Der Amerikaner - The American
zuzuschlagen, dass der ganze Konvoi in die Luft fliegt«, fuhr Vanderveen fort. »Trotz Shakibs Informationen gibt es Dinge, von denen wir nichts wissen.«
»Zum Beispiel?«
»Wie die jüngsten Anschläge die Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz des Präsidenten beeinflusst haben könnten …«
Während Vanderveen weitere Unwägbarkeiten erklärte, die den Erfolg der Operation gefährden konnten, fand über tausend Kilometer weiter südwestlich eine ganz andersartige Unterhaltung statt.
Die Familiengeschichte der Vanderveens, die Botschafter Martins Kealey und Kharmai vortrug, konnte bestenfalls als bruchstückhaft bezeichnet werden. Es gab eine vergilbte Geburtsurkunde, die 1964 im östlichen Transvaal ausgestellt worden war, doch damit konnten sie nichts anfangen.
Es sah so aus, als würden die ersten zehn Lebensjahre des William Vanderveen vorläufig weiter ein Rätsel bleiben.
Dann gab es noch Unterlagen aus dem Jahr 1975, die sich im Besitz des Instituts für Psychologie der Rand University in Johannesburg befanden, wo im Februar dieses Jahres ein Junge in Begleitung seiner Mutter aufgetaucht war, um Intelligenztests vornehmen zu lassen. Die Ergebnisse waren außerordentlich, noch besser als die des obersten Prozents der Gesamtbevölkerung. Gleichwohl hatte sich die Familie trotz mehrerer Einladungen dagegen entschieden, einer Fortsetzung der Tests bei ihrem Sohn zuzustimmen.
Laut Akte war der für die Durchführung der Tests zuständige Psychologe, ein Dr. Wilhelm D. Klerk, sehr enttäuscht gewesen, dass die Mutter nie wieder mit ihrem Sohn in das Institut zurückgekehrt war, doch die Enttäuschung hatte sich etwas gelegt, nachdem Klerk erfuhr, dass das Familienoberhaupt Francis Vanderveen war, der berüchtigte südafrikanische General. Es war nicht weiter erstaunlich, dass die Familie in solchen Angelegenheiten auf die Wahrung der Intimsphäre aus war.
Kealey versuchte, möglichst leidenschaftslos zuzuhören, wurde aber schon bald von gegensätzlichen Gefühlen bedrängt. Einerseits sehnte er sich nur danach, diesen Mann zu töten, der fünf seiner Kameraden verraten und ermordet hatte, andererseits empfand er das starke Bedürfnis, das Innere Vanderveens zu verstehen, als könnte Verständnis einige der anhaltenden Schmerzen und Schuldgefühle auslöschen. Er hörte dem Botschafter
konzentriert zu, stellte dann aber schnell eine Frage. »Wer genau war dieser General Vanderveen? Warum war er so wichtig?«
Martins antwortete, so gut er konnte. Er erzählte von den politischen Verhältnissen, die während der Apartheid-Jahre in Südafrika geherrscht hatten, und erklärte dann, die Armee habe häufig Aufstände der Schwarzen in der Hauptstadt sowie anderen großen Städten wie Johannesburg und Kapstadt niedergeschlagen. »Als im Jahr 1948 Daniel Malan an die Macht kam, entließ er umgehend mehrere hohe Offiziere, die bekannte Gegner seiner politischen Linie waren. Zu dieser Zeit war Francis Vanderveen Captain des 11th South African Special Services Battalion. Er überstand die Säuberung innerhalb des Offizierskorps unbeschadet, weil er, wie es weit verbreiteten Gerüchten zufolge hieß, seit Jahren belastendes Material über viele der prominentesten Mitglieder der Nationalpartei gesammelt hatte, die während des Zweiten Weltkrieges Sympathisanten der Nazis gewesen waren.«
»Mit anderen Worten, man konnte ihm nichts anhaben«, warf Kharmai ein.
Der Botschafter nickte. »Genau. Womit allerdings nicht gesagt ist, dass er ein Gegner von Malans politischen Überzeugungen gewesen wäre. Tatsächlich war er seit langem als Anhänger des Afrikaner Broederbond bekannt. Im Jahr 1959 initiierte Vanderveen eine Zusammenarbeit zwischen Armee und Staatssicherheitsdienst, die er beaufsichtigte. Damit wusste er Bescheid, sowohl über die Militärs als auch über die politische Polizei. Zu dieser Zeit war er Colonel und für die Umsetzung der Passgesetze und von Paragraph 10 des Black Urban Areas Act von 1945 zuständig. Ich will Sie nicht mit Details langweilen, aber dies war ein Gesetz, durch das Schwarze in ihnen zugewiesene Gebiete in
abgelegenen Gegenden umgesiedelt werden sollten, um so die Illusion zu erzeugen, es gäbe ein rein weißes Südafrika.«
»Wie konnte ein einzelner Mann eine solche Operation beaufsichtigen?«, fragte Kealey.
»Vanderveen war nicht allein«, antwortete der Botschafter. »Er hatte einen großen Mitarbeiterstab, ganz zu schweigen von der Unterstützung der Armee. Trotzdem gibt es
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