Der Ansiri
es sind nur …“, stammelte die junge Frau weiter. „Also nichts Zerbrechliches. Nein.“
Eigentlich waren darsianische Frauen nicht Anthonys Fall. Die Stirnwölbung fand er alles andere als sexy.
Bei dieser jungen Frau war sie jedoch nur schwach ausgeprägt. Ihr Gesicht fand er sogar außergewöhnlich anziehend. Das dunkelgrüne Haar, das ihr bis zum Gesäß reichte, rahmte mit verspielten Locken ihr Antlitz ein. Aufregende Kurven waren auf dem zierlichen Körper an den richtigen Stellen verteilt. Trotz der eher flachen Brüste war sie für einen männlichen Betrachter der Spezies Mensch ein durchaus reizvoller Anblick.
Sie schien seine wohlwollende Musterung bemerkt zu haben und zupfte sich verlegen am rechten Ohr.
Schließlich nahm sie jedoch hastig das Paket aus seiner Hand und wollte sich schon zum Gehen wenden. In diesem Moment trafen sich ihre Blicke. Er bemerkte ihre bernsteinfarbenen Augen.
Für einige Sekunden waren beide wie erstarrt.
Anthony hatte das Gefühl, als würde sie direkt in seine Seele blicken.
Eine unangenehme Erfahrung für den verschlossenen jungen Mann. Er gab schon Freunden nicht gerne viel von sich preis, geschweige denn Fremden.
Ungeniert starrte die Darsianerin in seine Augen. Er war nicht in der Lage, sich abzuwenden. Sah sie in die verborgensten Winkel seiner Seele? Erkannte sie seine dunkle Vergangenheit? Das war unmöglich. Er verbarg es schon so lange vor allen, die ihn kannten.
Schließlich wandte sie sich von ihm ab, ohne ein einziges Wort zu sagen, und eilte die Straße hinauf, die Anthony eben abwärts marschiert war.
Einige Sekunden lang sah ihr der junge Mann noch verblüfft hinterher.
An jedem anderen Tag hätte er diese Begegnung rasch wieder vergessen. An jedem anderen Tag. Nur nicht an diesem.
Nach einer Minute schlenderte er weiter und bog in die Knight Street ein.
Diese breite Straße durchschnitt Camelot durchgehend von West nach Ost. Sie war die längste Straße der Stadt. Genau in der Mitte kreuzte sie die Cross Road.
Diese Straße, nicht viel kürzer als die Knight Street, querte die Stadt von Nord nach Süd. Von oben betrachtet bildeten diese beiden Alleen ein deutlich erkennbares Kreuz.
Im Nordosten waren einige Straßen so angeordnet, dass sie aus der Luft als Davidstern erkennbar waren, während im Südwesten mehrere kleine Gassen das Bild eines Halbmondes ergaben.
Der Exodus von der Erde hatte unter den monotheistischen Religionen ein wahres Wunder bewirkt. In Exterria hatte es unter den Christen, Juden und Moslems bisher keinen einzigen ernsthaften Konflikt gegeben. Im Gegenteil hatten sich die Vertreter dieser Religionen, auf einem jahrelang dauernden Konvent, sogar auf zwei gemeinsame Grundsätze geeinigt.
Sie akzeptierten alle den einen Schöpfer als gemeinsamen Urvater. Statt ihn Jahwe, Gott oder Allah zu nennen, sprachen sie von diesem Zeitpunkt an von dem Einen. Dem Vater, der über alle seine Kinder wachte.
Der 17. Mai jedes Jahres, dem Tag an dem die ersten Menschen auf Caruso gelandet waren, war bereits zuvor als „Tag des Neubeginns“ der höchste Feiertag von Exterria. Nach der Einigung der monotheistischen Religionen wurde er zudem ein gemeinsamer religiöser Festtag, an dem sie dem Einen huldigten. Die unterschiedlichen Riten und Feste blieben weiterhin erhalten. Die Bibel, das Neue Testament und der Koran trennten die Gläubigen auch weiterhin in vielen Detailfragen. Doch religiös motivierte extremistische Bewegungen waren in Exterria nicht entstanden.
Fanatische Einzeltäter schockten die Gesellschaft zwar gelegentlich mit schrecklichen Taten, doch sie schafften es nicht, den Frieden nachhaltig zu gefährden.
Bei der Auswahl der Siedler, welche auf den großen Exodus im Jahre 2204 geschickt worden waren, hatte die Behörde sorgsam darauf geachtet, keine religiösen Extremisten an Bord der Weltraumschiffe zu lassen.
Die Pioniere waren mit hohen Idealen in der Trimar Galaxie angekommen. Sie wollten aus den wiederkehrenden Fehlern ihrer Vorfahren lernen. Den ewigen Kreislauf aus Krieg, Rache und Unterdrückung durchbrechen. Im Bereich der Religion war das weitestgehend gelungen. Dabei erlebte die Religiosität in der neuen Heimat eine unerwartete Renaissance.
Mehr als drei Viertel der Bevölkerung bekannten sich zu einem Glauben. Sie beteten, besuchten ihre heiligen Häuser, viele waren Mitglieder einer der zahllosen Glaubensorganisationen. Soweit entfernt von ihrem Ursprung war es für sie wichtig, sich an einer Wurzel
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