Der Amerikaner - The American
dritt darin bequem zu machen. Die beiden Männer saßen auf zwei olivgrün gestrichenen, aus Militärbeständen stammenden Feldbetten, neben denen ein kleiner Raumheizkörper stand. Als Vanderveen eintrat, zeigte al-Zawahiri auf eine dritte Sitzgelegenheit. Der Gast nahm Platz und wartete geduldig. Es war nicht an ihm, als Erster das Wort zu ergreifen.
Al-Zawahiri zog eine Thermoskanne aus einem Rucksack, schenkte heißen Tee in einen Blechbecher ein und reichte ihn seinem Vorgesetzten, der ihn dankbar mit zitternden Händen entgegennahm.
Der Mann trank einen Schluck und lächelte schwach. Dann blickte er endlich seinen Gast an. »Wir genießen die kleinen Freuden. Andere gibt es hier nicht.«
Vanderveen nickte verständnisvoll, sagte aber nichts. Al-Zawahiri blickte ihn an, als wäre er ihm plötzlich freundlicher gesinnt, und er fragte sich, was seinen Sinneswechsel herbeigeführt haben mochte.
»Ich vertraue niemandem mehr als Ayman. Er erzählt mir immer, was Sie geleistet haben, aber ich habe auch im Radio von Ihren Erfolgen gehört. Ayman meint, Sie seien arrogant …« Er schien darauf zu warten, dass Vanderveen das Wort ergriff, wirkte aber zufrieden, als dieser weiterhin schwieg. »Wie auch immer, für mich ist das ohne Belang. Durch Ihre Taten haben Sie Ihre Loyalität unserer Bewegung gegenüber bewiesen. Allahs Segen sei mit Ihnen, mein Bruder.«
»Und mit Ihnen«, sagte Vanderveen automatisch.
Ein tückisches Lächeln umspielte die Mundwinkel des obersten Mannes der Terrororganisation. »Wollen Sie sich über meinen Glauben lustig machen? Sie, ein Amerikaner?«
Er sog scharf die Luft ein, aber der heikle Augenblick ging schnell vorüber. Vanderveen kannte die Angst und empfand sie sogar in sehr seltenen Momenten, aber er hatte nie Angst vor anderen Menschen gehabt. »Nein, Emir, ich wollte Ihnen nur Respekt erweisen. Wenn ich Sie beleidigt haben sollte, entschuldige ich mich.«
Die Entschuldigung wurde ignoriert. »Sie beherrschen meine Sprache gut, doch Ihr Akzent erinnert an das Helabja-Tal … Aber wer weiß, vielleicht irre ich mich.«
Vanderveens Schweigen kitzelte die Neugier der beiden anderen. Ganz und gar nicht, dachte er. Vielleicht wissen sie mehr, als sie durchblicken lassen. »Als ich noch bei der Army war, habe ich in der Gegend um Helabja kurdische Aufständische ausgebildet.«
Der Anführer der Organisation trank einen großen Schluck Tee und zeigte dann auf den Gast. Al-Zawahiri schenkte umgehend einen zweiten Becher voll und reichte ihn Vanderveen. Dann bediente er sich selbst.
»Wenn ich es richtig verstanden habe, sprechen Sie nur ungern
von Ihrer Vergangenheit. Wie alle Menschen, die etwas zu verbergen haben.«
»Ich mache keinen Hehl daraus, Emir. Trotzdem, die Dinge, die ich gesehen habe, über die ich Bescheid weiß … Sie können davon nur profitieren.«
Dieser letzte Satz wurde mit plötzlich aufflackerndem Interesse honoriert. Der Anführer beugte sich leicht vor und verzog das Gesicht, weil er Schmerzen in der Brust hatte. Er bemerkte den Blick des Fremden. »Seien Sie unbesorgt, mein Freund. Vor drei Jahren sind Ihre Landsleute mir einmal sehr nahe gekommen. Viel zu nahe, aber seitdem habe ich meine Taktik geändert.«
»Es sind nicht meine Landsleute«, erwiderte Vanderveen gereizt.
Sein Gegenüber hob amüsiert eine Augenbraue. »Nein? Sie haben an ihrer Seite gekämpft, oder etwa nicht? Für sie getötet. Was sollten sie sonst sein, wenn nicht Ihre Landsleute?«
Vanderveen ignorierte die Frage, obwohl ihm bewusst war, dass er damit ein großes Risiko einging. »Ich nehme an, al-Adel hat Ihnen von unserem Freund Shakib erzählt?«
Der große Mann ließ sich mit seiner Antwort Zeit. Das mit der Arroganz stimmt also, dachte er. »Man hat mir erzählt, er habe ein paar Informationen beigesteuert. Mehr weiß ich darüber nicht.«
Vanderveen lächelte befriedigt. »Informationen ist untertrieben, Emir. In meinem Besitz befindet sich der Terminkalender des Präsidenten der Vereinigten Staaten, in dem für zwei Monate im Voraus alle geplanten Aktivitäten verzeichnet sind. Zusammengestellt wurde er von den Personenschützern des amerikanischen Secret Service.«
Die beiden Männer starrten ihn geschockt an, unfähig, ihr Erstaunen
zu verbergen. Als al-Zawahiri über die Implikationen dieser Auskunft nachdachte, begann vor seinen Augen alles zu verschwimmen. Es dauerte ein paar Augenblicke, bis er benennen konnte, was ihn störte - die Art und Weise, wie der
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