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Der amerikanische Buergerkrieg

Der amerikanische Buergerkrieg

Titel: Der amerikanische Buergerkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hochgeschwender
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R. Waite bis 1888 ebenfalls ein abolitionistischer Whig und Republikaner folgte, zeigte sich mit der Entwicklung der exekutiven Machtbefugnisse auf Bundesebene in höchstem Maße unzufrieden. Zur Überraschung vieler war der republikanisch dominierte
Supreme Court
keineswegs so linientreu wie die Kongreßabgeordneten. Bereits 1866 hatte Chase Lincolns Stil der imperialen Bürgerkriegspräsidentschaft in dem Urteil
Ex parte Milligan
einen ersten Dämpfer erteilt, indem die Militärgerichtsbarkeit über Zivilisten hinter der Front und die Einschränkung der
habeas corpus
-Akte als verfassungswidrig eingestuft wurden. Im selben Jahr wurde ein parteipolitisches Anliegen der Radikalen verworfen, die
iron clad oathes
. Die Radikalen hatten versucht, in den Staaten des Mittelwestens, in denen sich, wie in Missouri, viele Anhänger des Südens befanden, für alle, auch nichtstaatliche Amtsträger einen Amtseid einzuführen, in dem sie schwören mußten, nicht einmal in Gedanken mit der Konföderation sympathisiert zu haben. Dies hätte mit einem Schlag fast sämtliche demokratischen Amtsträger für Jahrzehnte eliminiert. Da auch Pfarrer und katholische Priester von dem Eid betroffen waren, was gegen Wort und Sinn des I.
Amendment
verstieß, klagte der kurzfristig wegen Eidverweigerung inhaftierte katholische Priester John Cummings. In dem Urteil
Cummings vs. Missouri
bekam er recht. Von da an allerdings verfestigte sichdie Position des Gerichts in der Frage der Interpretation der drei neuen Verfassungszusätze der Rekonstruktionsepoche. Obwohl das XIV. und XV.
Amendment
der nationalen Regierung ausdrücklich die Regelungsbefugnis über Menschenrechts- und Staatsbürgerrechtsfragen zubilligten, lehnte das Gericht eine allzu weite Auslegung dieser Passagen in mehreren Urteilen seit 1873 konsequent ab (
Slaughterhouse Cases
1873,
Civil Rights Cases
1883). Dadurch verloren die Verfassungszusätze und Bürgerrechtsgesetze ihre legale Durchschlagskraft. Der nationale Charakter der USA wurde wieder zugunsten des Unionsgedankens relativiert. Damit blieb der oberste Gerichtshof seiner Linie treu. Selbst der nationalistische John Marshall hatte in
Barron vs. Baltimore
(1833) die Gültigkeit der Menschenrechtsdeklaration in den ersten zehn Zusätzen der Bundesverfassung ausdrücklich auf die Unionsebene beschränkt und damit die Einzelstaatenrechte enorm gestärkt.
    Die Verbindung von wachsender Interesselosigkeit im Norden und bei den moderaten und konservativen Republikanern, der rapide Machtverfall der Radikalen ab 1872 und der konservative Schwenk des
Supreme Court
beraubten die republikanischen Regierungen im Süden ihrer wichtigsten Stützen. Umgekehrt wandten die Demokraten nun eine Politik an, die kleine und kurzfristige Zugeständnisse an schwarze Eliten mit weiterer Gewalt seitens des Klans verknüpfte. In diesem Klima gedieh die Idee der
redemption
. Zwischen 1872 und 1877 fiel ein Staat nach dem anderen an die Demokraten zurück. Die Folge war jeweils absehbar: Das Wahlrecht für Schwarze wurde schrittweise eingeschränkt. Es wurden Lesetests für Wähler oder spezielle Steuern eingeführt, um den Schwarzen das Wählen zu verleiden. Wo nichts mehr half, wandte man unverhüllt wieder Gewalt an, da parallel zur
redemption
das Militär abgezogen wurde. Danach folgten die
Jim Crow Laws
, jene bis in die 1960er Jahre gültigen Gesetze zur Segregation, zur Rassentrennung, in denen etwa bestimmt wurde, daß Weiße und Schwarze nicht im gleichen Restaurant essen oder vom gleichen Wasserhahn trinken durften. Selbstverständlich wurden Schwimmbäder und Badestrände segregiert, aber auch Eisenbahnwaggons,Schulen und Universitäten. Den Schwarzen wurde eher inoffiziell, aber um so strikter vorgeschrieben, wie sie sich weißen Männern und Frauen gegenüber zu verhalten hatten. Der Zwang zu devoten Umgangsformen sollte jeden Anflug von schwarzem Widerstand und das Aufkommen einer selbstbewußten schwarzen Männlichkeit verhindern. Diese kulturellen Codes waren fast noch wichtiger als die gesetzlichen Bestimmungen. Wer, gleichgültig ob bewußt oder unbewußt, gegen sie verstieß, konnte jederzeit gelyncht werden. Auch auf dieser Ebene blieb der Süden strukturell gewalttätig. Manch einem jungen schwarzen Mann wurde ein falsch gedeuteter Blick auf eine weiße Frau oder ein Pfiff zum Verhängnis, manchmal reichte der bloße Verdacht einer Zuwiderhandlung. Zwischen 1880 und 1920 wurden über 3200 schwarze Männer im amerikanischen

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