wirklich Überzeugendes zwischen sich und denjenigen halten kann, der ihm ans Leder will.«
Er kratzte nachdenklich über die Bartstoppeln am Kinn. »Hier erzählt man sich die Geschichte, dass Buck Schatz am Tag der Pensionierung seine Waffe auf Captain Hellers Tisch knallte und dem Alten empfahl, sich das Ding in den fetten Arsch zu schieben.«
Ich musste leise lachen. »Ich empfahl Max Heller, sich meine Dienstmarke reinzuschieben. Die Waffe war meine eigene, und ich hänge sehr an ihr.«
Jennings lachte darüber. »Und was bringt Sie heute zu uns ins CJC?«, fragte er.
»Ich versuche, einen Mann zu finden, den ich vor sehr langer Zeit kannte. Ich hielt ihn für tot, aber erfuhr kürzlich, dass es vielleicht nicht so ist. Ich wollte mich erkundigen, ob Sie ihn vielleicht mit Ihrem Computer suchen könnten.«
Das Ansinnen bewog ihn, eine Augenbraue hochzuziehen. »Hat der Typ jemanden umgebracht?«
»Nicht, dass ich wüsste. Zumindest nicht in letzter Zeit.«
»Hat er einen Namen?«
»Eben das ist mein Problem. Ich nehme an, dass er sich einen Decknamen zugelegt hat, aber den kenne ich nicht. Er hat bestimmt gefälschte Papiere, sehr gute, unter Pseudonym.«
»Sie möchten also, dass ich einen Mann ohne Namen finde?«
»Ja. Mit Ihrem Computer. Im Fernsehen wird doch gezeigt, dass ihr Zugang zu allerhand Datenbanken und Satelliten undDNA-Proben habt. Immer wenn ein Fall
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