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Der Angeklagte: Thriller (German Edition)

Der Angeklagte: Thriller (German Edition)

Titel: Der Angeklagte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
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Ausbeute von heute – zwei Dollar-Scheine und ein Quarter – miteingerechnet.
    Sie hatte nie das Gefühl, ihren Mann zu bestehlen; schließlich wanderte das Geld auf dem einen oder anderen Weg in die Familie zurück. Sie sah es mehr wie ein Bußgeld des Schicksals, das ihren Mann dafür bestrafte, nicht die Taschen zu leeren, bevor er seine Sachen in den Wäschekorb warf.
    Aber die Socke war noch immer verschwunden, und sie wollte die Wäsche nicht wieder auseinanderfalten und dort danach suchen. Vielleicht hatte sie ja aus Freude, so viel Geld gefunden zu haben, nicht so sorgfältig wie sonst gearbeitet. Also öffnete sie noch einmal die Waschmaschine und suchte mit ihren Fingern die Ecken ab, wo sich die Socke versteckt haben konnte. Und heute – es musste ihr Glückstag sein – fand sie das gute Stück, es klebte am oberen Rand der Trommel.
    Sie wollte wegen einer Socke nicht wieder den Trockner anwerfen, also nahm sie die nasse Socke und steckte sie mit ihrem Gegenstück in den Trockner, um sie mit der nächsten Ladung zu trocknen. Dann nahm sie die gefaltete Wäsche auf den Arm, öffnete die Tür zur Küche und trug die Wäsche hinein.
    Sie hatte Enchiladas fürs Abendessen vorbereitet, und der wunderbare Duft ging ihr nicht aus der Nase. Von einer plötzlichen Gefühlsregung überkommen, legte sie die Wäsche auf den Küchentisch und griff sich einen Stuhl. Roberto hatte alle drei Kinder mit zu dem großen Discounter genommen, wo sie ihren zweiwöchentlichen Großeinkauf machten – was Gloria die Gelegenheit gegeben hatte, das leere Haus zu putzen und es für die kommende Woche auf Vordermann zu bringen.
    Nach einer Minute stand sie auf und schenkte sich etwas von dem köstlichen guatemaltekischen Kaffee ein, legte ihre Hände um die Tasse und starrte durch das Küchenfenster auf den bewölkten Himmel.
    Die Farbe des Himmels spielte keine Rolle. Hier saß sie mit ihrer sauberen, duftenden Wäsche, in ihrem eigenen Haus, trank den wundervollen Kaffee und freute sich schon auf das sonntägliche Dinner – und fühlte sich plötzlich, als sei sie von den Göttern geküsst.
    Wer hätte gedacht, dass sie es so weit bringen würde? Vor allem nach den ersten Monaten bei den Curtlees, vor allem, nachdem sich ihr grässlicher Sohn schon nach einigen Tagen an sie rangemacht hatte und sie dann immer und immer wieder missbraucht hatte.
    Was hätte sie denn tun sollen? An wen hätte sie sich wenden können? Ros Eltern zogen es vor, seine Untaten zu ignorieren. Oder, schlimmer noch, sie wussten davon und unternahmen nichts. Am Ende hatte man sie schließ lich ziehen lassen und bei einer anderen Familie untergebracht, die sich als das zweite Wunder entpuppte.
    Aber das Schicksal hätte nicht diese wundersame Wendung genommen, wenn nicht das neue Mädchen – Dolores, die Ro dann später umbringen sollte – schon auf dem Weg aus Guatemala gewesen wäre. Das arme Ding.
    Gloria hatte keinen Zweifel, dass – ohne die göttliche Fügung – sie an ihrer Stelle gestorben wäre.
    Und dann waren die schrecklichen Monate gekommen, in denen sie gegen Ro ausgesagt hatte, in denen Chris und Theresa Curtlee zunächst versucht hatten, sie mit Geld zu bestechen, um ihr dann – durch ihre Anwälte – mit Ausweisung zu drohen. Aber selbst mit all ihren Verbindungen war es ihnen nicht gelungen, Glorias eigene Helfer auszuhebeln. Sie konnten sie nicht aufspüren, als sie das erste Mal untertauchte und bei Freunden eines Cousins in Gilroy unterkam – und auch nicht, nachdem sie Roberto geheiratet hatte und wieder als Haushälterin in Sunnydale arbeitete.
    Inzwischen betrieb sie ein florierendes Geschäft und putzte, zusammen mit zwei Angestellten, fünfundzwanzig Häuser in Palo Alto und Menlo Park, hatte eine zuverlässige Babysitterin, ein eigenes Haus, eine Familie und einen legal eingewanderten, hart arbeitenden Ehemann, der sie liebte.
    Und es gab – dafür dankte sie Gott jeden Tag – keinen der Curtlees mehr in ihrem Leben.
    Nicht mehr.
    Und nie wieder.
    Die Novios besaßen hinter dem Haus eine hölzerne, halboffene Gartenlaube mit gut drei Meter Durchmesser. Als Chuck an diesem kalten Sonntagabend herauskam, um Holz für den Kamin zu holen, sah er seinen Schwager drinnen auf der Bank. Er saß mit dem Rücken zum Haus, die Ellenbogen auf den Knien, die Hände gefaltet.
    Chuck ging hinüber und klopfte an einen der Balken. Michael zuckte zusammen, bevor er sich umdrehte. »Hey.«
    »Bist du okay?«
    »Ich hab mich nur kurz

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