Der alte Mann und das Meer
verzweifelt über die Oberfläche segeln.
»Makrelen«, sagte der alte Mann laut, »große Goldmakrelen.«
Er zog die Riemen ein und holte eine kurze Schnur aus der Flicht hervor. Sie hatte eine Drahtöse und einen mittelgroßen Haken, und er beköderte sie mit einer der Sardinen. Er ließ sie über die Seite hinab und machte sie dann an einem Ringbolzen im Heck fest. Dann beköderte er eine zweite Schnur und ließ sie aufgewickelt im Schatten der Bootswand liegen. Er ging wieder ans Rudern und ans Beobachten des langflügeligen, schwarzen Vogels, der jetzt dicht über dem Wasser an der Arbeit war.
Während er beobachtete, dippte der Vogel wieder mit zum Tauchen schräg gestellten Flügeln, und dann schlug er ungestüm und erfolglos mit den Flügeln, als er den fliegenden Fischen folgte. Der alte Mann konnte die leichte Schwellung im Wasser sehen, die die großen Goldmakrelen hervorriefen, als sie den entkommenden Fischen folgten. Die Makrelen durchschnitten unterhalb von den flüchtenden Fischen das Wasser und würden in voller Fahrt im Wasser dahinjagen, wenn die Fische in die Tiefe gingen. – Es ist ein großer Schwärm Goldmakrelen, dachte er. Sie sind weit verteilt, und die fliegenden Fische haben wenig Chancen. Der Vogel hat gar keine Chance. Die fliegenden Fische sind zu groß für ihn und schwimmen zu schnell.
Er beobachtete die fliegenden Fische, die wieder und wieder hervorbrachen, und die unwirksamen Bewegungen des Vogels. – Dieser Schwärm ist mir entkommen, dachte er. Sie bewegen sich zu schnell und zu weit hinaus. Aber vielleicht werde ich einen Nachzügler auflesen, und vielleicht ist mein großer Fisch bei ihnen. Mein großer Fisch muß irgendwo sein.
Die Wolken über dem Festland erhoben sich jetzt wie Berge, und die Küste war nur noch ein langer, grüner Strich mit den graublauen Hügeln dahinter. Das Wasser war jetzt dunkelblau, so dunkel, daß es beinah violett aussah. Als er in es hinunterblickte, sah er die roten Algen des Planktons in dem dunklen Wasser und das merkwürdige Leuchten, das die Sonne jetzt hervorrief. Er beobachtete seine Angelschnüre und sah, wie sie gerade hinunter und außer Sicht ins Wasser liefen, und er freute sich, als er soviel Plankton sah, denn das deutete auf Fische hin.
Das merkwürdige Leuchten, das die Sonne jetzt, da sie höher stand, im Wasser hervorrief, und auch die Form der Wolken über dem Festland bedeuteten gutes Wetter. Aber der Vogel war jetzt nahezu außer Sicht, und nichts zeigte sich auf der Oberfläche des Wassers außer einigen Stellen von gelbem, sonnengebleichtem Sargossatang und die violette, festgeformte, schillernde, gallertartige Blase einer portugiesischen Galeere, die dicht neben dem Boot trieb. Sie legte sich auf die Seite und richtete sich dann auf. Sie trieb munter wie eine Luftblase dahin mit ihren langen, tödlichen, violetten Nesselfäden, die beinah einen Meter hinter ihr im Wasser nachschleppten.
»Agua mala«
, sagte der Mann, »du Hure.«
Von dort, wo er sich leicht in die Riemen legte, blickte er ins Wasser hinab und sah die winzigen Fische, die von der gleichen Farbe wie die schleppenden Nesselfäden waren und zwischen ihnen und unter dem kleinen Schatten, den die treibende Blase machte, umherschwammen. Sie waren immun gegen ihr Gift.
Aber Menschen waren es nicht, und wenn sich Nesselfäden an einer Leine fingen und dort schleimig und violett hängenblieben, während der alte Mann einen Fisch drillte, würde er Striemen und Ätzungen an Armen und Händen bekommen von der Art, wie sie Giftefeu oder Gifteichen verursachen können. Aber dies Gift von der
Agua mala
wirkte schnell und schlug zu wie ein Peitschenhieb.
Die schillernden Blasen waren wunderschön. Aber sie waren das Hinterlistigste, was die See barg, und der alte Mann sah mit Vergnügen, wenn die großen Meerschildkröten sie fraßen. Die Schildkröten sahen sie, näherten sich ihnen von vorn, schlössen dann die Augen, so daß sie vollkommen gepanzert waren, und fraßen sie, Nesselfäden und alles inbegriffen. Der alte Mann sah mit Vergnügen, wenn die Schildkröten sie fraßen, und er zerstampfte sie gern am Strand nach einem Sturm und hörte sie gern zerplatzen, wenn er mit den hornigen Sohlen seiner Füße auf sie trat.
Er liebte grüne Schildkröten und Karettschildkröten in ihrer Eleganz und Geschwindigkeit und ihrem großen Wert, und er hegte eine freundschaftliche Verachtung für die riesigen, dummen, unechten in ihrer gelben Panzerung, die so
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