Der amerikanische Patient
Öffentlichkeit wie ihre Vertreter im Kongress und nicht zuletzt die etablierten Interessengruppen werden es Präsident Obama schwer machen, Freihandelspolitik voranzutreiben.
Ebenso wichtig wie die Haltung des nächsten Präsidenten wird im Bereich von Wirtschaft und Finanzen die Zusammensetzung des Kongresses sein. Internationale Handelsabkommen müssen vom Kongress ratifiziert werden. Der Präsident wird sich sehr anstrengen müssen, wenn er den Kongress dazu bewegen will, ihm die Trade Promotion Authority , also die Handelsautorität, zu übertragen, die er braucht, um auf der internationalen Bühne überhaupt ernst-, das heißt als verhandlungsfähig wahrgenommen zu werden. Jenen Staaten und Regierungen, die angesichts eigener, nicht minder problematischer struktureller Schwierigkeiten von Obama – oder einem möglichen Nachfolger – erwarten, dass der amerikanische Präsident in der Wirtschafts- und Handelspolitik alsbald wieder eine globale Führungsrolle übernimmt, sollte klar sein: No, he can’t.
Alternative Nachfrage schaffen
Deutschland sollte den Absatz seiner Produkte breit streuen, um den Rückgang des amerikanischen Konsums auffangen zu können. Neue Absatzmärkte in Asien, Südamerika, im Nahen und Mittleren Osten sowie in Afrika könnten einen Teil der Nachfrageverluste ausgleichen. Die USA suchen sich bereits über die sicherheits- und handelspolitisch flankierte Nationale Export-Initiative ihre globalen Absatzmöglichkeiten zu sichern. »Unsere binnenwirtschaftliche Erholung wird von Exporten und der Fähigkeit amerikanischer Firmen abhängen, von der gewaltigen und wachsenden Konsumnachfrage Asiens zu profitieren«, warnt Hillary Clinton. Die Außenministerin spricht bereits von »Amerikas pazifischem Jahrhundert«. 5
Da Deutschlands Export infolge der weltweiten Krise einzubrechen droht, muss die Bundesregierung für Impulse sorgen, die die Binnennachfrage stimulieren. Damit würde mehr »selbsttragendes« Wachstum generiert und einem strukturellen Problem der auf den Export fixierten deutschen Wirtschaft begegnet. Diese Nachfrage-Impulse sollten in doppelter Hinsicht generationengerecht angelegt werden: Sie sollten nicht über Kredite finanziert und auf nachhaltiges Wirtschaften ausgerichtet werden.
Dem Drängen der USA, die selbst unfähig sind, ihre Wirtschaft mit zusätzlichen Förderprogrammen zu stimulieren, und die mit massivem Druck die Europäer dazu bewegen wollen, schuldenfinanziert mehr globale Nachfrage zu schaffen, sollten die europäischen Staaten nicht nachgeben, sondern vielmehr konsequent darauf hinarbeiten, die wirtschaftliche Schieflage durch Schuldenabbau in den Griff zu bekommen. Damit würden sie ihre nationale politische Handlungsfähigkeit bewahren und die europäische Integration retten.
Mittel- bis langfristig müssen die Deutschen wie die Europäer aus sicherheits-, umwelt- und wirtschaftspolitischen Gründen ihre Wirtschaften auf einen möglichst niedrigen Verbrauch fossiler Brennstoffe umstellen. Wie die USA sind auch Europas Volkswirtschaften
übermäßig von Erdöl- und Erdgasimporten abhängig und damit verwundbar. Zum Schutz vor den Interessen der Produzentenländer sollten innovationsorientierte Regierungen antizyklische, an den Marktpreis für Öl gekoppelte Steuern auf fossile Kraftstoffe erheben. Damit wären Investitionen in alternative Energien vor plötzlichen Preiseinbrüchen geschützt. Die Steuereinnahmen könnten wiederum zu Forschung und Entwicklung im Bereich Umwelttechnologie und erneuerbare Energien verwendet werden und würden nicht zuletzt die Innovationskraft der deutschen Wirtschaft fördern und ihre Stellung auf diesen Märkten der Zukunft stärken.
Hier bestünde transatlantisches Kooperationspotenzial. Die in den Zukunftsmärkten technologisch (noch) führenden westlichen Industrienationen sollten schnell handeln und weltweite Standards in den Bereichen Energie- und Umwelttechnologie entwickeln. Bilaterale Verabredungen der USA etwa mit Brasilien und Indien gibt es bereits. Darüber hinaus sollte man die Bemühungen des Transatlantic Economic Council auf dieses Kernthema fokussieren und weltweit nach Lösungen suchen. Da zahlreiche Länder ein Interesse an alternativen Kraftstoffen und der Entwicklung von marktfähigen Technologien haben, bestehen reichlich Anreize für multilaterales Handeln.
Doch dabei sollte man es nicht bewenden lassen. Eine transatlantische Umwelt- und Energiepartnerschaft sollte Forschung und
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