Der alte Mann und das Meer
machen. Wir können sie in Guanabacoa schleifen. Sie muß scharf sein und nicht geglüht, damit sie nicht bricht. Mein Messer ist zerbrochen.«
»Ich werde ein neues Messer besorgen und die Feder schleifen lassen. Wie viele Tage wird die schwere
brisa
dauern?«
»Vielleicht drei, vielleicht mehr.«
»Ich werde alles fertig haben«, sagte der Junge. »Krieg du deine Hände wieder in Ordnung, Alter.«
»Ich weiß, wie man sie kuriert. In der Nacht hab ich etwas Merkwürdiges ausgespien und hab gefühlt, daß etwas in meiner Brust zerbrochen ist.«
»Krieg das auch wieder in Ordnung«, sagte der Junge. »Leg dich hin, Alter, und ich werd dir dein sauberes Hemd holen. Und etwas zu essen.«
»Bring Zeitungen mit von den Tagen, in denen ich weg war«, sagte der alte Mann.
»Du mußt schnell gesund werden, denn es gibt viel, was ich lernen muß, und du kannst mir alles beibringen. Hast du viel ausgestanden?«
»Genug«, sagte der alte Mann.
»Ich werd das Essen und die Zeitungen holen«, sagte der Junge. »Ruh dich gut aus, Alter. Ich bring dir Zeugs aus dem Drugstore für deine Hände mit.«
»Vergiß nicht, Pedrico zu sagen, daß ihm der Kopf gehört.«
»Nein. Ich werd dran denken.«
Als der Junge zur Tür hinausging und den ausgetretenen Korallenfelsweg hinunter, weinte er wieder.
An jenem Nachmittag war eine Touristengesellschaft in der »Terrasse«, und als sie zwischen den leeren Bierdosen und toten
barracudas
ins Wasser blickte, sah eine Frau eine große, lange, weiße Wirbelsäule mit einem riesigen Schwanz am Ende, die sich mit der Flut hob und hin und her schwang, während der Ostwind außerhalb des Hafeneingangs eine hochgehende See aufwühlte.
»Was ist denn das?« fragte sie einen Kellner und zeigte auf das lange Rückgrat des großen Fisches, das jetzt einfach Abfall war und darauf wartete, mit der Ebbe hinausgeschwemmt zu werden.
»Tiburon«, sagte der Kellner, »’n Hai.« Er beabsichtigte hiermit zu erklären, was geschehen war.
»Ich wußte gar nicht, daß Haifische so schöne, wohlgeformte Schwänze haben.«
»Ich auch nicht«, sagte ihr männlicher Begleiter.
Der alte Mann in seiner Hütte oben an der Straße schlief wieder. Er schlief immer noch mit dem Gesicht nach unten, und der Junge saß neben ihm und gab auf ihn acht. Der alte Mann schlief und träumte von den Löwen.
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